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Vom Stall auf die Punkrockbühne

 

Fabian Wyss lebt abgelegen. Im hinteren Teil des Diemtigtals führt er einen Milchwirtschaftsbetrieb. Seine Denkweise ist aber nicht hinterwäldlerisch. Er hat eine Punkrock-Band und kritisiert in seinen Texten Homophobie.

 

Der Betrieb, den Fabian Wyss führt, ist wunderschön. Das Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert, das auch das zurzeit leerstehende Restaurant Tiermatti beherbergt, beeindruckt mit seiner filigranen Bemalung und den Holzverzierungen.

 

Bauernhof übernommen

 

An einem sonnigen Herbsttag zeigt sich der nahe gelegene Wald in den schönsten Farben und kontrastiert mit dem wolkenlosen Himmel. In diesen wiederum ragen stattliche Berggipfel. Hier gefällt es Fabian Wyss. Er ist hier aufgewachsen und fühlt sich verwurzelt.

 

Zurzeit lebt er zwar mit seiner Freundin in Spiez und arbeitet 80 Prozent als Zimmermann. Am Freitag und am Wochenende ist er auf dem Biobetrieb in der Bergzone III, den er Anfang dieses Jahres übernommen hat, um den sich zurzeit aber noch weitgehend seine Eltern kümmern. Wyss plant aber, für sich die ehemalige Wohnung der Grosseltern auszubauen und dorthin zurückziehen, wo er aufgewachsen ist.

 

Viehbestand aufstocken

 

Auch für den Betrieb hat er Pläne. Er will einen Laufstall bauen für seine 12 Kühe, die 10 Rinder, 8 Ziegen und die 4 Kälber. Obwohl sie behornt sind, findet er den Schritt aus verschiedenen Gründen wichtig. Einerseits möchte er den Viehbestand aufstocken. Er hat 21 Hektaren Land, auf denen er Futterbau betreibt. Es würden also ein paar weitere Tiere drinliegen. Andererseits plant er diesen Schritt im Hinblick auf das Tierwohl und die sich ständig ändernden Anforderungen an die Bauern.

 

Die wechselnden Rahmenbedingungen machen ihm aber keine Angst. Er scheint zuversichtlich, was die Zukunft der Landwirtschaft angeht. «Natürlich stehen wir unter einem gewissen Druck. Aber den gibt es auch in anderen Branchen.» Zudem sei die Landwirtschaft ein Gewerbe, das einfach nicht aussterben könne. Es müssten ja alle essen. «Und ich bin zuversichtlich, dass sich die Politik dessen bewusst ist», sagt er.

 

«Die meisten Bauern tragen Sorge»

 

Der Laufstall erscheint ihm aber auch sinnvoll, weil er ein positives Bild der Landwirtschaft gegen aussen vermitteln will. Er will zeigen, dass die meisten Bauern Sorge zu ihren Tieren tragen und der Natur Gutes tun. «Seit ich mir darüber Gedanken gemacht habe und mir meiner Rolle als Landwirt bewusst bin, sage ich mit Stolz, dass ich Bauer bin.»

 

Er hat es deshalb sehr genossen, als nach der Alpabfahrt vor ein paar Wochen die Herbstviehschau seiner Viehzuchtgenossenschaft stattfand. Gerne habe er die Sennenjacke angezogen und sich mit den Berufskollegen und Freunden aus dem landwirtschaftlichen Umfeld unterhalten.

 

Rockmusik nach Käserock

 

Am Abend dieses Tages legte er die Jacke aber ab. Er zog schwarze Kleider an und holte seine Gitarre. Er musste auf die Bühne. Mit seinen Mitmusikern taufte er das dritte Album seiner Band «Broken Bass». Dort habe er seine andere Seite gezeigt. Alle wüssten, dass er Bauer sei, das sei in Ordnung. Er wolle die zwei Welten trotzdem nicht zu sehr vermischen. «Ich will kein Alpenrocker sein», sagt er. Man wartet deshalb vergeblich auf Schwyzerörgeli- oder Alphornklänge.

 

Harte, sauber getaktete Gitarrenakkorde und Riffs schlagen einem regelrecht entgegen, wenn man ins neue Album «Entertainment» reinhört. Das Schlagzeug zieht präzise durch die punkigen Songs und Wyss’ Gesang klingt dezidiert. Es ist kein Zufall, dass besonders der saubere Takt überzeugt.

 

Komponiert

 

Wyss ist eigentlich Tambour bei der Showgruppe «The Surfdrummers», und auch seine Bandkollegen Renato Oppliger (Schlagzeug), Timo Pfister (Bass), Roman Künzi (Gesang und Perkussion) sind im Tambourenverein. Dort haben sie einander kennengelernt. Weil eine Punkrockband aber nicht ausschliesslich aus Trommlern bestehen kann, haben sie gelernt, auch auf anderen Instrumenten zu spielen. Wyss singt und spielt Gitarre. Er ist es auch, der komponiert und einen Teil der Texte schreibt.

 

 

«Aui dörfe»

 

Auch diese Texte erinnern nicht im Entferntesten an Geissenpeterromantik. Sie sind vielmehr gesellschaftskritisch. In «Eifach so» prangert er mit unzimperlicher Wortwahl («huere tami», «Schyssdräck» etc.) schlechtes Benehmen an und fordert Schweizerinnen und Schweizer auf, abstimmen zu gehen. Und in «Aui dörfe», das letzte Lied der CD, die vor dem 26. September 2021 herausgekommen ist, sprechen sie sich für die Ehe unter Gleichgeschlechtlichen aus. «Si wott ihn, är wott si, da si aui Prieschter froh/Är wott si, si wott ihn, di auti Chopfform wotts eso», singt er.

 

Um dann zu sagen, dass es doch egal sei: «Häb lieb, wärd lieb wosch ha» und dass eben alle die Möglichkeit haben sollten, heiraten zu können. «Eigentlich sollen meine Songs nicht allzu politisch sein», sagt Wyss. «Aber irgendwann hatte ich das Gefühl, Stellung beziehen zu müssen. Auch, weil immer noch einige Leute denken, Bauern seien alle homophob und rassistisch. Dem will ich mit meiner Musik entgegenwirken.» So gesehen vermischt er seine beiden Welten in dem Fall trotzdem. Aber sicher nicht zum Schaden der beiden.

 

 

Kommentare (1)

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  • Hans Rudof Hirschi | 17.11.2021
    Es ist gut, dass er neben seinem Betrieb und Arbeit auch noch eine Freizeitbeschäftigung als Abwechslung zum Alltag hat. Ob jemand hinterwälderisch ist, hängt von verschiedenen Sachen ab. Auch jemand, der sich für Volksmusik und Volksbrauchtum interessiert, kann anderseits neuzeitlich eingestellt sein. Uebrigens haben wir noch Kultur- und persönliche Entscheidungsfreiheit, was uns zusagt. Hansruedi Hirschi, Wynigen

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