Krähen gewöhnen sich sehr schnell an Vogelscheuchen und andere Vorrichtungen, die sie von den neu bestellten Feldern fernhalten sollen. Die Luzerner SVP-Kantonsrätin Sandra Meyer-Huwyler so letztes Jahr ihre ganze Aussaat an die Krähen verloren. Die Abwehrmassnahmen gegen Krähen sind aber schwierig. Die Luzerner Kantonsregierung erwägt deshalb Entschädigungszahlungen zu leisten, berichtet die «Luzerner Zeitung».
Demnächst steht die Bestellung der Maisfelder an. Bis vor wenigen Jahren wurden die Maiskörner mit einem Beizmittel vor Vogelfrass geschützt. Die Bewilligung von Mesurol mit dem Wirkstoff Methiocarb lief in der Schweiz im Juni 2020 aus.
Deshalb drohen, so wie letztes Jahr, auch heuer wieder grosse Schäden durch Raben- und Saatkrähen. In kurzer Zeit können diese Krähen ganze Felder leer picken. Die Neusaat ist mit Kosten von bis zu 1'000 Franken pro Hektare verbunden.
SVP-Kantonsrätin sucht nach Antworten
Die SVP-Kantonsrätin aus Hitzkirch LU ist eine der leidtragenden Landwirtin. Innerhalb zweier Tage sei ihr 1,2 Hektaren grosse Acker letztes Jahr leergepickt gewesen. Sandra Meyer-Huwyler hat die Luzerner Regierung deshalb um Antworten gebeten, zu den angerichteten Schäden und den möglichen Bekämpfungsmassnahmen. Der Kanton bestätigt die Zunahme der Schäden. Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) einen Anstieg von Meldungen über Krähenschäden festgestellt.
Dieser Anstieg sei insbesondere im Frühling während der Keimphase des Maises und der Sonnenblumen erfolgt. «Diese Zunahme der Schadenmeldungen ist weniger durch einen Populationsanstieg von Saat- oder Rabenkrähen begründet, sondern auf das Verbot des Beizmittels «Mesurol» zurückzuführen», schreibt die Regierung.
Antworten des Kantons Luzern –
Gemäss der Luzerner Regierung hat der Rabenkrähenbestand bis vor 20 Jahren schweizweit stetig zugenommen. Seit den 2000er-Jahren stabilisiert er sich, so auch in Luzern. Bei der Saatkrähe begann die Besiedelung im Mittelland erst in den 1990er-Jahren. Die Bestände nehmen schweizweit zu, im Kanton Luzern gibt es gemäss Regierung eine Plafonierung.
Da gegen schadenstiftende Krähen Selbsthilfemassnahmen getroffen werden können, werden gemäss der Luzerner Jagdgesetzgebung Krähenschäden nicht vergütet. «Deshalb werden die meisten Schäden gar nicht erst gemeldet und es erfolgt auch keine systematische Erfassung der Fälle», antwortet die Regierung.
Für die Schäden sind gemäss Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) meist Rabenkrähen hauptverantwortlich. «Relevante Schäden können dabei fast nur durch die nichtbrütenden Schwärme verursacht werden, während brütende Rabenkrähenpaare eher zur Schadenminderung beitragen», heisst es in der Antwort des Kantons. Da die Saatkrähe in Kolonien brütet und sich die Nichtbrüter ebenfalls in diesen Kolonien aufhalten, könne bei dieser Art nicht unterschieden werden, welche Vögel für welche Schäden verantwortlich seien.
Gemäss lawa gibt es verschiedene wirksame Abwehrmassnahmen wie zum Beispiel Greifvogelattrappen, Drachen, künstliche Rupfung, akustische Vergrämung oder Gaskanonen. «Erfahrungsgemäss braucht es für ein erfolgreiches Verscheuchen in den meisten Fällen eine Kombination von mindestens zwei verschiedenen Methoden», heisst es weiter. Entscheidend seien dabei die korrekte Ausführung sowie die Wahl des richtigen Zeitpunkts. Zudem könnten die Vögel bejagt werden. Die Regulation der Saat- und Rabenkrähe sei von August bis Mitte Februar uneingeschränkt möglich.
Hier sind die ausführlichen Antworten der Luzerner Kantonsregierung.
Insgesamt seien die Antworten für sie jedoch nicht zufriedenstellend gewesen, schreibt die «Luzerner Zeitung». Meyer-Huwyler erwägt nun die Problematik mit einem Postulat für dringlicher zu erklären. «Bis jetzt ist leider keine Lösung in Sicht», sagte sie.
Entschädigungszahlung ist eine Option
Entschädigungszahlungen seien für Meyer-Huwyler wohl schon eine Option. Sie ist sich aber bewusst, dass solche Zahlungen das eigentliche Problem nicht lösen würden. Laut dem stellvertretenden Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes seien solche Zahlungen jedoch nicht auszuschliessen. «Wir hoffen auf eine Lösung ab 2024. Entschädigungen sind für uns sehr gut vorstellbar», erklärte Raphael Felder der «Luzerner Zeitung».
Das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern habe das Thema «Schadenersatz bei Wildschäden» auf die Agenda gesetzt. Dies in Zusammenhang mit der Revision des Jagdgesetzes, das in den nächsten Jahren anstehen würde.
Vogelscheuchen wirken nur kurzfristig
Schadenersatz – so wie im Fall von Frau Meyer-Huwyler – sei deshalb ein Thema, weil Abwehrmassnahmen gegen Krähen schwierig seien. Krähen sind intelligente Tiere, die sich sehr schnell an Abwehrmassnahmen, wie Vogelscheuchen oder akustische Signale gewöhnen würden. Auch im Folgejahr würden sich die Krähen noch an die Vergrämungsmassnahmen erinnern. Eine andere Massnahme sei der Abschuss von Krähen. Zurzeit werden pro Jahr etwa 10% des Bestandes der Rabenkrähen geschossen.
Auch Wissenschaft sucht nach Lösungen
Bemühungen sind im Gang, das Problem auf andere Weise zu lösen. So sucht das landwirtschaftliche Kompetenzzentrum Agroscope nach tierschonenden Massnahmen, um die Krähen von den Feldern fernzuhalten. Die Forschungsanstalt untersucht gemeinsam mit Ornithologen das Verhalten von Rabenvögeln. Ziel der 2022 lancierten Studie ist es, die von den Vögeln verursachten Schäden an Sonnenblumen- und Maiskulturen zu reduzieren.
In einem ersten Schritt sollen die Bewegungsökologie und das Fressverhalten der Vögel untersucht werden, um zu verstehen, wie räumliche Faktoren das Risiko von Schäden in einer Parzelle beeinflussen. Gleichzeitig untersucht Agroscope die Nahrungsvorlieben der Vögel, um Lösungen in Form von abweisenden Saatgutbeschichtungen zu finden, die weder für Tiere noch für die Umwelt giftig sind. Auch die Wirksamkeit von Untersaaten, die den Zugang zu Samen oder Keimlingen während des sensiblen Stadiums einschränken, werden getestet.
Saatgutfirmen forschen gemäss Luzerner Zeitung an neuen Beizmitteln, die die Krähen vom Fressen der Körner abhalten sollen.
Schadenprävention
Landwirtschaftliche Kulturen wirken insbesondere in der Keimphase äusserst anziehend auf Saat- und Rabenkrähen. Die Vögel erkennen sofort, dass die Keimlinge in regelmässigen Abständen entlang der Saatreihen zu finden sind und können so in kurzer Zeit für grosse Schäden sorgen. Wie diese Schäden wirkungsvoll und gesetzeskonform vermindert werden können, zeigt das Merkblatt des Kantons Luzern.
Abwehrmassnamen
Natürliche Feinde, Vogelscheuchen: Das Vortäuschen der Anwesenheit von natürlichen Feinden (Habicht, Uhu) hat sich als effizient erwiesen, heisst es im Merkblatt.
Rupfbild: Durch das Anlegen von Rupfungen wird die Präsenz eines natürlichen Feindes der Krähen (Habicht) vorgetäuscht. Durch das Einstecken einiger grosser Flügel- und Schwanzfedern werden diese nicht verweht und gleichzeitig wird das gerupfte Kleingefieder weniger rasch verweht.
Greifvogelattrappen: Mit winddrachenähnlichen Greifvogelattrappen, welche an hohen Teleskopstangen flattern, konnten teilweise sehr gute Erfolge über 2 bis 3 Wochen erzielt werden.
Akustische Vergrämung: Durch das regelmässige Abspielen von Alarmrufen verschiedener Vögel wird die Präsenz von Beutegreifern (Habicht, Fuchs etc.) vorgetäuscht, wodurch die Krähen gewarnt werden und die Flucht ergreifen.
Problem gelöst.