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Umweltverantwortungsinitiative: Nationalrat empfiehlt Nein

Der Nationalrat empfiehlt die Umweltverantwortungsinitiative der jungen Grünen zur Ablehnung. SVP, FDP, Mitte und GLP stellten sich gegen die Initiative und ebenso gegen einen direkten Gegenentwurf.

sda/blu |

Die Nein-Empfehlung beschloss die grosse Kammer am Montag deutlich, mit 129 gegen 60 Stimmen bei zwei Enthaltungen.

Natürliche Lebensgrundlagen erhalten

Die im Februar 2023 eingereichte Volksinitiative «für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)» fordert einen Verfassungsartikel, wonach die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Schweiz nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen sollen, als dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben.

Auch einen Antrag einer rot-grünen Minderheit für einen direkten Gegenvorschlag lehnte die grosse Kammer mit 125 gegen 63 Stimmen und mit einer Enthaltung ab. Die Minderheit hatte beantragt, die Initiative im Grundsatz anzunehmen, dabei aber auf die im Initiativtext beschriebenen Übergangsbestimmungen – das Konzept der planetaren Grenzen als Richtlinie sowie eine Übergangsfrist von zehn Jahren für die Umsetzung – zu verzichten.

Der Nationalrat will somit keinen neuen Verfassungsartikel, der den Umweltschutz in der Schweiz zur Priorität machen soll.

Enormer Wohlstandsverlust befürchtet

Damit folgte die grosse Kammer dem Beschluss des Bundesrats und der Mehrheit der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N). Die Mehrheit war sich einig, dass die Initiative «extreme wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würde», sagte Kommissionssprecherin Monika Rüegger (SVP/OW).

Das sahen auch SVP, FDP, Mitte und GLP so – und lehnten sowohl die Initiative als auch den direkten Gegenentwurf ab. Mit der Annahme der Initiative würde eine «Wohlstandsvernichtung» eingeleitet, «wie es sie in der Geschichte der Schweiz noch nie gegeben hat», sagte Nicolo Paganini (Mitte/SG).

Der eigentliche «Killer» der Initiative sei aber die geforderte Umsetzungsfrist von zehn Jahren. «Wir müssten auf ein Niveau kommen, wie es in den letzten Jahren Burkina Faso oder Bolivien (...) hatten», sagte der Mitte-Nationalrat mit Bezug auf den Richtwert der Einhaltung der planetaren Grenzen.

«Antiliberal»

Als «antiliberal» bezeichnete Mike Egger (SVP/SG) das Anliegen. Produkte und Dienstleistungen aus der Schweiz müssten bei einer Annahme höhere Anforderungen erfüllen als solche aus dem Ausland. Dies würde zu massiven Mehrkosten für die Unternehmen, zu einer Anheizung der Teuerung und zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen.

Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit sollten nicht gefährdet werden, sagte Simone de Montmollin (FDP/GE). Die Förderung der Nachhaltigkeit der Wirtschaft sei bereits in mehreren Verfassungsartikeln verankert. Auch die GLP-Fraktion äusserte sich ablehnend. Eine Umsetzung der Initiative sei «unmöglich» – mit einer Frist von zehn Jahren sowieso.

Der Bundesrat lehnte das Begehren ebenfalls ab und wollte auch keinen Gegenvorschlag dazu. Die Initiative würde zu «gravierenden Eingriffen in die Entscheidungsfreiheit der Einzelnen» führen und gehe dem Bundesrat daher zu weit, sagte Umweltminister Albert Rösti.

Minderheit für «fundamentale Änderung»

«Momentan ist unser materielles Komfortniveau nur durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen möglich», sagte hingegen Aline Trede (Grüne/BE). Es brauche nun eine fundamentale Änderung der Funktionsweise der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Ein «weiter wie bisher» werde enorme Kosten für künftige Generationen verursachen, sagte Franziska Ryser (Grüne/SG). Dafür brauche es eine Wirtschaftspolitik, die sich nicht am BIP orientiere.

Die SP-Fraktion hätte einen Gegenentwurf gewollt. Er habe von niemandem gehört, dass es falsch sei, dass künftige Generationen auch noch Ressourcen hätten, um wirtschaften zu können, sagte Jon Pult (GR) dazu. Der Gegenentwurf sei daher ein berechtigtes Anliegen. «Man lässt sich bei der Umsetzung aber mehr Zeit und mehr Spielraum.»

Als nächstes debattiert der Ständerat über die Volksinitiative der Jungen Grünen.

Was die Initiative will

Die im Februar 2023 von der «Allianz für Umweltverantwortung» eingereichte Initiative  verlangt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Schweiz nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Es wird hier auch von einem ökologischen Fussabdruck gesprochen. Und der Schweizer Fussabdruck sei fast drei Mal so gross wie er in nachhaltiger Hinsicht eigentlich sein dürfte, rechnet das Bundesamtes für Statistik (BFS) vor. 

«Riesige Chance»

Denn da wir nur eine Erde haben, dürfen wir Schweizerinnen und Schweizer auch nur so viele Rohstoffe verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, wie uns anteilsmässig zusteht, heisst es sinngemäss auf der Internetseite der Initianten.  Gemäss BFS würde die Schweiz zurzeit aber rund 2,8 Erden brauchen  , wenn die gesamte Weltbevölkerung so leben würde wie wir.

Die Umweltverantwortungsinitiative gebe der Wirtschaft einen «selbstverständlichen» Rahmen: Die Lebensgrundlage von Mensch und Umwelt darf nicht zerstört werden. «Die Wirtschaft wird sich grundlegend ändern müssen, das ist aber für uns alle eine riesige Chance: Mehr Lebensqualität, gesundes Essen und Millionen zukunftsfähige Jobs  », heisst es auf der Website weiter.   «Statt übermässigen Konsums haben wir in einer ökologischen Wirtschaft mehr Freizeit, Naherholungsgebiete und eine Lebensgrundlage für unsere Kinder und Enkelkinder», so die Initianten.

Weitreichende Folgen

Ansetzen will die Initiative auch bei den Importen. «Über 70% unserer Umweltbelastung entsteht bei der Produktion von Gütern, die in die Schweiz importiert werden», halten die Initianten fest. Die teilweisen Erfolge einer Reduktion der Umweltbelastung im Inland würden durch die von uns verursachten Schäden im Ausland wieder wettgemacht. 

Bei Annahme der Initiative müsste die Schweiz ihre durch den inländischen Konsum verursachte Umweltbelastung innerhalb von zehn Jahren stark reduzieren. Diese müsste so reduziert werden, dass die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten eingehalten werden. Es gilt namentlich in den Bereichen Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag.

Eidgenössische Volksinitiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)»

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 94a Rahmen der Wirtschaft

1 Die Natur und ihre Erneuerungsfähigkeit bilden den Rahmen für die schweizerische Gesamtwirtschaft. Wirtschaftliche Tätigkeiten dürfen nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben.

2 Bund und Kantone stellen die Einhaltung dieses Grundsatzes sicher; dabei tragen sie insbesondere der Sozialverträglichkeit im In- und Ausland der von ihnen getroffenen Massnahmen Rechnung.

Art. 197 Ziff. 1322

13. Übergangsbestimmung zu Art. 94a (Rahmen der Wirtschaft)

1 Bund und Kantone sorgen dafür, dass die durch den Konsum in der Schweiz verursachte Umweltbelastung spätestens zehn Jahre nach Annahme von Artikel 94a durch Volk und Stände die planetaren Grenzen gemessen am Bevölkerungsanteil der Schweiz nicht mehr überschreitet.

2 Diese Bestimmung gilt namentlich in den Bereichen Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag.

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