Seit der Hof in Familienbesitz ist, hat Familie Matthews ihn stetig ausgebaut. Aus den ursprünglich 140 sind mehr als 1'200 Hektar geworden.
Laurence Matthews und sein Frau Paula führen in Wotton in der Nähe von Guilford im südlichen englischen County Surrey eine Familienfarm. Die Farm ist bereits seit 1935 in Familienbesitz, als Laurences Grossvater Edward Matthews und seine Frau May von Kent noch Wotton zogen und eine Fläche von 141 Hektar Land übernahmen.
Starkes Engagement bei Verbänden
Über die Jahre ist die Farm immer weiter gewachsen und umfasst mittlerweile 1'241 Hektar. Laurence selbst hat die Farm von seinem Vater 1999 übernommen, aber bereits 1978 auf der Familienfarm zu arbeiten begonnen. Später absolvierte er während drei Jahren eine landwirtschaftliche Hochschule.
Laurence Matthews ist stark in Verbänden aktiv. So ist er im Vorstand des Getreideausschuss der National Farmers Union (NFU). Dieser Ausschuss ist für die Beratung von britischen Getreideproduzenten sowie die Wahrung ihrer Interessen gegenüber der Regierung und der EU zuständig. Auch im Vorstand der landwirtschaftlichen Gesellschaft von Surrey ist Laurence vertreten. Zudem engagiert er sich beim Wettpflügen und ist für die jährliche regionale Landwirtschaftsausstellung zuständig.
Landschafts-Managerin
Ebenso aktiv auf und neben dem Hof ist Ehefrau Paula. Sie ist neben der Arbeit auf dem Betrieb als "Countryside Ranger" tätig. Eine Aufgabe, in der es darum geht, Landschaften zu erhalten und zu schützen. Zudem ist sie für die Organisation von Schulbesuchen auf der heimischen Farm – "Schule auf dem Bauernhof" in Grossbritannien – zuständig.
Die Farm von Familie Matthews ist ein gemischter Betrieb aus Ackerbau und Rindviehhaltung. Auf der Ackerfläche werden Weizen, Raps, Hafer und Mais angebaut. Die Rinderherde umfasst rund 1'000 Tiere, hauptsächlich der Rasse Friesian oder Mischungen daraus. Die Kälber werden mit sechs Monaten abgesetzt und leben die ersten paar Monate im Stall, bevor sie für die weitere Mast ganzjährig aufs Grünland gelassen werden.
Mit etwas mehr als zwei Jahren werden die Tiere ans Schlachthaus verkauft. Zudem hält die Familie auch eine Mutterkuhherde bestehend aus insgesamt rund 60 Belted Galloway-Rindern. Das so produzierte Fleisch wird regional im Direktverkauf abgesetzt.
Herausforderung EU-Agrarreform
"Eine der grössten Herausforderungen für uns wird die Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sein", sagt Laurence Matthews. Zwar werden alle EU-Bauern davon betroffen sein, Matthews geht aber davon aus, dass es die englischen Bauern besonders hart treffen wird. Er rechnet damit, dass die britische Regierung rund 15 Prozent der Direktzahlungen für die ländliche Entwicklung abzweigen wird. Dazu kommen noch 30 Prozent der Gelder, die an das sogenannte Greening, einer ökologischen Komponente, gebunden sind.
"Insgesamt wird weniger Geld im Topf sein als bisher und wir Bauern müssen dennoch mehr leisten", sagt Matthews. Das führe zu einer grossen Unsicherheit unter den Familienbetrieben. "Zudem wird es zu einer Zunahme der Bürokratie kommen", fürchtet der Farmer, der kaum ein gutes Haar an der Reform lässt. Fünf Inspektionen pro Jahr werden laut Matthews auf seiner Farm durchgeführt. "Daher müssen wird sämtlichen Tierverkehr gut dokumentieren und jede Ohrmarke unserer 1'000 Rinder muss mit dem Kuhpass übereinstimmen", sagt Matthews.
Preise im Vereinigten Königreich
Produzentenpreis für Milch: 31.1 Pence pro Liter (rund 46 Rappen) (Durchschnitt 2013)
1 Liter Vollmilch im Supermarkt: 80 Pence (rund 1,20 Franken)
1 Kilo Brot im Supermarkt: 160 Pence (rund 2,40 Franken)
1 Ei (Freiland): 23-33 Pence (rund 35 - 50 Rappen)
Durchschnittseinkommen pro Betrieb (2012): 25'175 Pfund (ca. 37'476 Franken)
Kostenexplosion
Für Familienbetriebe sieht Matthews auch noch ein weiteres Problem: "In den letzten sechs Jahren sind die Kosten deutlich gestiegen. Der Preis für Dünger etwa hat sich seit 2007 verdoppelt und auch die Spritpreise sind gestiegen." Zahlreiche Bauern seien daher gezwungen gewesen, mehr Geld aufzunehmen.
"In Kontinentaleuropa sind viele Landwirte Mitglieder von Genossenschaften, was ihnen bessere Einkaufsbedingungen beim Dünger oder bei Futtermitteln bringt", so Matthews. In Grossbritannien seien Genossenschaften aber rar und die Landwirte damit generell mit höheren Input-Kosten konfrontiert, weil sei gegenüber dem Handel zu wenig Marktmacht hätten.
Preisschwankungen machen Sorgen
"Für britische Bauern sind Preisvolatilitäten ein grösseres Problem als Ernterisiken", so Laurence Matthews. Das Problem könne man mit Diversifikation angehen, sagt Matthews und erzählt von einem Projekt, an dem er beteiligt war. Damals wurde ein Business-Park erschaffen, indem ungenutzte Bauernhöfe in Büros, Lager- und Verkaufsräume umgewandelt wurden und damit das kleine, lokale Gewerbe unterstützt werden konnte.
Dass Matthews immer eine Idee im Ärmel hat und mit Herausforderungen umzugehen vermag sieht man ihm an, wenn er an sein nächstes Projekt denkt, in dem Energie aus Mist und Gülle gewonnen werden soll. "Diese Diversifikation hilft uns, mit den gestiegenen Kosten umzugehen", so Matthews.
Grosser Optimismus
"Ich bin überzeugt davon, dass Familienbetriebe eine Zukunft haben werden. Die globale Nachfrage nach Nahrungsmitteln wird steigen, mittel- und langfristig auch deren Preise", sagt Laurence Matthews. Und auch für den Familienbetrieb sieht er eine gute Zukunft: "Meine drei Kinder sind sehr an der Landwirtschaft interessiert und werden sich möglicherweise dafür entscheiden, selbst Bauer zu werden. Ich würde jedenfalls jedes meiner Kinder dazu ermutigen, wenn es den Hof übernehmen möchte, denn ich bin sehr optimistisch, wenn ich an die Zukunft der bäuerlichen Familienbetriebe denke", sagt Matthews.
* Der Autor John Kennedy ist Agrarjournalist