Wer einen Bauernhof übernimmt, der weiss, dass viel Arbeit auf ihn wartet. Deshalb wählen immer mehr junge Menschen einen Bürojob. Die Masterstudentin Martina Graf erstellte ehrliche Filmporträts von Jungbauern.
«Schweizer Bauer»: Sie porträtierten drei Junglandwirte. Einen aus Serbien, einer aus der Slowakei und einer aus der Schweiz. Was wollen Sie mit Ihrem Film zeigen?
Martina Graf: Es handelt sich um ein kleines studentisches Filmprojekt. Es zielt darauf ab, einen möglichst echten Einblick in das Leben eines jungen Bauern zu ermöglichen. Es soll junge Menschen motivieren, Bauer zu werden. Denn global gesehen, geht den Bauern der Nachwuchs aus.
Sie wollen also Menschen motivieren, Landwirt zu werden?
Unser Projekt verfolgt zwei Ziele. Einerseits soll es junge Menschen ermuntern, Landwirt zu werden. Andererseits soll es ein Zeitdokument sein. Es soll zeigen, dass es die jungen Bauern noch gibt und dass sie ihren Beruf lieben.
Sie gehen also davon aus, dass den Bauern der Nachwuchs ausgeht?
Ja, leider kämpft die Branche mit diesem Problem. Die jungen Menschen wollen lieber einen Bürojob, bei dem man nicht schmutzig wird und man auch Ferien machen kann. Das, obschon insbesondere in der Slowakei und in Serbien die Arbeitslosigkeit hoch ist und es Arbeit in der Landwirtschaft gäbe. Ich wollte Bauern zeigen, welche sich für den nicht ganz einfachen Weg entschieden haben, Bauern, die eine gewisse Power an den Tag legen, welche eine Vision haben und mit der Natur arbeiten wollen. Ich meldete mein Projekt bei der Mercator Stiftung Schweiz an. So erhielt ich finanzielle Unterstützung.
Zur Person
Martina Graf absolviert zurzeit ein Masterstudium für nachhaltige Produktionssysteme in der Landwirtschaft an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen. Gleichzeitig arbeitet sie dort als Assistentin und koordiniert das globale Netzwerk Young Professionals in Agricultural Research for Development (YPARD) in Europa. Das Filmprojekt setzte sie in ihrer Freizeit um. det
Weshalb wählten Sie gerade diese drei Länder?
Einerseits wollten wir nicht nur Länder, welche agrarpolitisch stabil sind und in denen es den Bauern finanziell mehrheitlich gut geht. Wir wählten auch nicht nur Länder, die der Europäischen Union angehören. Auf der Suche nach möglichen Kandidaten mussten wir feststellen, wie schwer es ist, solche junge Bauern zu finden. So ergab es sich, dass ich in Serbien und der Slowakei dank meiner Beziehungen zwei Bauern fand, welche bei unserem Projekt mitmachen wollten. Dass auch ein Schweizer dabei ist, liegt auf der Hand. Und mehr als drei Porträts lagen weder zeitlich noch finanziell drin. Schliesslich machte ich die Filme in meiner Freizeit.
Welche Unterschiede treten punkto Voraussetzungen zwischen den Ländern auf?
In der Schweiz haben wir stabile agrarpolitische Rahmenbedingungen. Zudem dürfen die Bauern auf Starthilfegelder und Direktzahlungen zählen. In Slowenien unterstützt die EU zwar die Bauern, doch ist diese Unterstützung deutlich geringer. In Serbien wiederum kommt es einem vor, als sei die Politik darum bemüht, den Bauern möglichst viele Steine in den Weg zu legen. Was die Einstiegsmöglichkeit angeht, sind die Voraussetzungen in der Schweiz wohl am schlechtesten. Denn hat man in der Schweiz keinen Hof in der Familie, ist es bekanntlich sehr schwer, einen zu finden. In der Slowakei wiederum kämpfen die jungen Bauern damit, dass das Agrarland vor allem von Grosskonzernen zusammengekauft wird. Jungbauern haben also kaum Chancen auf einen eigenen Hof.
Konnten Sie auch unterschiedliche Beweggründe, Bauer zu werden, feststellen?
In allen Ländern übernehmen viele junge Landwirte den elterlichen Betrieb, weil es die Tradition will. Viele entscheiden sich aber auch sehr bewusst für die Landwirtschaft.
Welche Rolle spielt der Arbeitsverdienst?
Wer Bauer wird, der tut dies nicht, weil er viel Geld verdienen will. Denn egal ob in der Schweiz, der Slowakei oder Serbien, mit Geldproblemen kämpfen alle. Entscheidend aber ist, ob die jungen Bauern davon überzeugt sind, dass sie mit dem Verdienst eine Familie ernähren können.
Filmpremiere
Am Dienstag, den 1. Oktober, werden die drei Kurzporträts-Filme um 19.30 Uhr an der Hochschule HAFL in Zollikofen erstmals gezeigt. Anschliessend findet eine öffentliche Podiumsdiskussion statt. Teilnehmer sind Urs Schneider, stellvertretender Direktor SBV, Hans-Ueli Rüegsegger, Junglandwirtepräsident, und Christoph Kappeler, der im Film porträtierte Junglandwirt der Schweiz. det
Auch in der Schweiz beklagt man, es gebe künftig zu wenige Hofnachfolger. Die Nachfrage nach Landwirtschaftsbetrieben ist aber nach wie vor extrem hoch. Macht man da nicht aus etwas ein Problem, das keines ist?
Ich würde es nicht als Problem bezeichnen. Wir müssen aber aufpassen, dass es keines wird. In der EU sind nur gerade sechs Prozent der Landwirte weniger als 35 Jahre alt. Hingegen sind mehr als ein Drittel über 65 Jahre alt.
In der Werbung und in Fernsehsendungen wird das Leben der Bauern meist als romantisch und idyllisch dargestellt. Zeigen Ihre Filme ein ähnliches Bild?
Nein, genau dies wollten wir nicht. Wir wollten ein möglichst ungefiltertes Bild vermitteln. Wir wissen, dass die Arbeit in der Landwirtschaft viele positive Aspekte hat, die sich mit ehrlichen Porträts auch glaubwürdiger verkaufen lassen. Zu viel Romantik verzerrt das Bild der Realität zu stark.
Richten sich Ihre Filme auch an die Politik?
Ja klar, der Inhalt, Nachwuchs als Teil der Nachhaltigkeit, sollte auch in der Politik wahrgenommen werden und in die Entscheidfindung einfliessen