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Volksinitiative wird 125

Vor 125 Jahren haben die Schweizer Stimmbürger die Volksinitiative eingeführt. Was damals niemand ahnte: Das Volksrecht sollte Staat, Recht und Politik in der Schweiz nachhaltig beeinflussen. Nicht nur zum Vorteil des politischen Systems, klagen Kritiker heute. Ihr Vorwurf: Die Initiative verkomme zum Werbeinstrument.

 

 

Vor 125 Jahren haben die Schweizer Stimmbürger die Volksinitiative eingeführt. Was damals niemand ahnte: Das Volksrecht sollte Staat, Recht und Politik in der Schweiz nachhaltig beeinflussen. Nicht nur zum Vorteil des politischen Systems, klagen Kritiker heute. Ihr Vorwurf: Die Initiative verkomme zum Werbeinstrument.

«Eine solche Gleichgültigkeit gegenüber einer eidgenössischen Angelegenheit, die so tief in unser Verfassungs- und Staatsleben eingreift, ist uns noch nie vorgekommen», kommentierte ernüchtert die «Neue Zürcher Zeitung» am 7. Juli 1891.

Geringe Stimmbeteiligung


Was war geschehen? Zwei Tage zuvor hatten Volk und Stände an der Urne für die Einführung der Volksinitiative votiert. Damit konnten erstmals die Stimmbürger die Verfassung ändern: Ein Novum in der Schweiz. Dennoch war das Interesse eher gering, die Stimmbeteiligung lag bei 49,3 Prozent. Das neben dem Referendum heute wichtigste Volksrecht wurde also von einer Minderheit eingeführt.

Fortan bestätigte sich auch die Prognose der «NZZ», wonach sich mit dem «ungefährlichen Ding» nicht die Welt reformieren liesse. Obwohl die erste lancierte Initiative für ein Schächtverbot an der Urne gleich Erfolg hatte, fristete das Instrument jahrzehntelang ein Schattendasein.

Übermütige Parteien

Ganz anders das Bild heute: Die Volksinitiative ist allgegenwärtig und Kern der direkten Demokratie. Knapp 70 Prozent der Begehren wurden erst in den letzten 30 Jahren eingereicht. Ein Grund: Es ist einfacher geworden, die nötigen Unterschriften zu sammeln. Mussten 1891 noch 7,6 Prozent der Stimmbevölkerung unterschreiben, sind es heute 1,9 Prozent.

Ein weiterer Grund war die aufkommende Unzufriedenheit mit der Demokratie in den 1970er Jahren. Protestbewegungen von Links und Rechts nutzten die Initiative als Misstrauens- und Oppositionsinstrument gegenüber Behörden und der politischen Mehrheit. Schliesslich kamen auch die politischen Parteien auf den Geschmack. Am augenfälligsten zeigte sich dies im Wahljahr 2011, als alle Parteien - auch die bei Initiativen zurückhaltende FDP - mindestens eine Initiative zur Hand hatten. Ihre Absicht: Mit der Initiative für öffentliche Aufmerksamkeit und Wahlkampf-Munition sorgen.

Initiativen kein Wahlkampf-Gag


Das Kalkül der Parteien ging nicht auf. Von den 23 lancierten Initiativen im Jahr 2011 konnte bislang nicht nur einzig die SVP mit ihrem Begehren gegen die «Masseneinwanderung» reüssieren. Die meisten Anliegen hätten nicht einmal für eine prägende Debatte gesorgt, erklärte der Politikwissenschaftler Georg Lutz. «Eine Initiative um der Initiative Willen, ergibt keinen Sinn. Diese Einsicht musste auch bei den Parteien kommen.»

Nach dem Rekordjahr 2011 sank denn auch die Zahl der lancierten Initiativen wieder. In diesem Jahr sind bisher vier Begehren bei der Bundeskanzlei eingegangen. Besserung versprachen auch die Parteien: Das Volksrecht dürfe nicht überstrapaziert werden und Initiativen seien kein «Wahlkampf-Gag».

Reform der Initiative


Trotzdem ist die Kritik an der Volksinitiative in den letzten Jahren gewachsen. Gefordert wird eine Reform der Initiative. Aus dem «Garant für Stabilität» sei ein Werbeinstrument für Parteien und Splittergruppen geworden, erklärte stellvertretend die liberale Denkfabrik Avenir Suisse.

Ähnlich tönt es auch in der Politik. BDP-Präsident Martin Landolt stellt grundsätzlich in Frage, ob Parteien Volksinitiativen sollen lancieren dürfen. Im Sinne des Erfinders wäre nämlich: die parlamentarischen Instrumente für die Parteien im Bundeshaus, die Volksrechte für alle anderen, sagte Landolt vor einiger Zeit in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

Mehr Unterschriften angedacht


Im Raum steht auch die Forderung nach einer höheren Hürde, weil die Zahl der Unterschriften seit 1978 nicht mehr angepasst wurde - trotz Bevölkerungswachstum. Zudem sollen die bisherigen Ungültigkeitsgründe strikter angewendet werden.

Die Vehemenz der Debatte mag erstaunen, angesichts dessen, dass nur jeder zehnten Volksinitiative Erfolg beschieden ist. Längst geht es aber nicht mehr nur um die Gunst des Stimmbürgers. Die Initiative dient zusehends als Verhandlungspfand in der Hand ihrer Urheber: Schätzungsweise 80 Volksbegehren sind mit «indirektem Teilerfolg» zurückgezogen worden - nicht selten gegen nachhaltige Konzessionen in Rechtssetzung und Rechtsvollzug.

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