Trotz gleichbleibendem Inlandanteil von 65% konnte sich die Branche nicht auf einen Richtpreis für Bioweizen einigen. Denn die Marktentwicklung ist unsicher. Die Produzenten wollten mehr, die Verarbeitungsbetriebe weniger.
Ungewisse Nachrichten für Biobrotweizenproduzenten: Heuer gibt es keinen Richtpreis, nachdem dieser in den letzten zwei Jahren insgesamt um fünf Franken sank.
Erfreulicher sind die Nachrichten für die Biodinkelproduzenten: Der Richtpreis für Biodinkel steigt um 3 Franken auf 112 Franken pro 100 Kilo. Der Richtpreis für Roggen bleibt mit 89 Franken pro Dezitonne gleich wie im Vorjahr. Das schreibt Bio Suisse in einer Medienmitteilung nach der jährlichen Biorichtpreisrunde der Verarbeiter und Produzenten von Knospe-Brotgetreide vom Montag.
Biodinkel
Die Erntemengen und die verarbeiteten Mengen beim Biodinkel steigen. Letztere im Pandemiejahr stark. Für die Ernte 2021 wird erwartet, dass ungefähr 72% des Bedarfs aus dem Inland gedeckt werden können. Der Richtpreis steigt um 3 Franken auf 112 Franken pro Dezitonne. bki
Import vergünstigt Mehl
Die Bioackerfläche wächst, und so wurden letztes Jahr 14% mehr Biobrotgetreide geerntet als noch 2019. Durch die zusätzlichen Flächen von Umstellbetrieben werde auch in den nächsten Jahren ein Wachstum erwartet, schreibt Bio Suisse in der Mitteilung. Mit dem steigenden Angebot kann die Nachfrage nach Biobrotgetreide zunehmend aus dem Inland gedeckt werden.
Diese Tatsache wurde in den letzten Jahren beim Bioweizen als Argument für eine Preisreduktion verwendet. Denn mit dem Import von Biobrotgetreide wird anscheinend der durchschnittliche Mehlpreis gesenkt, damit Biobrote nicht teurer werden. Heuer hätte diese Argumentation eigentlich nicht funktionieren sollen, da Bio Suisse schreibt: «Für die Ernte 2021 wird erwartet, dass der Inlandanteil bei Bioweizen ähnlich wie im Vorjahr ungefähr bei 65% liegen wird.» Dennoch konnten sich die Branchenvertreter beim Bioweizen nicht auf einen Preis einigen.
Bioroggen
Die Roggenernte konnten in den letzten Jahren nur stockend vermarktet werden. 2020 gab es deshalb einen Rückbehalt. Dieser konnte aber schlussendlich an die Produzenten ausbezahlt werden. Für die Ernte 2021 wird ein Inlandanteil von 77% geschätzt, der Richtpreis bleibt mit 89 Fr./100 kg gleich. bki
Empfehlung wäre möglich
Die Produzentinnen und Produzenten wollten mit einer Preiserhöhung ein Zeichen für das Marktwachstum setzen und so neue Betriebe für die Umstellung auf Bio motivieren. Die verarbeitenden Betriebe dagegen machen sich Sorgen, ob sich die Nachfrage nach Bio weiterhin so positiv entwickelt wie im Pandemiejahr 2020. Die zweite grosse Unbekannte für die Verarbeitungsbetriebe ist die Nachfrageentwicklung nach Mühlennebenprodukten. Dies wegen der Kraftfutterreduktion in der Knospe-Wiederkäuerfütterung ab Januar 2022 auf 5 Prozent.
Fazit: Für Biomahlweizen gibt es keinen Richtpreis. «Wir können aktuell nur spekulieren, wie die Preise zustande kommen. Eventuell nehmen die Abnahmestellen den Richtpreis vom letzten Jahr als Orientierungshilfe», sagt Mediensprecher David Herrmann von Bio Suisse. Die Fachgruppe Ackerkulturen diskutiert nun das weitere Vorgehen und wird die Produzentinnen und Produzenten auch über allfällige Preisempfehlungen direkt informieren.
Präsident versprach Besserung
Beim Getreide gab es 2019 erstmals grössere Verwerfungen. Denn der Boom beim Inlandanbau liess sich am Markt nicht so einfach umsetzen. Zwar hat das Bio beim Frischbrot einen Marktanteil von über 26 Prozent. Doch der Preis ist eine entscheidende Komponente.
Und das ist offenbar ein Problem. Denn Schweizer Biogetreide ist teurer als Importware. Weil der Inlandanteil bei den Mehlmischungen zunimmt, müsste der Mehlpreis eigentlich steigen. Doch dazu waren die Verarbeiter 2019 nicht bereit. Die Produzenten waren am kürzeren Hebel, folglich wurden die Getreide-Richtpreise gesenkt.
Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli versprach in einem Interview mit dem «Schweizer Bauer» von Februar 2020 Besserung. Denn schon damals war klar, dass die Bio-Getreidefläche weiter steigt. «Es kann nicht sein, dass nur die Produzenten den höheren Anteil an Schweizer Getreide tragen müssen. Der Konsument möchte am liebsten Schweizer Bioprodukte. Wenn der Anteil Schweiz im Brot steigt, entspricht dies den Konsumentenerwartungen», sagte er.
«Wir müssen faire Preise bekommen»
Und auch bezüglich Produzentenpreise weckte er Hoffnungen. «Wir müssen in den Verhandlungen schauen, dass wir hier faire Preise bekommen», führte Brändli aus. Auch an der Jahresmedienkonferenz von Anfang Mai 2020 gab sich Bio Suisse noch optimistisch. Man habe das Problem durch die Zusammenarbeit mit den Detailhändlern gelöst.
Doch zwei Monate später zeigte sich, dass die Dachorganisation der Schweizer Biobauern das «Problem» nicht gelöst hatten. Und es zeigte, wer am Markt das Sagen hat. Im Juni 2020 musste Bio Suisse erneut eine Senkung der Richtpreise bekanntgeben. Der Richtpreis für Roggen sank um drei Franken auf 89 Fr./100kg, für Weizen um zwei Franken 101 Fr./100kg.
2018 tönte es noch ganz anders
«Um die Attraktivität und den Absatz vom Inlandgetreide auch bei steigenden Inlandanteilen sicherstellen zu können, wurden die jetzt erfolgten Preisanpassungen nötig», teilte Bio Suisse damals mit. Gemäss dieser Aussage ist die Marktsättigung erreicht, respektive höhere Marktanteile lassen sich nur durch tiefere Preise im Laden realisieren.
2018 tönte es bei Bio Suisse ganz anders: «Mit dem Belassen der Richtpreise bei deutlich steigenden Inlandanteilen nehmen die Branchenvertreter eine Preiserhöhung des Rohstoffs Mehl in Kauf, was aber durch die ausgezeichnete Nachfrage etwa nach nachhaltig produziertem Brot aus Schweizer Knospe-Getreide gerechtfertigt ist.»


