Die US-Notenbank Fed wird ihre Nullzinspolitik aufgrund der Corona-Krise voraussichtlich noch lange fortsetzen. Dies geht aus neuen Zinsprognosen der Zentralbank hervor, die nach ihrer Zinssitzung am Mittwoch veröffentlicht wurden.
Demnach gehen die meisten der geldpolitischen Entscheidungsträger bis Ende 2022 davon aus, dass das gegenwärtige Zinsniveau von nahezu null Prozent beibehalten wird.
Beispiellose Reaktion
Die Corona-Krise werden die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Inflation stark belasten, teilte die Fed mit. Es bestünden erhebliche konjunkturelle Risiken. Für dieses Jahr rechnet die Notenbank mit einer Schrumpfung der Wirtschaft um 6,5 Prozent, gefolgt von einem Wachstum um 5,0 Prozent im kommenden Jahr. Die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr 9,3 Prozent betragen und 2021 auf 6,5 Prozent sinken. Die Inflation wird den Prognosen zufolge bis 2022 unter dem Ziel der Fed von 2 Prozent liegen.
Die Fed hat ihn seit dem Übergreifen der Corona-Krise auf die USA im März in zwei grossen Schritten auf fast null Prozent gesenkt. Anfang März hatte der Leitzins noch zwischen 1,50 und 1,75 Prozent gelegen. Die bisherige Reaktion der Fed auf die Corona-Krise ist beispiellos und stellt selbst ihr Eingreifen in der Finanzkrise in den Schatten. Neben Zinssenkungen wurden Wertpapierkäufe in grossem Stil getätigt und zahlreiche Kreditprogramme zur Stützung der Wirtschaft aufgelegt.
Fed-Chef glaubt nicht an grosse Depression
Die Fed konkretisierte jetzt das Ausmass ihrer Wertpapierkäufe zur Belebung der Wirtschaft. Die Fed von New York, die für die Abwicklung der Käufe zuständig ist, teilte mit, etwa 80 Milliarden US-Dollar je Monat in amerikanische Staatsanleihen zu investieren. Rund 40 Milliarden Dollar je Monat sollen in hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) fliessen.
Die Fed geht nicht davon aus, dass die Welt vor einer ähnlich einschneidenden ökonomischen Krise steht wie vor etwa 90 Jahren. Gefragt, ob die Corona-Krise mit der «Grossen Depression» ab dem Jahr 1929 vergleichbar sei, sagte Fed-Chef Jerome Powell: «Ich glaube nicht, dass die Grosse Depression ein gutes Beispiel ist für das, was gerade geschieht.»
Powell nannte einige Unterschiede. Zum einen sei die Reaktion aufseiten der Regierung im Gegensatz zu früher sehr schnell und sehr kraftvoll ausgefallen. Zum anderen sei die US-Wirtschaft vor Ausbruch der Krise in einem wesentlich besseren Zustand gewesen als vor knapp einem Jahrhundert. Darüber hinaus sei das Finanzsystem heute in einem wesentlich besseren Zustand als zu Zeiten der Grossen Depression.