Bei der im Jahr 2018 von der US-Umweltschutzbehörde (EPA) erteilten Genehmigung zur Verlängerung der Zulassung für Produkte mit dem Herbizidwirkstoff Dicamba ist es zu Unregelmässigkeiten gekommen. Das hat die Revisionsstelle der EPA jetzt festgestellt.
Wie aus einem am Montag vergangener Woche (24.5.) veröffentlichten Bericht hervorgeht, wurde die im Rahmen des Verfahrens vorgesehene Bewertung wissenschaftlicher Daten nicht ordnungsgemäss durchgeführt. Leitende Angestellte hätten sich über das übliche Mass hinaus in die Entscheidung eingebracht und Veränderungen und Kürzungen an wissenschaftlichen Dokumenten vorgenommen. In der Folge sei die endgültige Version einiger Dokumente von den verantwortlichen Wissenschaftlern nicht unterzeichnet worden.
Die Einwände und Bewertungen von an dem Verfahren beteiligten Wissenschaftlern wurden der Revisionsstelle zufolge anteilig ignoriert und unterdrückt. Die Führungsebene habe wissenschaftliche Analysen verändert, um die eigene Entscheidung zu unterstützen. Dabei sei deutlich geworden, dass es Defizite bei den wissenschaftlichen Grundlagen und im Verständnis der Daten gegeben habe.
Gesundheitsrisiken «stark untertrieben»
Im Juni vergangenen Jahres hatte das Bundesgericht in San Francisco die Vermarktung von Dicamba-Produkten vorübergehend verboten. Den Richtern zufolge hatte die Behörde bei der Verlängerung der Zulassung 2018 die Gesundheitsrisiken bei der Anwendung «stark untertrieben» und andere Risiken gar nicht berücksichtigt. Die EPA habe «versagt» und gegen Bundesvorschriften verstossen, so das Fazit der Richter.
Der damalige Landwirtschaftsminister Sonny Perdue hatte die Entscheidung der EPA verteidigt und sich auch gegen einen Verkaufsstopp von Dicamba-Produkten gestellt. Im November 2020 hatte die Behörde erneut Zulassungen für Dicamba vergeben und dabei unter anderem neue Produktlabel zur Auflage gemacht, die die sichere Nutzung der Produkte durch die Landwirte gewährleisten sollen.
Umweltrisiken von Glyphosat neu bewerten
Nachbessern will die EPA nach dem Regierungswechsel in Washington derweil offenbar auch in Sachen Glyphosat. Medienberichten zufolge hat die Behörde bei einem Bundesgericht beantragt, die im Januar 2020 im Rahmen der Neuzulassung des Totalherbizids vorgelegte Bewertung überarbeiten zu dürfen. Demnach sollen die ökologischen Risiken neu gewichtet werden; die Einschätzung zu den Gesundheitsgefahren soll indes ausdrücklich unverändert bleiben. Vor dem Gericht läuft ein Verfahren gegen die Behörde.
Kanada verbietet Chlorpyrifos
Mehre Nichtregierungsorganisationen haben nach der Neuzulassung Klage eingereicht und eine unzureichende Risikobewertung geltend gemacht. Unterdessen hat die kanadische Regierung beschlossen, schrittweise aus der Nutzung des insektiziden Wirkstoffs Chlorpyrifos auszusteigen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist es den Herstellern im Rahmen einer Aktualisierung der Bewertung der Gesundheitsrisiken nicht gelungen, die erforderlichen Daten zu liefern. Dem Ministerium zufolge wird die Anwendung daher zum 10. Dezember 2023 verboten; die Verkäufe werden bereits vorher eingeschränkt