Die Familie Pfefferli bietet eine Vielzahl an Kursen für Kinder an. Und das erfolgreich seit zehn Jahren. Daneben vermittelt sie ihr Wissen an Lehrerfortbildungskursen und Fachtagungen. Das Projekt hat Nachahmerpotenzial.
Das Dorf am Rande des Jurasüdfusses hat sich gewandelt. An den Hängen von Wangen SO spriessen neue Einfamlienhäuser aus dem Boden. Kein Wunder, zählt die Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu Olten rund 5000 Einwohner. Im Talboden haben sich verschiedene Unternehmen wie Coop, Nestlé und die Post breitgemacht. Eine neue Entlastungsstrasse bringt die Autofahrer nun noch schneller nach Wangen. Das neue Bauwerk hat auch die Familie Pfefferli beeinflusst.
Kurse sofort ausgebucht
Sie musste im Jahr 2008 aussiedeln. Ihr neuer Stall, der für rund 65 Milchkühe der Rassen Red Holstein und Normande Platz bietet, liegt leicht erhöht und gewährt einen guten Überblick auf das Dorf. Die Aussiedlung führte im Betrieb zu einer Neuausrichtung. Die Direktvermarktung wurde aufgegeben, Pfefferlis setzten fortan auf Lernangebote für Kinder im Alter von 3 bis 13 Jahren als zweiten Betriebszweig neben der Milchproduktion. Und das mit Erfolg.
Gestartet wurde das Projekt im April 2006 mit den Bauernhofspielgruppen. Kinder ab drei Jahren bis zum Kindergarteneintritt lernen einmal pro Woche an einem Nachmittag während 2 Stunden auf spielerische Art den Bauernhof und damit die Landwirtschaft kennen. «Die Kurse waren sofort ausgebucht», erklärt Judith Pfefferli.
Chance nutzen
Die Lancierung der Kurse erfolgte auf Wunsch einer Mutter. «Sie brachte mir eine Liste von Familien, die ihre Kinder in einer Spielgruppe unterbringen wollten», blickt die umtriebige Solothurnerin zurück. Der Preis für einen Nachmittag beträgt 25 Franken, ein Zvieri inklusive. Im Jahr 2007 wurde die Familie für die Spielgruppe bereits für den Agropreis nominiert.
Das Angebot wurde in der Folge stetig ausgebaut. Dies auch dank des 80 Quadratmeter grossen, beheizbaren Schulraums, der in das neue Ökonomiegebäude integriert wurde. Dieser Raum ermöglicht es, auch bei schlechtem Wetter Kurse jeder Art durchzuführen. Nebst den Spielgruppen wurden 2007 die Jahreszeitenkurse ins Programm aufgenommen. Kindern von 5 bis 13 Jahren wird während 6 Jahren an 44 verschiedenen Themennachmittagen Wissen vermittelt. Kurs- und Lernort sind der Bauernhof und seine Umgebung.
Die Kinder besuchen aber auch Wiesen, Wald und Garten und erhalten so einen vertieften Einblick in die Materie. «Wir müssen die Chance nutzen, den Kindern und Jugendlichen die Landwirtschaft näherzubringen», hält die ausgebildete Bäuerin,Werklehrerin und Spielgruppenleiterin fest.
4000 Stunden, 3000 Kinder
Viele Kinder hätten zwar ausgeprägte Kenntnisse in Sachen Sprache, Informatik oder Technik. «Alltägliche Dinge oder eben der Bezug zu Naturkreisläufen und damit zur Landwirtschaft sind verloren gegangen», betont die 53-Jährige. «Wir zeigen den Kindern, wie Landwirtschaft wirklich aussieht», fährt sie fort. Die jungen Menschen werden zudem sensibilisiert im Umgang mit Tieren und Pflanzen. Judith Pfefferli bietet ausserdem Kinder-Gartenkurse sowie Schule auf dem Bauernhof (SchuB) an.
2009 hat sie das Angebot erneut erweitert. Die vierfache Mutter gibt ihr Wissen auch Erwachsenen weiter, ab 2016 auch in Deutschland. In Lehrerweiterbildungskursen und Fachtagungen erhalten die Teilnehmer Einblick in sämtliche Themen rund um den Hof. In Zusammenarbeit mit Fachorganisationen sollen zudem massgeschneiderte Kurse entwickelt werden.
Vier Projekte sind von der Jury für den diesjährigen Agropreis nominiert worden. Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben nun die Möglichkeit, Ihrem bevorzugten Projekt die Stimme für den Leserpreis zu geben. Hier gehts zum Voting
Pfefferlis haben bis heute während über 4000 Stunden über 3000 Kindern in spielerischer Art Pflanzen, Tiere und die Landwirtschaft nähergebracht. Dank ihrer exzellenten Vernetzung gelingt es ihnen, dass die Kursen weit im Voraus ausgebucht sind. Für das Schuljahr 2016/17 sind bereits 70 Prozent der Plätze belegt. Judith Pfefferli kann auf die tatkräftige Unterstützung ihres Ehemanns Franz (59), ihrer Kinder, der Betreuerin Fraenzi Moll und des Juniorhelferteams zählen.
Nachahmung erwünscht
«Das Potenzial in der Schweiz ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. Ich empfehle dringend die Nachahmung des Projekts», hält sie lächelnd fest. «Die glänzenden Augen der Kinder geben mir viel Motivation. Es ist eine sehr dankbare Arbeit. Die Kinder sind zudem die Konsumenten von morgen», betont Pfefferli. Sie führt weitere Vorzüge der Kurse ins Feld. Sie sind nicht vom Boden, von den Direktzahlungen und vom Wetter abhängig.
Sie lassen sich planen, an den Betrieb anpassen und erfordern nur ein geringes Startkapital. Die Kurse sind beliebig ausbaubar und fallen in der Regel nicht in die Erntezeiten. Und auch aus finanzieller Sicht sind sie interessant. Sie ermöglichen ein gesichertes Einkommen, da das Kursgeld zum Voraus entrichtet wird. Der Nettostundenlohn liegt deutlich über 30 Franken.
Zudem wird der Bäuerin ermöglicht, von zu Hause aus zu arbeiten. «Ich konnte darüber hinaus ein weitverzweigtes Beziehungsnetz aufbauen», zählt Judith Pfefferli weitere Vorteile auf. Sollte sie beim Agropreis obsiegen, würde sie das Geld in einen Bauernhoflehrpfad investieren.