Mit der Initiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-Citoyen-Initiative)» wollen die Initianten den Artikel 59 der Verfassung ergänzen, der den Militär- und Ersatzdienst regelt. Am Donnerstag wurde die Initiative bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht, mit 107’764 Unterschriften.
Das Komitee sei zuversichtlich, dank einem Schlussspurt genügend gültige Unterschriften beisammen zu haben, sagte Kampagenleiterin Noémie Roten vor Medienvertretern. Nötig gewesen sei eine professionalisierte Kampagne und die Bezahlung für das Sammeln eines Teils der Unterschriften.
Armee oder Milizdienst
Nach dem Willen der Initianten sollen alle Bürgerinnen und Bürger einen Einsatz für Allgemeinheit und Umwelt leisten. Gemeint ist ein Dienst in der Armee oder ein gleichwertiger Milizdienst. Der Sollbestand von Armee und Zivilschutz muss garantiert bleiben.
Mit der fortschreitenden Internationalisierung gebe es immer mehr Menschen, die traditionell wenig am Milizsystem partizipierten und von lokalen Behördenämtern ausgeschlossen seien, wird die Initiative begründet.
Heute gibt es für junge Schweizer Männer eine Dienstpflicht, die sie in Armee oder Zivildienst zu erfüllen haben respektive beim Zivilschutz. Laut dem Generationenbarometer von Sotomo befürworteten 74 Prozent der Bevölkerung einen Service Citoyen für alle, schreiben die Initianten und Initiantinnen.
Umfassende Reform in Gang bringen
Eine Weiterentwicklung des Dienstpflicht-Systems sei seit Jahren blockiert, und sie habe die Sicherung der Bestände der Armee im Fokus. Statt diese «Bedarfsoptimierung am Volk vorbei» brauche es eine umfassende Reform. Das Milizsystem solle fit gemacht werden für Herausforderungen wie Pandemien, Kriege, Klimakrise, Polarisierung der Gesellschaft, Unterversorgung, Gewalt, und Vereinsamung.
Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz wohnen, will die Initiative nicht von der Dienstpflicht ausnehmen. In welchem Umfang sie Dienst leisten sollen, soll auf Gesetzesebene geregelt werden.
In der Verfassung verankern wollen die Initiantinnen und Initianten auch einen Erwerbsersatz für alle Dienstleistenden. Auch hier sollen die Einzelheiten im Gesetz festgelegt werden. Wer den vorgeschriebenen Einsatz nicht leistet, soll wie heute für nicht geleisteten Militär- und Ersatzdienst eine Ersatzabgabe schulden.
Parlamentsmitglieder mit an Bord
Erleidet jemand bei der Armee oder im Ersatzdienst einen gesundheitlichen Schaden oder kommt ums Leben, hat er oder sie laut Verfassung Anspruch auf angemessene Unterstützung vom Bund. Die Initiative will das für alle festschreiben, die Bürgerdienst leisten.
Mehrere Parlamentsmitglieder unterstützen die Initiative. Darunter sind der künftige Zürcher SP-Nationalrat Islam Alijai und SP-Nationalrat Emmanuel Amoos (VS), die Nationalrätinnen Maja Riniker (FDP/AG) und Corina Gredig (GLP/ZH), Ständerat Charles Juillard (Mitte/JU) und Ständerätin Johanna Gapany (FDP/FR).
Der Verein Servicecitoyen.ch wurde 2013 in Genf gegründet. Zu seinen Partnern für die Initiative gehören GLP, EVP und Piratenpartei sowie die Junge GLP, die Junge Mitte, die Junge EVP, die Mitte-Partei Genf, die FDP Genf, die FDP Neuenburg sowie die Demokratie-Plattform Wecollect.
SP spricht von Zwangsdienst
Die SP Schweiz lehnt die Initiative ab und spricht in einer Mitteilung von einem «schlecht bezahlten Zwangsdienst für alle jungen Menschen». Das Begehren sei aus menschenrechtlicher und auch aus gewerkschaftlicher Sicht problematisch.
Der Bundesrat prüft zwei Varianten für die künftige Dienstpflicht. Bei der einen würden der Zivildienst und der Zivilschutz zusammengelegt, bei der anderen die Dienstpflicht auf Frauen ausgeweitet. Laut Bundesrat würden dabei aber nur so viele Personen rekrutiert, wie Armee und Zivilschutz benötigen.