In der Tierhaltung sollen keine Antibiotika mehr eingesetzt, dafür die Tiere geimpft und robuster gezüchtet werden. Das wollen Experten des Bundes. Schweinehalter, Kälbermäster und der Tierschutz schütteln den Kopf.
Die Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit fordert in einem Strategiepapier einen generellen Stopp für Antibiotika in der Lebensmittelproduktion. Auch will sie Subventionen von der Abwesenheit resistenter Keime in Ställen abhängig machen. Als weitere Massnahmen führt sie konsequenteres Impfen, die Zucht robuster Tierarten, gesunde Haltungsformen sowie den Verzicht auf die Durchmischung von Beständen auf. Nach einem Antibiotikaeinsatz müsse die Gülle vor dem Ausbringen untersucht werden. Um den Wandel zu beschleunigen, soll ein Label für eine Antibiotika-freie Fleischproduktion geschaffen werden.
Breiter Widerstand
Gegen diese Vorschläge regt sich auf breiter Front Widerstand. Bauernverbandspräsident Markus Ritter bezeichnet sie als nicht praxistauglich: «Es kann und darf nicht sein, dass eine Kuh mit einer Gebärmutterentzündung, die sich krümmt vor Leid, nicht mehr wirksam behandelt werden kann.» Statt eines Verbots sieht Ritter die Lösung in einem sorgfältigen Einsatz von Antibiotika.
«Ein Verbot ist nicht möglich. Wir können unsere Tiere nicht leiden lassen», findet auch Samuel Graber, Präsident des Kälbermäster-Verbandes. «Trotz Komplementärmedizin geht es nicht ohne Antibiotika.» Es sei eine Illusion, dass jeder nur seine eigenen Tiere mäste, findet Graber: «Dies auch aufgrund des wirtschaftlichen Druckes.» Meinrad Pfister, Präsident der Schweineproduzenten-Organisation Suisseporcs, hält die Empfehlungen der Experten gar für «stupid und realitätsfremd».
Wunschdenken
Auch für Hansuli Huber vom Schweizer Tierschutz ist eine antibiotikafreie Landwirtschaft Wunschdenken: «Das würde auf Kosten einer wirksamen Behandlung kranker Tiere gehen.» Es brauche praktikable Massnahmen zur Antibiotikareduktion. Dabei dürfe man sich nicht nur auf die Landwirtschaft beschränken.
Tatsächlich ging der Verkauf von Antibiotika für Tiere in den letzten Jahren zurück. Trotzdem haben sich multiresistente Keime ausgebreitet. Huber verlangt nun, dass abgeklärt wird, auf welchem Weg das geschah.
Sogar das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen ist überrascht von den Forderungen der Kommission. «Der Bericht liegt uns weder vor noch war uns bekannt, dass er erarbeitet wird», beteuert Nathalie Rochat. «Im Veterinärbereich ist die nationale Datenbank, über die das Parlament bald entscheiden wird, ein zentrales Instrument für die Resistenzbekämpfung.»