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Verdingkinder: Ein dunkles Kapitel Schweizer Geschichte

Im Spielfilm «Der Verdingbub» führt Regisseur Markus Imboden ein unerhört hartes Kinderschicksal aus den 1950er Jahren vor Augen: realitätsnah, packend, verstörend schön bebildert und subtil, was die Schuldzuweisungen betrifft. Mit Video zum Film

Irene Widmer, sda |

 

Im Spielfilm «Der Verdingbub» führt Regisseur Markus Imboden ein unerhört hartes Kinderschicksal aus den 1950er Jahren vor Augen: realitätsnah, packend, verstörend schön bebildert und subtil, was die Schuldzuweisungen betrifft. Mit Video zum Film

Der Film beginnt gleich mit einem Paukenschlag: Ein Bub wird im Sarg aus dem Heimetli Dunkelmatt weggekarrt. Bald darauf naht schon der Pfarrer (Andreas Matti) mit Ersatz, dem Heimkind Max (Max Hubacher aus «Stationspiraten»). Sie solle doch bitte schauen, dass der Bub «etwas länger hält», mahnt der Gottesmann die Bauersfrau.

Hoffnung auf Besserung

Offenbar haben die Bösigers einen grossen Verschleiss. Um überhaupt noch Verdingkinder zu bekommen, müssen sie die für die Armenpflege zuständigen Würdenträger schmieren.

Für Max gibt’s einen Gemüsekorb. Für das in Aussicht gestellte Mädchen Berteli (Lisa Brand aus «Verstrickt und zugenäht») offeriert die Bäuerin dem Pfarrer Würste. Ohne das bisschen Kostgeld, das die Gemeinde für Verdingkinder zahlt, könnten die Bösigers nicht überleben, heisst es einmal.

Max ist zunächst ganz angetan von seinen neuen Lebensumständen. Dass er - an die Massenkinderhaltung des Heims gewöhnt - eine eigene Kammer erhält, kann er kaum glauben. Die Arbeit scheut er nicht, und das scheint dem wortkargen Bauern zu gefallen. Und mit seinem Handörgeli-Spiel zaubert er der verhärmten Bösigerin fast ein Lächeln ins Gesicht.

Spirale nach unten

Doch die Situation verschlimmert sich: Der von der Bauersfrau verwöhnte leibliche Sohn Köbi demütigt Max, wo er kann. Dem Bauern verhagelt es die Gerste, die Kartoffeln verfaulen im Boden, und sein Alkoholkonsum steigt proportional zum Pech. Was an Frust nicht ersäuft werden kann, wird an Max ausgelassen.

Die neue Dorfschullehrerin versucht sich bei den Behörden für Max und Berteli einzusetzen, was aber kontraproduktiv wirkt: Die «verleumderischen» Kinder werden von den «Pflege»eltern noch härter rangenommen, die Lehrerin entlassen.

Max und Berteli rücken im Elend näher zusammen und träumen von Argentinien, wo es keine Schweineställe gibt, in die Kinder geperrt werden, und wo selbst die Heugabeln aus Gold sind. Doch es müssen erst eine grosse Katastrophe und ein kleines Wunder geschehen, damit Max den ersten Schritt in die Freiheit tut.

Schattierungen statt Schwarz-Weiss

Imboden hat sich die Umsetzung dieses «auf 100’000 wahren  Geschichten» basierenden Plots nicht leicht gemacht. In seiner Darstellung quälen die Bauersleute die Verdingkinder nicht aus reiner Bösartigkeit, sondern sie geben den wirtschaftlichen und seelischen Druck, unter dem siestehen, nach unten weiter.

Um das verbliebene Fünkchen Menschlichkeit in den verkrusteten Seelen zu zeigen, braucht es gute Schauspieler. Mit Stefan Kurt und Katja Riemann hat der Regisseur die richtigen rekrutiert und präzis zu führen gewusst.

Esther Gemsch spircht für Katja Riemann

Die sonst so schöne, mondäne Riemann als verhärmte, mit künstlichem Gebiss verunstaltete Bäuerin zu sehen, irritiert zunächst etwas. Aber sie macht ihre Sache gut: Mimik und Gestik werden jedem bekannt vorkommen, der in den 50er Jahren auf dem Land gelebt hat.

Und würde man aus ihrem Mund nicht die unverkennbare Stimme von Esther Gemsch vernehmen, man könnte glauben, sie spreche selber Berndeutsch, so synchron bewegt sie die Lippen.

In der Tat hat die Deutsche extra den Dialekt gelernt, wie der Regisseur in einem Interview berichtete. Wenn sie «Bschüttiloch» gesagt habe, habe sich die Crew regelmässig gekugelt vor Lachen.
 

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