Durch die rund 38’500 Einwohner zählende Kantonshauptstadt fliesst die Saane. Der Fluss wird gemeinhin auch als Röstigraben bezeichnet. Doch in Freiburg schmelzen Sprache und Kultur ineinander. Und diese Brückenbauerfunktion lebt auch ein Bioladen im Norden der Stadt, im Jura-Quartier, vor. Er verbindet Konsumenten und Produzenten. Und anders als üblich: Bei Bio26 waren es Landwirtinnen und Landwirte, die die Initiative ergriffen und einen Laden eröffneten. Aber der Reihe nach.
Pandemie als Auslöser
Urs Gfeller bewirtschaftet in Sédeilles VD einen 13 Hektaren grossen Biobetrieb. Der Gemüsegärtner verkauft seine Produkte direkt im Hofladen und auf dem Markt in Freiburg. Bereits 2011 hatte er gemeinsam mit Berufskollegen mit «Vitrine Bio Fribourg» eine Idee, wie Bauern ihre Produkte in einem Laden verkaufen könnten. «Doch damals war die Zeit noch nicht reif», sagt der zweisprachige Gfeller. Am 23. März 2020 sollte sich das ändern.
Denn damals hat der Bundesrat wegen der Coronapandemie die Wochenmärkte verboten. «Das empfand ich als unfair. Umso mehr, als die Detailhändler ihre Supermärkte weiterhin betreiben durften», erzählt Gfeller. Die Idee eines eigenen Ladens war wieder präsent. Er sprach mit sechs Kollegen und konnte sie für seine Idee überzeugen. Nun begann die Detailarbeit. Während mehrerer Monate feilten sie am Konzept. Im Herbst 2021 hatten die sieben Bauern ihre Arbeit beendet. Sie gründeten eine Genossenschaft.
Lokal und nachhaltig
Das Konzept sieht vor, dass die Bauern ihre Waren in unmittelbarer Nähe der Kunden anbieten – also in einem Hofladen in der Stadt. Die Produzenten müssen zudem die Biorichtlinien einhalten. Und der Betrieb muss in der Telefonvorwahl 026 beheimatet sein. «Wir wollen möglichst lokal und nachhaltig am Markt auftreten. So heben wir uns ab», erklärt Gfeller die Philosophie. Hersteller, die verarbeitete Produkte wie Teigwaren liefern, müssen die Rohstoffe auch aus der Region 026 beziehen. Dann begann die Suche nach einer Lokalität. «Wir strebten eine Miete an. So hätten wir nicht allzu viel Startkapital benötigt», sagt der 50-Jährige. Doch dann bot sich eine gute Gelegenheit.
An der Route du Jura wurde ein Geschäft zum Verkauf angeboten. Die rund 270 Quadratmeter entsprachen den Vorstellungen der Gründer vollumfänglich. Das grosse Hindernis: Das Lokal kostete rund 1 Million Franken. Das war für die Bauern eindeutig ein zu hoher Betrag. Die Freie Gemeinschaftsbank aus Basel sicherte ihnen zwar einen Kredit von 700’000 Franken zu. Die 300’000 Franken Eigenmittel mussten sie bis Ende 2021 auftreiben. Dazu organisierten die Biobauern im Dezember 2021 eine spezielle Aktion.
Sie wandten sich an die Bewohnerinnen und Bewohner aus der Stadt Freiburg. Diese konnten als Genossenschafter am Projekt teilhaben. «Wir erwarteten für unseren Infoabend 30 bis maximal 50 Interessierte. Insgesamt sind 130 Personen erschienen. Das hätten wir nie erwartet», führt Gfeller aus. Innerhalb von zwei Wochen hatten sie das Geld zusammen. Der Vertrag mit der Bank konnten sie nun unterzeichnen.
Bauern haben Mehrheit
Das Interesse am Projekt war aber weiterhin sehr gross. Über Anteilsscheine kam weiteres Kapital zusammen. Das Geld investierte die Genossenschaft in den Umbau des Geschäfts. «Dank dieses Geldes benötigten wir keinen Kredit», sagt der Gemüseproduzent. Auch Verbände wollten sich beteiligen. Gfeller winkte ab: «Wir wollten unabhängig bleiben.» 2022 erfolgte der Umbau. Am 16. Dezember 2022 erreichte das Projekt «Bio26» einen ersten grossen Höhepunkt – die Eröffnung des Ladens. Heute zählt die Genossenschaft rund 400 Mitglieder, davon 55 Produzenten aus den Kantonen Freiburg und Waadt. «Wir haben uns so konstituiert, dass im Vorstand die Bauern die Mehrheit haben», erklärt Urs Gfeller.
Das Sortiment umfasst sechs grosse Produktgruppen: Fleisch und Fisch, Käse und Milchprodukte, Brot und Getreide, Früchte und Gemüse, verarbeitete Produkte und Getränke. Jeder Bereich wird von einem Landwirt geleitet. Er koordiniert, welcher Produzent welche Kulturen anbaut oder wann ein Tier geschlachtet wird. Die Preisgestaltung funktioniert auch anders als üblich. Die Produzenten machen einen Vorschlag, wie viel das Produkt im Laden kosten soll. Falls nötig, wird darüber diskutiert und der Preis festgelegt. Das Ziel: Die Landwirte erzielen einen fairen Verdienst. Vom Verkaufspreis gehen 30 Prozent an den Laden. Mit dieser Marge werden die Löhne der sieben Angestellten finanziert und die Hypothek amortisiert.
Verbindung herstellen
Auffallend ist, dass die Frischprodukte wie Salat oder Kartoffeln im Bio26 nicht mehr kosten als bei den grossen Detailhändlern. Bei den verarbeiteten Produkten liegt das Preisniveau höher. «Unsere Verarbeiter produzieren kleine Chargen – meist in Handarbeit», sagt Gfeller. Die Produzenten haben auch Verpflichtungen, zum Beispiel müssen sie mehrmals persönlich im Laden sein. «Wir wollen und müssen unserer Kundschaft erklären, wie wir produzieren und wie die Preissetzung erfolgt. So stärken wir die Kundenbindung», sagt der Genossenschaftspräsident.
«Die Brückenbauerfunktion ist ein zentrales Element von Bio26», hält Helene Zenhäusern fest. Sie ist im Vorstand der Genossenschaft und für die Kommunikation zuständig. Zenhäusern ist selbst keine Bäuerin, kennt die Welt und die Arbeit der Landwirtschaft aber als Enkelin von Landwirten sehr gut. Sie stiess als Konsumentin zum Projekt. «Unser Lebensstil sorgt dafür, dass viele Konsumierende die Verbindung zu jenen, die ihre Lebensmittel herstellen, verloren haben, und diese Verbindung wollen wir wieder herstellen», sagt die 41-Jährige.
Im Verkaufslokal ist zudem eine Teigwarenmanufaktur sowie ein Bistro, dass auch Menüs anbietet, untergebracht. Letzteres habe sich zu einem Quartiertreff gemausert und bringe Kunden in den Laden. «Für die Küche verwenden wir ausschliesslich Produkte aus dem Laden. So können wir auch unverkaufte Produkte verwerten und damit Food Waste verhindern», fährt sie fort.
600 Produkte
Das Sortiment umfasst derzeit rund 600 Produkte. «Das zeigt schön auf, wie vielfältig die lokale Landwirtschaft ist», sagt Helene Zenhäusern. Die Sortimentsgestaltung wird derzeit noch optimiert. Der Ladenchef und auch die Kundschaft haben noch einige Wünsche. Diese gelte es so gut wie möglich zu erfüllen, führt sie aus. «Es wäre super, wenn wir mehr Früchte anbieten könnten, und auch bei den Hülsenfrüchten suchen wir noch Produzierende. Bei den Milchprodukten hingegen haben wir derzeit keinen Bedarf», sagt Zenhäusern.
Beim Businessplan ist die Genossenschaft fast im Soll. Die angestrebte Umsatzmillion dürfte nicht ganz erreicht werden. «Wir haben unsere Prozesse angepasst. Zu Beginn hatten wir zu viele Angestellte. In der Zwischenzeit sind wir aber nun auf Kurs», erklärt Urs Gfeller. Die beiden hoffen, dass möglichst viele Landwirtinnen und Landwirte ihr Konzept kopieren. Sollten sie den Agropreis gewinnen, würden sie einen Teil des Preisgelds in die Aussengestaltung des Ladens investieren. «Wir brauchen ein richtiges Ladenschild, damit man uns besser wahrnimmt», sagen die beiden lächelnd.
Jetzt sind Sie an der Reihe. Geben Sie Ihrem Favoriten die Stimme, Das Projekt mit den meisten Stimmen erhält bei der Agropreis-Verleihung am 2. November den Leserpreis von «Schweizer Bauer» und «Terre&Nature» in der Höhe von 3000 Franken. Und mit ein ein wenig Glück gewinnen Sie einen Reisegutschein oder ein Abonnement des «Schweizer Bauer Magazin».
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Un magasin (et bistrot) où tout est bio et régional, c'est génial !