Die Eingangstüre hat wegen einer kürzlichen Lappalie beim Rückwärtsfahren einen Knacks. Dahinter öffnet sich der Raum zum Mut und Unternehmertum der Familie Aeberhardt. Man kann davon ausgehen, dass jedem Besucher kurz der Mund offen geblieben ist. Doch der Reihe nach.
Beginn mit Laufstall
«Eigentlich wollten wir nur einen Milchviehstall bauen», erklät Samuel Aeberhardt am Küchentisch. Im denkmalgeschützten Weiler Vielbringen bei Kirchberg nahe Burgdorf BE führt die Familie Aeberhardt einen 20 Hektar grossen Mischbetrieb mit Ackerbau und Milchwirtschaft. Als Samuel und Vanessa Aeberhardt-Capelli den Betrieb übernommen haben, war wegen der Stallmasse ein Um- oder Neubau des Milchviehbereiches nötig.
Als Erstes entstand deshalb ein Laufstall für 75 Milchkühe, ausgestattet mit einem Melkroboter und einer Solaranlage auf dem Dach. Der Platz im Stall reichte auch für die Kühe des befreundeten Betriebs von Philippe Savary aus Wynigen BE, wenige Dörfer entfernt. Man war grundsätzlich zufrieden, da es mit dem BZG-Partner Savary auch sehr gut harmonierte und die persönlichen Interessen sich gut ergänzten.
Biogas für Stadt
Was jetzt kommt, hat niemand kommen sehen. Die Energiewirt GmbH kommt während der Bauphase auf Aeberhardts zu, mit der Idee, auf dem Hof Biogas für die nahe gelegene Stadt Burgdorf zu erzeugen. Die Idee wird auf Herz und Nieren geprüft und für gut befunden. So wurde innert kürzester Zeit auch eine Haral-Kleinbiogasanlage erstellt. Mit dem Biogas der Hofgemeinschaft Aeberhardt und Savary aus Kirchberg BE werden rund 20 Prozent des Gasbedarfs der stadteigenen Liegenschaften Burgdorfs abgedeckt.
Die Aufbereitungsanlage auf dem Hof speist ins Gasnetz ein.
Daniel Hasler
Die Biogas-Aufbereitungs- und -Einspeiseanlage wird von Energiewirt GmbH finanziert und betrieben. Aeberhardts werden für das Rohgas entschädigt. Als Substrat dient die Gülle und der Mist der Milchviehherde und Nebenprodukte aus der nahegelegenen Kunz-Kunath-Futtermühle in Burgdorf.
Heizzentrale
Diese Biogasanlage ist als einzige ihrer Art auf einem landwirtschaftlichen Betrieb direkt ans Gasnetz angebunden und zeigt das Potenzial kleiner, erneuerbarer Energiequellen auf. Doch die Biogaseinspeisung ist nicht alles. Durch die Tätigkeit als Gemeinderätin bringt Vanessa die zündende Idee nach Hause, was im bestehenden Stall entstehen soll. «Ich kam zurück und habe gesagt: Sämu, das müssen wir machen.» Die Rede ist von einer Heizzentrale auf dem Betrieb für das nahe gelegene Quartier mit Holzschnitzeln.
Die Heizzentrale ist im alten Milchviehstall eingerichtet.
Daniel Hasler
Wiederum wird alles geprüft, scharf gerechnet und sich mit Samuels Bruder auch ein Baufachmann ins Team geholt. Und der Bau beginnt, da sind die Bagger noch gar nicht kalt von den vorherigen Baumassnahmen. Und nun steht sie: die mehr als eindrückliche Heizzentrale, wie gesagt mit dem Knacks in der Türe, unter dem Boden im und vor dem Bauernhaus. Aktuell läuft der erste Ofen mit 1,2 Megawatt Heizleistung.
Ah ja: Die Solaranlage auf dem Stall versorgt nicht nur den Eigenbedarf des Hofes – inklusive Kuhstall, Biogasanlage, Heizzentrale und Wohnhaus – sondern speist überschüssigen Strom ins lokale Netz.
Hohe Wertschöpfung
Durch den Verkauf von Wärme, Biogas und Strom ist die Familie Aeberhardt in einem zukunftsweisenden Umfeld tätig. Langfristige Lieferverträge sorgen für Stabilität und ermöglichen die Refinanzierung der Anlagen. Ein durchdachtes Marketing schafft Nähe zu den Kunden und trägt massgeblich zur Energiewende bei. Das sind für die Preis-Jury um Bendicht Hauswirth massgebende Punkte. Daneben beeindrucke die unglaubliche Familienleistung. Der Spezialpreis wird vom Schweizerischen Landmaschinenverband (SLV) gestiftet. Er ist mit 5000 Franken dotiert. Bei der Bewertung steht der neuartige oder innovative Einsatz von Landmaschinen im Vordergrund.
Sieger Spezialpreis SLV: Samuel und Vanessa Aeberhardt-Capelli aus Kirchberg BE für ihre hofeigene Produktion von nachhaltiger Energie (Biogasanlage, Heizzentrale, Solaranlage).
Anja Tschannen
Aeberhardts sind dankbar für die zahlreichen helfenden Hände. «Ohne unsere verlässlichen und offenen Partner wäre das nicht möglich gewesen», sagt Vanessa Aeberhardt. Denn insbesondere die Finanzierungen waren weitreichende Entscheidungen. Und wer sich etwas auskennt, wird sich beim Lesen dieses Artikels schon gedacht haben: Das wird raumplanerisch ein Höllenritt gewesen sein. «Natürlich», sagt sie und erzählt die Anekdoten von der Farbe der Hochsilos oder dass wegen ihnen nun das eine oder andere Merkblatt überarbeitet werde. Denn dieses Kraftwerk mit Landwirtschaftsbetrieb in Kirchberg BE gibt es kein zweites Mal.
Den Artikel zuerst lesen und dann kommentieren ist von Vorteil.....
Stall ist eine THG= halbe investition,
Biogas wurde von Energiewirt finanziert wird durch Landwirt betreut.
Fernwärme zusammen mit dem Bruder realisiert
Ist immer noch eine gewaltige Investition aber ohne Baulandverkauf möglich!