Die kleine Kammer hiess den Vorstoss mit 29 zu 15 Stimmen ohne Enthaltungen gut. Sie folgte damit der Minderheit der vorberatenden Kommission um den Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann. Dieser erhielt Unterstützung über die Parteigrenzen hinweg – etwa von den SP-Ständeräten Carlo Sommaruga (GE) und Pierre-Yves Maillard (VD) sowie vom Freisinnigen Pascal Broulis (VD).
Die Lage der Milchproduzenten sei sehr schwierig, sagte Maillard. Jeden Tag, jede Woche gäben Bauern die Milchproduktion auf. Es gehe darum, dass die Zulagen tatsächlich ihnen zugute kämen und nicht dem Preisdumping beim Käseexport dienten.
«Zielführende Massnahme»
Werner Salzmann helfe, die Situation der Milchproduzentinnen und Milchproduzenten zu verbessern. «Milchzulagen sollen nicht dazu führen, dass billige Milch beschafft oder Pricedumping betrieben werden kann», führte er aus. Die Koppelung der Milchzulagen an die Richtpreise sei eine konkrete und zielführende Massnahme. «Sie berücksichtigt den Verwendungszweck, sei es für den inländischen Markt oder für den Export, und beeinträchtigt somit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Produktion auf den ausländischen Märkten eben nicht», sagte Salzmann weiter.
Wie Salzmann weiter ausführte, wendet die Branchenorganisation Milch zwei Kerngrössen für die Bildung der Milchpreise an. Die erste Kerngrösse ist der A-Richtpreis für Molkereimilch, die zu Käse für den inländischen Markt verarbeitet wird. «Die zweite Kerngrösse ist je nach Preislage auf den europäischen Märkten der B-Richtpreis respektive der Durchschnittspreis der europäischen Märkte inklusive der Zulage für verkäste Molkereimilch, die für den Export verarbeitet wird», so Salzmann weiter. «Die Motion Nicolet verlangt einzig die Einhaltung dieser zwei Kerngrössen für die Gewährung des Zuschlags für verkäste Milch», machte er deutlich. «Wenn wir auch künftig eine kleinbäuerliche und standortgerechte Milchproduktion wollen, müssen wir dafür sorgen, dass der an die Milchbauern bezahlte Preis steigt und die Kosten deckt», sagte Salzmann zu seinen Ratskollegen.
«Bauern doppelt bestraft»
Die Kommissionsmehrheit war gegen die Motion. Im Rahmen der Umsetzung der Motion müssten die Milchverwerter auch die für die verkäste Milch bezahlten Milchpreise melden, damit diese kontrolliert und anschliessend die Milchzulagen ausbezahlt werden könnten, sagte Kommissionssprecher Peter Hegglin (Mitte/ZG). «Zudem wären auch zusätzliche Kontrollen der Käsereien vor Ort nötig, um die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen», führte er weiter aus. Es fehle die notwendige Datenbasis. «Es käme zu zusätzlichen administrativen Aufgaben und Belastungen», warnte Hegglin.
Milchproduzenten drohten doppelt benachteiligt zu werden, falls der Bund zu viel bezahlte Zuschläge zurückfordere, führte er weiter aus. « Sollte der Bund nach Auszahlung feststellen, dass der Mindestpreis nicht eingehalten würde, müsste er die zu viel bezahlten Zuschläge von Milchproduzenten zurückfordern, obwohl sie bereits durch den zu tiefen Milchpreis finanziell benachteiligt wurden», sagte der Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM). Hegglin selbst hat der Motion zugestimmt. Ein derart «weitreichender staatlicher Eingriff» setze die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Käse zusätzlich unter Druck setzen, warnte Hegglin. Die Kommission anerkenne aber, dass es im Hinblick auf die Milchwirtschaft Handlungsbedarf gebe.
Auch der Bundesrat war gegen die Motion. Er befürchtete Umsetzungsprobleme, eine Rückkehr zu staatlich festgesetzten Milchpreisen und grossen administrativen Aufwand. Nun muss er einen Umsetzungsvorschlag machen.
«Zustand unhaltbar»
Die Motion von Jacques Nicolet (SVP/VD) fand in der Sommersession 2023 mit 106 zu 64 ( 15 Enthaltungen) eine klare Mehrheit. «Zugegebenermassen schränkt der Preis für das A-Segment die Wettbewerbsfähigkeit von Käse aus Molkereimilch bei der Ausfuhr ein. Aber es ist unhaltbar, dass der europäische Durchschnittspreis mit dem Zuschlag von 15 Rappen der einzige Mindestpreis für verkäste Milch darstellen soll», hält der Landwirt in seiner Motion fest. Er fordert deshalb:
- Für Molkereimilch, die zu Käse für den inländischen Markt verarbeitet wird, muss der Preis, einschliesslich der Zulage nach Artikel 38 LWG (15 Rp./kg)), demjenigen des A-Segments der BO Milch entsprechen
- Für Molkereimilch, die zu Käse für die Ausfuhr verarbeitet wird, muss der Preis dem Durchschnittspreis des Observatoriums für den europäischen Markt entsprechen, zuzüglich der Zulage nach Artikel 38 LWG (15 Rp./kg).
- Für Milch, die zu Käse verarbeitet wird und aus einer Produktion ohne Silagefütterung stammt und für die die Zulage von 3 Rappen nach Artikel 39 LWG beansprucht werden kann, muss der Mindestpreis den Milchpreisempfehlungen der Branchenorganisationen, einschliesslich der Zulagen nach den Artikeln 38 und 39 LWG, entsprechen.
- Für Milch, die zu Käse verarbeitet wird, aus einer Produktion ohne Silagefütterung stammt und für die die Zulage von 3 Rappen nach Artikel 39 LWG beansprucht werden kann, muss, wenn es keine Empfehlungen der Branchenorganisationen gibt, der Mindestpreis, einschliesslich der Zulage nach Artikel 38, dem Preis des A-Segments der BO Milch entsprechen, zuzüglich der Zulage nach Artikel 39.
- Fehlen Richtpreise und Empfehlungen, so legt der Bundesrat den Mindestpreis für die entsprechende Milch fest.
- Der Bundesrat stellt sicher, dass den Produzentinnen und Produzenten jedes Jahr der Preis für die gesamte Menge an verkäster Milch und für jeden Abnehmer ausbezahlt wird.
Landwirtschaftsgesetz (LWG)
Artikel 38: Zulage für verkäste Milch
1) Für die Verkehrsmilch, die zu Käse verarbeitet wird, kann der Bund eine Zulage an die Produzenten und Produzentinnen ausrichten.
2) Die Zulage beträgt 15 Rappen abzüglich des Betrags der Zulage für Verkehrsmilch nach Artikel 40. Der Bundesrat legt die Voraussetzungen für die Ausrichtung der Zulage fest. Er kann Käse mit geringem Fettgehalt von der Zulage ausschliessen.
3) Er kann die Höhe der Zulage unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung anpassen.
Art. 39 Zulage für Fütterung ohne Silage
1) Für Milch, die zu Käse verarbeitet wird und aus einer Produktion ohne Silagefütterung stammt, wird den Produzenten und Produzentinnen eine Zulage entrichtet.
2) Der Bundesrat legt die Höhe der Zulage, die Voraussetzungen und die Festigkeitsstufen der Käse sowie die Käsesorten, die zu einer Zulage berechtigen, fest. Er kann Käse mit geringem Fettgehalt von der Zulage ausschliessen.
3) Die Zulage wird auf 3 Rappen festgesetzt. Der Bundesrat kann die Höhe der Zulage unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung anpassen.
Art. 40 Zulage für Verkehrsmilch
1) Für die Verkehrsmilch kann der Bund eine Zulage an die Produzenten und Produzentinnen ausrichten.
2) Der Bundesrat legt die Höhe der Zulage und die Voraussetzungen fest.
3) Die Branchenorganisationen können für die Verwendung der Zulage nach Absatz 1 kollektive Selbsthilfemassnahmen treffen.