Was tun, wenn ein Hagelschlag die Reben am Anfang des Blühets beschädigt? Winzer Bruno Hartmann fand eine Lösung.
Am Nachmittag des 30. Mai zog ein weiteres Frühsommer-Gewitter mit lokalem Hagelschlag überden Aargau. Es streifte den oberhalb der Bözbergbahnlinie nach Süden gerichteten Rebberg «Sommerhalde» bei Villnachern.
Die Spur liess sich metergenau verfolgen. Betroffen wurden auch 1,6 Hektaren Reben von Bruno Hartmann aus Remigen, einem der grösseren aargauischen Weingüter. Die Schäden waren bedeutend.
Ein kühner Schritt
Der Hagel zerfetzte das Blattwerk und verletzte das Holz der jungen Triebe, an denen gerade die Gescheine zu blühen begannen. Bruno Hartmann begutachtete die 30 Jahre alten, aber noch vitalen Blauburgunder-Rebstöcke genau und entschloss sich zu einem kühnen Schritt: Er schnitt mit seinen Mitarbeitern sofort sämtliche Triebe bis auf zwei neue Winterknospen («Augen») zurück und versetzte die Reben damit nochmals in den Zustand des ersten Austriebs im April.
Es war ein Wagnis, aber der Versuch ging auf. Die Reben waren derart gut «im Saft», dass sie rasch wieder austrieben, ein schönes Blattwerk entwickelten und neue Blütenstände bildeten, aus denen einige Wochen später Trauben entstanden. Die Weinstöcke hatten im Vergleich zu den andern Reben zwar einen Vegetationsrückstand, und der Behang war etwas kleiner, jedoch mit durchschnittlich 110 Grad Öchsle von bester Qualität. Dank dem einmalig schönen Sommer und Herbst reiften die Trauben voll aus.
Ernte vor vier Wochen
Aus den Reben der «Sommerhalde» vinifiziert Bruno Hartmann alljährlich eine in Eichenfässern ausgereifte Blauburgunder-Spätlese. Dieser Qualitätsbegriff bekommt heuer eine spezielle Bedeutung. Jene vom Hagelzug im Mai verschont gebliebenen und deshalb früher ausgereiften Trauben wurden schon vor vier Wochen geerntet – mit bis zu 122 Grad Öchsle. Was jetzt noch dazukam, war eine späte Lese der besonderen Art.
Der Rückschnitt der Reben nach dem Hagelzug hatte nicht nur ertragsmässig positive Auswirkungen. Dank den neu gewachsenen Trieben steht jetzt auch gesundes Fruchtholz für das nächste Rebjahr zur Verfügung. Ein Vergleich mit benachbarten Reben, die keinen «Hagelschnitt» bekamen, zeigt es deutlich: Hier weisen viele Triebe Schäden auf, die keine optimale Unterlage für neue Austriebe bieten.
Wildschweinschäden
Im Gegensatz zu den ausgewetzten Spuren des Hagelwetters machen Bruno Hartmann Wildschweinschäden in der «Sommerhalde» zu schaffen. Die Tiere haben an mehreren Stellen einen festen Drahtzaun untergraben und die terrassierte Rebanlage durchwühlt. Zu den kommenden Winterarbeiten wird neben dem Rebenschnitt das Ausebnen vieler Furchen gehören.