Der von Russland in der Ukraine angezettelte Krieg zieht auch die dortige Düngerproduktion schwer in Mitleidenschaft. Nach Informationen des Fachmagazins «Fertilizer Daily» steht mit dem Unternehmen Cherkasy Azot einer der grössten ukrainischen Düngerhersteller vor der Schliessung.
Der Betrieb im Cherkasy Oblast etwa 100 km südöstlich von Kiew beschäftigt 6’000 Mitarbeiter und verfügt laut Wikipedia über eine Produktionskapazität von jährlich rund 3,0 Mio. t Stickstoffdünger, darunter Ammoniumnitrat und Harnstoff.
Fehlende Vorprodukte
Die Produktionsanlage im Hafen von Odessa mit einer Kapazität von gut 1,0 Mio. t Ammoniak und 600’000 t Harnstoff soll die Arbeit bereits eingestellt haben. Grund ist dem Fachmagazin zufolge der Wegfall russischer Vorprodukte, für die unter den jetzigen Umständen in der Ukraine kein Ersatz gefunden werden könne. Angesichts der desolaten Datenlage sind die Meldungen mit Vorsicht zu geniessen. Klar ist dennoch, dass der Krieg die Lieferketten in allen Branchen der ukrainischen Wirtschaft schwer stören oder unterbrechen wird.
Derweil versuchen die landwirtschaftlichen Betriebe in der Ukraine offenbar den kriegsbedingt extrem schwierigen Rahmenbedingungen zu trotzen. Niederländische Ackerbauern mit Betrieben in der Ukraine berichteten vergangene Woche, sie würden bei der Gestaltung ihres Anbauprogramms vor allem auf die Minimierung der Kosten für Betriebsmittel wie Diesel, Dünger und Pflanzenschutzmittel achten. Diese seien sehr knapp oder gar nicht mehr verfügbar.
Weizen statt Mais
Wie die Landwirte auf eigenen Blogs und gegenüber niederländischen Fachmedien im Einzelnen erklärten, werden deshalb Kulturen, die viel Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel benötigen, aus dem Anbauplan genommen. Die Produktion von Mais und Zuckerrüben werde eingeschränkt – zugunsten der Erzeugung von Weizen und Sojabohnen.
Unterdessen wurden den Landwirten zufolge Mitarbeiter zum Militärdienst einberufen. Deshalb drohe nun auch ein Mangel an Arbeitskräften. Zudem seien Personen- und Lastkraftwagen für den Zivilschutz angefordert worden. Bei der Vermarktung von Ware aus der alten Ernte gebe es ernste logistische Probleme; beispielsweise sei die Bahnlinie zum Hafen in Odessa blockiert.