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Von Brüssel ins Bündner Bauerndorf

Die Auslandschweizerin Helena Temmler lebt in Brüssel. Sie wollte aber ihre Ursprungsnation und das Landleben kennenlernen. Deshalb ist sie nach Mon GR gegangen, wo es ganz anders ist als bei ihr zu Hause.

Julia Spahr |

 

 

Die Auslandschweizerin Helena Temmler lebt in Brüssel. Sie wollte aber ihre Ursprungsnation und das Landleben kennenlernen. Deshalb ist sie nach Mon GR gegangen, wo es ganz anders ist als bei ihr zu Hause.

«Ich war überrascht, wie ruhig es hier ist», sagt Helena Temmler. «Also im positiven Sinn», schiebt sie rasch hinterher. Die 16-Jährige steht in einer Scheune in Mon GR zwischen zwei Traktoren. Fünf Mal im Tag fährt ein Postauto von Tiefencastel ins Bündner Dorf. Aber man muss vorher anrufen, sonst kommt es nicht. 

Neues Landleben

Dieses Leben auf dem Land und im abgelegenen Dorf ist etwas Neues für sie. Seit ihrer Geburt lebt sie in Brüssel, wo sie eine europäische Schule besucht. «Dort kommen die Leute von überall her», erzählt sie und steht von einem Fuss auf den anderen. Ihr Hochdeutsch ist perfekt und akzentfrei. Das kommt daher, dass ihre Mutter Deutsche ist. Sie ist noch vor Helenas Geburt nach Belgien ausgewandert, weil sie dort bei der Europäischen Union arbeitet.

Helenas Vater ging mit. Er ist Zürcher, und deshalb hat seine Tochter die Schweizer Staatsbürgerschaft. Züridütsch spricht Temmler aber nicht. Auch sonst kennt sie die Schweiz nicht besonders gut. Sie und ihre Familie besuchten zwar hin und wieder ihren Grossvater in Zumikon ZH und im Winter gehen sie nach Arosa GR Ski fahren. Ansonsten ist ihr das Land fremd, besonders die Landwirtschaft. Dazu hatte sie nie wirklich einen Bezug.

Unterstützung

«Als ich klein war, habe ich immer gesagt, dass ich Bäuerin werden wolle. Warum, weiss ich nicht mehr, vermutlich habe ich mal etwas im Fernsehen gesehen», erzählt sie und lächelt. Ihre Tante habe das nicht vergessen und ihr für diesen Sommer über die Organisation Agriviva eine Stelle für den Landdienst besorgt. So kam sie nach Mon zu Franziska und Gian-Franco Farrér. Dort lebt sie während zwei Wochen und arbeitet mit. 

Farrérs sind seit 2018 bei Agriviva dabei. Jeden Sommer kommen junge Männer und Frauen zu ihnen. «Wir wollen ihnen die Landwirtschaft näherbringen», sagt Franziska Farrér. Auf dem Arm hält sie ihren einen Monat alten Sohn. Neben ihr steht ihr Mann, der die dreijährige Tochter hochhebt. «Natürlich entlasten uns die Jugendlichen auch. Gerade jetzt, wo wir das zweite Kind bekommen haben, ist Helena eine grosse Unterstützung», sagt Franziska Farrér und wendet sich an die junge Frau. «Ich hatte Angst, dass du wegen Corona nicht einreisen könntest.»

Landwirtschaft ist streng

Helena lächelt. Ihr war lange auch nicht klar, ob es klappen würde. Jetzt ist sie aber da. Zu ihren Aufgaben gehört nebst der Arbeit mit den Kühen, Schafen und Ziegen auch die Kinderbetreuung. «Das mache ich gerne, ich habe schliesslich auch Geschwister», sagt sie. Besonders gefalle ihr aber die Arbeit draussen. «Vor allem dank der schönen Aussicht über Täler und zu Berggipfeln.» Während sie spricht, geht sie hinter die Scheune. Und tatsächlich. Dort blickt man auf den majestätischen Piz Linard und dahinter aufs Lenzerhorn.

«Diese Aussicht werde ich vermissen», sagt sie. Sie freue sie, auch wieder nach Hause zu gehen. «Mir fehlen meine Freunde. Die haben jetzt alle schon Ferien und unternehmen einiges. Ich bin etwas traurig, dass ich da nicht dabei sein kann.» Dafür habe sie die Landwirtschaft kennengelernt. «Ich hätte nicht gedacht, dass es so streng ist», sagt sie. In Belgien wird sie sich vermutlich nicht weiter mit Landwirtschaft auseinandersetzen. «Dort ist alles flach, das interessiert mich nicht», sagt sie, und ihre Gasteltern lachen. Vermutlich wird sie später also nicht in diese Branche einsteigen. Was genau sie einmal machen wird, weiss sie noch nicht. 

Leben als Bäuerin

Franziska Farrér wusste hingegen eigentlich, was sie machen wollte, und doch kam es anders. Helena Temmlers Gastmutter ist im Kanton Glarus aufgewachsen, hat im Kanton Luzern ihre Lehre im Service gemacht und arbeitete dann während einer Saison in der Lenzerheide GR. Dort lernte sie den Bauernsohn und Landwirt Gian-Franco kennen, der bei den Bergbahnen arbeitete. Schnell war klar, dass sie zu ihm nach Mon ziehen würde. Sie lernte Romanisch und besucht jetzt die Bäuerinnenschule am Plantahof. 

Vor fünf Jahren haben sie den 39-Hektaren-Betrieb in der Bergzone 3 von Gian-Francos Eltern übernommen. Sie führen ihn biologisch, halten Mutterkühe, Ziegen, Schafe und Hühner. Eier und Fleisch vermarkten sie direkt. Im Herbst wollen sie die Kühe aber aufgeben und ganz auf Schafe setzen. Sie werden die Lämmer zum Teil schlachten und das Fleisch direkt vermarkten oder die Jungtiere lebend auf dem Markt verkaufen. 

Das ist aber erst am Entstehen, bis es so weit ist, wird Helena Temmler längst wieder im Trubel der Grossstadt sein und vielleicht hin und wieder an die schöne Aussicht in Mon denken.

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