Bei der Frage des Ständemehrs fiel die Zustimmung relativ knapp aus: Mit 232 zu 189 Stimmen entschieden die Delegierten, dass das einfache Volksmehr ausreichen soll. Hinter das EU-Paket stellte sich eine klare Dreiviertel-Mehrheit: mit 330 Ja- und 104 Nein-Stimmen.
Zuvor hatten Befürworter und Gegner in einer mehrstündigen Debatte die Klingen gekreuzt. Die Weiterführung des bilateralen Wegs sei keine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit, sagte etwa der Solothurner Nationalrat und Unternehmer Simon Michel.
Die FDP habe 2022 einen Forderungskatalog für die Verhandlungen mit der EU erstellt, sagte der Neuenburger Nationalrat und Fraktionschef Damien Cottier. Die Forderungen seien erfüllt.
Die Gegner warnten vor den Verträgen. Eine Annahme könnte die Beziehungen zur EU zwar zunächst stabilisieren, sagte der Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger. Doch danach drohe eine Bürokratisierung. Zudem würden das Parlament und die Volksrechte geschwächt.
Der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen warnte davor, sich «unumkehrbar» an die EU zu binden. Im Moment gebe es zwar Probleme mit den USA, doch «Washington hat ein Ablaufdatum». Bei den EU-Verträgen sehe das anders aus.
Cassis: Direkte Demokratie bleibt
Bundesrat Ignazio Cassis warb eindringlich für das ausgehandelte Paket. Ohne neue Abkommen laufe der bilaterale Weg aus. Dann verlöre die Schweiz schrittweise ihren privilegierten Zugang zum europäischen Binnenmarkt.
Das Paket stärke die Unabhängigkeit, denn nur ein wirtschaftlich starkes Land könne souverän bleiben. «Und ganz wichtig: Unsere direkte Demokratie bleibt erhalten.»
Mehr als hundert Wortmeldungen waren im Vorfeld angekündigt worden. Entsprechend lange zog sich die Debatte im Stadion Wankdorf hin. Sie verlief leidenschaftlich, aber nie gehässig. Nationalrat Simon Michel bat gar öffentlich Johann Schneider-Ammann um Entschuldigung, weil er den alt Bundesrat auf der Plattform Linkedin hart kritisiert hatte: «Ich war verletzend und respektlos.»
Kein Ständemehr
Kein Gehör hatte die Mehrheit für die Forderung, die Verträge freiwillig dem Ständemehr zu unterstellen. Die Rechtslage sei klar, sagte der Zuger Ständerat Matthias Michel. Es brauche kein doppeltes Mehr, und es dürfe nicht sein, dass das Parlament die Bestimmungen der Bundesverfassung aus politischen Gründen übersteuere.
Ähnlich äusserte sich die Waadtländer Regierungspräsidentin Christelle Luisier. Die Kantone hätten bereits eine Stimme: Sie könnten sich in der Konferenz der Kantonsregierungen äussern.
Die Schwyzer Ständerätin Petra Gössi warb vergeblich für das doppelte Mehr von Volk und Ständen. Auch die Stimmen aus kleinen und ländlichen Regionen sollten Gewicht haben, sagte sie. Zudem berührten die Vertrage fundamentale Verfassungswerte.
Der scheidende Parteipräsident Thierry Burkart betonte, die Delegierten hätten am Samstag lediglich festgelegt, wie sich die FDP in der Vernehmlassung zu den EU-Verträgen positionieren solle. Die endgültige Position werde die Partei an einer Delegiertenversammlung vor der Volksabstimmung festlegen.
Neue Führung
Die FDP hat seit Samstag erstmals ein Co-Präsidium. Die Delegierten wählten die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und den Glarner Ständerat Benjamin Mühlemann. Sie waren die einzigen Kandidierenden. Thierry Burkart wurde nach vier Jahren als Präsident verabschiedet.
Zum Zahlen sind wir dann gut genug, zu sagen haben wir nichts mehr!