Die EU-Kommission sieht von Ungarn und Polen verhängte Importverbote für Getreide aus der Ukraine kritisch.
Eine Sprecherin der Brüsseler Behörde betonte am Montag auf Nachfrage, dass Handelspolitik unter die ausschliessliche Zuständigkeit der EU falle und daher einseitig ergriffene Massnahmen nicht akzeptabel seien. Man habe weitere Informationen angefragt, um die Lage bewerten zu können, hiess es. In schwierigen Zeiten sei es wichtig, alle Entscheidungen innerhalb der EU abzustimmen.
Zollfrei
Zuletzt hatten Polen und Ungarn Einfuhr von Getreide aus der Ukraine verboten. So sehen sich Landwirte in mehreren östlichen EU-Staaten durch den im Zuge des Krieges ermöglichten zollfreien Import grosser Mengen ukrainischen Getreides unverhältnismässiger Konkurrenz ausgesetzt. Die Slowakei hatte am Freitag den Verkauf von ukrainischem Weizen als Lebensmittel und Tierfutter untersagt, sich dabei allerdings auf die mutmassliche Pestizid-Haltigkeit des ukrainischen Weizens berufen.
Die EU-Kommission hatte im Februar vorgeschlagen, Zölle auf Importe aus der Ukraine ein weiteres Jahr auszusetzen. Einer erneuten Verlängerung müssen die EU-Staaten zustimmen. Derzeit sind die Handelserleichterungen noch bis Juni in Kraft.
Transport über Land
Mit ihnen soll der Wirtschaft des Landes geholfen werden. Um negative Folgen für Landwirte aus der EU zu verhindern, ist allerdings ein neuer Schutzmechanismus vorgesehen, wie die EU-Kommission mitteilte. So sollen bestimmte Zölle im Zweifelsfall schnell wieder eingeführt werden können.
Für Länder wie Polen, Bulgarien und Rumänien waren vor knapp drei Wochen bereits fast 60 Millionen Euro Agrar-Hilfen aus EU-Geldern beschlossen worden. Die Ukraine ist einer der weltweit grössten Getreideexporteure.
Preisverfall bei polnischen Bauern
Für die polnischen Getreideproduzenten hat er Getreideimport das negative Konsequenzen. Das billigere Getreide, aus der Ukraine – weil zoll- und quotenfrei – führte zu einem Preiszerfall bei der einheimischen Ware. Wie die «Frankfurter Allgemeine» berichtete, kritisierten die Landwirte, dass ein Teil des über die «Korridore der Solidarität» aus der Ukraine exportierten günstigen Getreides nicht in die Dritte Welt gelange, sondern den polnischen Markt «überschwemme» und die bald wieder benötigten Silos überfüllt seien. Deshalb gingen die Bauern auf die Strasse und protestierten.
Ende März versprach die polnische Regierung, dass sie bei EU beantragen werde, die Zölle für ukrainisches Getreide wiedereinzuführen und die Grenzkontrollen zu verstärken. Weiter versprach die Regierung, dass die Silos bald geleert würden, beispielsweise durch «humanitäre Exporte» nach Afrika. Zudem sollen die Bewilligungen für neue Silos vereinfacht werden.
Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs hatten Polen und andere Länder in der Region angeboten, beim Transit des ukrainischen Getreides in Drittländer zu helfen, da Russland die traditionellen Handelsrouten übers Schwarze Meer blockierte. Doch mit dem Weitertransport hapert es.