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Umweltkosten-Kampagne bei Lebensmitteln in Kritik

Der deutsche Discounter Penny hat während einer Woche eine besondere Kampagne geführt. Bei 9 seiner Produkte hat er die Umweltfolgekosten auf den Verkaufspreis hinzugerechnet. Was ein zukunftsweisendes Modell sein könnte, geriet heftig in Kritik.

AgE/ome |

Der Discounter hat mit dieser Kampagne beispielsweise 300 Gramm Maasdamer Käse statt für 2,49 Euro (etwa 2,39 Franken) für 4,84 Euro (etwa 4.64 Franken) verkauft, also mit einem Preisaufschlag von 94%. Der Konsument hat damit auch die Kosten bezahlt, die sonst im Verkaufspreis nicht enthalten sind, nämlich für die Belastung von Klima, Wasser, Boden und Gesundheit.

Die von zwei Universitäten berechneten Folgekosten würden wichtige Aspekte ausklammern, sagen jetzt Kritiker. Der deutsche Bauernverband spricht von «Greenwashing». Die Konsumentinnen verhielten sich sehr zurückhaltend. Der Discounter wolle damit eine Diskussion anstossen. 

9 Produkte mit Aufschlag

Der Discounter Penny hat in der vergangenen Woche bei neun von seinen etwa 3‘000 Produkten die Umweltfolgekosten auf den normalen Verkaufspreis aufgeschlagen. Berechnet haben die Zusatzkosten Wissenschaftler aus Nürnberg und Greifswald. Viele Akteure aus der Landwirtschaft kritisierten die Aktion scharf, darunter der Deutsche Bauernverband (DBV), der von «Greenwashing» sprach.

Vom 31. Juli bis 5. August 2023 wurde in den 2’150 Märkten der Discounter-Kette auf mehrere konventionelle und Bioprodukte sowie auf ein veganes Schnitzel ein Zusatzbetrag zwischen 5 % und 94 % aufgeschlagen.

Folgekosten bei Bio-Produkte am geringsten

Ziel war es, die bei dem jeweiligen Produkt über die Lieferketten anfallenden Auswirkungen auf Boden, Klima, Wasser und Gesundheit monetär einzubeziehen. Die extreme Schwankung der Preisaufschläge ergab sich den Forschenden zufolge dadurch, dass die Biolebensmittel geringere Folgekosten als ihre konventionellen Gegenstücke haben,

Das pflanzliche Ersatzprodukt hatte im Vergleich mit 14 Cent (etwa 13 Rappen) den mit Abstand geringsten Aufpreis. Am höchsten fiel der Mehrpreis bei einem Maasdamer-Käse aus, für den im Aktionszeitraum 2,35 Euro (etwa 2,25 Franken) mehr bezahlt werden musste.

Penny hatte angekündigt, die Differenz zwischen den «wahren Kosten» sowie den regulären Preisen an das Gemeinschaftsprojekt «Zukunftsbauer» des Lebensmittelhändlers und der Molkerei Berchtesgadener Land zu spenden. Dieses fördert Genossenschaftsmolkereien, die ihre Betriebe energetisch optimieren wollen.

Studie zu Konsumverhalten

Es gehe nicht darum, die «wahren Kosten unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen», betonte die Wissenschaftlerin Michalke. Das Forschungsteam erhoffte sich laut eigenen Angaben von dem Projekt einen transparenten Diskurs über die Umweltfolgen des Lebensmittelsektors. Dass bereits heute «Folgekosten an anderer Stelle anfallen, die von allen getragen werden müssen», stufte Projektleiter Gaugler als ungerecht ein.

Die erhöhten Preise sollten «zum Nachdenken anregen, und zu bewussterem Konsum», so der Ressourcenökonom. Zusätzlich begleitete das Team die Aktionswoche wissenschaftlich und erhob Informationen zum Einfluss auf das Konsumverhalten und die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft im Interesse der Umwelt. «Daraus lassen sich dann Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Akteure ableiten, um vor allem sinnvolle politische Massnahmen zu gestalten, die zu einer nachhaltigen Transformation des Lebensmittelsektors beitragen», so Gaugler.

Kritik vom Bauernverband

Die Kampagne verunglimpfe die heimische Produktion, die im globalen Vergleich bereits äusserst klima- und ressourcenschonend sei, betonte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. «Anstelle solch aktivistischer Effekthaschereien sollte das Unternehmen Penny lieber die tatsächlichen Leistungen der heimischen Landwirtschaft anerkennen, wertschätzen und vor allem angemessen entlohnen», sagte Krüsken.

Die positiven Effekte der landwirtschaftlichen Produktion blieben bei dieser Berechnung schlichtweg unberücksichtigt. Auch wird laut dem DBV-Generalsekretär die Rolle des niedrigpreisorientierten Lebensmittelhandels bewusst ausgeblendet. Auch fehlten bei der Preisgestaltung zahlreiche Einflussfaktoren, etwa die Kosten für Verpackung, Logistik und Energie.

Erzeugerpreise zu gering

«Die Lebensmittel sind zu billig – ja, der Meinung können wir uns anschliessen, auch wenn der Zeitpunkt, dies zu diskutieren, angesichts der allseits sichtbaren Teuerungsraten denkbar ungünstig ist», erklärte der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Torsten Staack.

Laut der ISN belegen Statistiken, dass die Differenz zwischen dem Schlachtschweinepreis und dem Verkaufspreis für Fleisch im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in den vergangenen Jahren immer grösser geworden ist. Die Landwirte erhielten seit mehr als 70 Jahren schon keine vollkostendeckenden Erzeugerpreise mehr, beklagte die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG).

Konsumenten sind zurückhaltend

Auch die potenziellen Kunden reagierten zu Beginn der Kampagnenwoche zurückhaltend. Laut einer You-Gov-Umfrage unter insgesamt 3‘315 Personen ab 18 Jahren planten lediglich 16 %, die Aktion durch den Kauf der betreffenden Produkte zu unterstützen.

Dagegen lehnten 44 % der befragten Verbraucher es ab, die Mehrkosten zu bezahlen. Allerdings gaben 30 % an, keinen Penny-Markt in der Nähe zu haben, in dem sie einkaufen könnten.

 

 

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