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Vom letzten Weg der Grosseltern

 

Greti leidet an Demenz. Trotz den Anstrengungen ihres Mannes kann sie nicht mehr daheim bleiben. Im Buch über ihre Grosseltern «Peter und Greti» beschreibt Amanda Wettstein den letzten Weg eines alten Ehepaars.

 

Teigwaren im Kühlregal, ein Stück Lachs im Geschirrschrank. Gretis Demenz zeigt sich immer deutlicher. Ihr Mann Peter versucht, die Fehler vor seinem Sohn und vor Greti selbst zu verstecken. Obwohl er auch schon über 90 und etwas gebrechlich ist, nimmt er einiges auf sich, damit seine Frau nicht merkt, was mit ihr los ist. Auch sich selbst versucht er einzureden, es könne noch alles gut kommen: Vielleicht würde Greti sogar, wenn alles perfekt inszeniert würde, ihre eigene Demenz vergessen. Sie würde lernen, es zu akzeptieren, es nehmen, wie es sei, und darüber lachen. So könnte sie quasi geheilt werden. Denn eigentlich wäre es ja egal, ob man Teigwaren aus dem Kühlschrank oder aus dem Schrank isst. Hauptsache, man isst, denkt er und sagt zu seiner verwirrten Frau: «D Houptsach isch, i bi da und du o, mir sy deheime und sy glücklech.» Doch so schön sich Peter die Situation auch redet, es wird zusehends offensichtlich, dass die beiden nicht mehr allein daheim leben können. Peter ist überfordert mit der Pflege seiner körperlich und geistig immer eingeschränkteren Frau.

 

Geschichte der Grosseltern

 

Es ist die Geschichte ihrer Grosseltern. Die heute 25-jährige Wettstein war in ihren Teenager-Jahren, als bei Greti die Demenz immer deutlicher zu spüren war. Die Grossmutter habe sich sehr verändert, sie sei nicht mehr durchgehend liebevoll gewesen, teilweise eher gereizt. Das war schwer für die junge Frau. Sie habe immer eine sehr gute Beziehung gehabt zu den Grosseltern. Als die Krankheit aber fortschritt, «wäre ich am liebsten gar nicht mehr ins Altersheim zu Besuch gegangen, zu sehr hat es mich geschmerzt», erzählt Wettstein.

 

Liebes Wesen ist noch da

 

Sie habe sich dann lange mit Demenz auseinandergesetzt. «Ich habe verstanden, dass die verwirrte Person nicht mein Grosi ist, sondern die Krankheit», erzählt sie. Das habe ihr geholfen, immer wieder zu merken, dass doch immer wieder etwas vom liebevollen Wesen Gretis durchgeschienen habe.

 

Im Buch beschreibt Wettstein den geistigen Zerfall der Grossmutter anschaulich. Selbst für die Lesende ist es schwer auszuhalten, wenn die einst als so liebevoll geschilderte Frau nach einer Operation wild um sich schlägt und Pflegerinnen kratzt. Immer wieder schwingt aber ein Funke Humor mit. Greti bekommt nach der Operation etwa Ballone mit Genesungswünschen. Da im Spital aber nicht mehr genug mit der entsprechenden Aufschrift zu finden waren, erhielt sie einen, auf dem «it’s a boy», «es ist ein Junge», stand. Im Buch bringt das Greti zum Lachen. Von da an habe sie allerdings stets geglaubt, sie sei schwanger, erzählt Wettstein im Gespräch und deutet es im Buch an.

 

Die Auseinandersetzung mit der Krankheit und die vielen Besuche, die Wettstein schliesslich doch im Altersheim gemacht habe, hätten ihr einen ganz anderen Zugang zu älteren Menschen gegeben. «Mir wurde bewusst, dass alle ihre Geschichte haben, alle Schweres und Schönes erlebt und zum Teil Unglaubliches erreicht haben. Es ist wichtig, dass wir Jungen sie nicht auf ihre Altersgebrechen reduzieren, sondern das sehen, was sie als Menschen ausmacht», sagt sie.

 

Amanda Wettstein hat ein Buch über den letzten Weg ihrer Grosseltern geschrieben.
zvg

 

Musste immer weinen

 

Es war auch das Schreiben am Buch, das sie zu diesen Erkenntnissen kommen liess. Und es half ihr, einiges zu verarbeiten. «Früher konnte ich nicht über meine Grosseltern sprechen, ohne sofort zu weinen», so Wettstein, obwohl deren Tod nun schon ein paar Jahre zurückliegt. Auch beim Schreiben seien ihr oft die Tränen in die Augen getreten, sodass sie die Zeilen nicht mehr habe lesen können. «Jetzt geht es mir aber besser. Ich konnte durch die Arbeit an diesem Buch viel verarbeiten. Jetzt kann ich sogar öffentlich über Greti und Peter sprechen und in Lesungen ihre Geschichte erzählen.»

 

Amanda Wettsteins Buch ist eine lohnende Lektüre. Nicht zuletzt, weil sie sich feinfühlig einem weitgehend tabuisierten Thema annimmt. Auch die liebevolle Beziehung Peter und Gretis beschreibt sie rührend. Und der Weg der Akzeptanz und des Loslassens, den Peter nach anfänglichem Leugnen geht, wird nachvollziehbar geschildert. Manch einem könnte er in dieser Sache als Vorbild dienen.

 

Bei all dem ist man im Verlauf des Buchs gewillt, darüber hinwegzusehen, dass der Text eines etwas gründlicheren Lektorats bedurft hätte. Einige Sätze sind etwas holprig, es häufen sich Floskeln sowie Wortwiederholungen, und einige Metaphern wirken fast zu offensichtlich.

 

Bedenkt man aber, dass Wettstein das Buch eigentlich nur ihrem Vater zum Geburtstag schenken wollte und der Lokwortverlag durch Zufall auf sie aufmerksam geworden war und entschieden hatte, den Text zu veröffentlichen, sei ihr erst recht verziehen.

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