Bis 2016 war der Hof von Hanspeter und Doris Blaser im Grunholz in der Emmentaler Gemeinde Landiswil ein Milchwirtschaftsbetrieb. Nach einem Unfall musste der Landwirt die traditionelle Viehzucht allerdings überdenken: «Das Melken war nach dem Unfall nicht mehr möglich, daher haben wir uns für eine vollständige Umstellung auf Schafhaltung entschieden», erzählt Hanspeter Blaser.
Die Umstellung auf Schafhaltung markierte einen Wendepunkt für den Betrieb, der nun rund 100 Schafe zählt und sich hauptsächlich auf die Produktion von Mastlämmern konzentriert. «Wir hielten schon vor der Umstellung ein paar Auen – heute sind es etwa 50 Mutterauen und rund 50 Schafe sind Nachwuchs und Mastlämmer», erklärt der Landwirt.
In unmittelbarer Nähe zum Aussichtspunkt Moosegg
So ist der Hauptbetriebszweig heute Fleisch und die Mastlämmer werden einerseits an eine Metzgerei in Thun geliefert und andererseits direktvermarktet. Der Betrieb liegt ausserdem in unmittelbarer Nähe zum Aussichtspunkt Moosegg, wo diverse Wander- und Velorouten zusammenkommen, und so zieht auch der kleine Hofladen vor allem bei gutem Wetter zusätzliche Laufkundschaft an.
Die Umstellung auf Mutterschafhaltung führte aber nicht nur zu einer Umstrukturierung des Betriebes, sondern auch zur Entwicklung eines neuen Produkts, das so innovativ wie nachhaltig ist: die «Naturwürfeli» – pelletierte, organische Düngerwürfel aus Schafschurwolle. «Früher mussten wir die Wolle zu einem sehr geringen Preis abgeben, weil niemand Interesse hatte», erklärt Hanspeter Blaser einer der Vorteile des neuen Produktes.
Entstehen aus Schafwolle, EM-Keramikpulver und Pflanzenkohle.
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Wolle rund um die Zucchettistaude
Später ergab sich mit dem Aufkommen von Schafwolle als Isolations- und Dämmungsmaterial immerhin wieder ein Mark, den auch Blasers genutzt haben. Doch Doris Blaser, die noch in der biologischen Gärtnerei der Friederika Stiftung in Walkringen arbeitet, erkannte das Potential der Schafwolle als Dünger.
«Wir verwendeten Schafwolle beispielsweise bei den Zucchetti, indem wir die offene Wolle rund um die Zucchettistaude drapierten, was sowohl die Schnecken etwas abschreckte als auch die Erde darunter feucht hielt und zusätzlich düngte», erzählt sie. Bei einer Weiterbildung zum Thema Kompostieren begegnete Doris Blaser dann zum ersten Mal Schafwollpellets als Düngemittel.
«Ich habe die Idee dann nach Hause getragen und wir haben uns daraufhin ernsthaft Gedanken gemacht, wie wir mit unserer Schafwolle ebenfalls eine lokale und nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Düngemitteln herstellen könnten», erklärt Doris Blaser.
Die Entwicklung der Naturdüngerwürfelchen
Die Herausforderung war es dann, effektive Lösungen zur Verarbeitung der Wolle zu finden, da sie trotz ihrer Weichheit extrem zäh ist. Die Anschaffung einer gebrauchten Schnittmühle aus Deutschland erwies sich als entscheidender Schritt. Es folgte eine Partnerschaft mit der EM Schweiz AG in Arni, die Tierfuttermittel und Bodenhilfsstoffe mit Mikroorganismen vertreibt und nun eben auch Blasers «Naturwürfeli».
«Und die eigene Wolle reichte bald nicht mehr aus», erzählt Hanspeter Blaser. Die zusätzlich benötigte Wolle kauft er bei Kollegen zu: «Ich halte und züchte rassenreine Schwarzbraune Bergschafe und amte auch als Experte bei den Schafschauen», erklärt der Landwirt, «so habe ich ein breites Netzwerk mit Schafzüchtern und Schafhaltern, die mir Wolle liefern können.»
Eine Stunde lang bei 70 Grad erhitzen
Da Schafwolle als Schlachtabfall gilt, muss die Wolle entweder vor der Weiterverarbeitung gewaschen oder eine Stunde lang bei 70 Grad erhitzt werden. Da Waschen würde aber das Lanolin wegwaschen, also der sogenannte Wollwachs, der bei der Produktion des Düngers als natürlicher Klebstoff wirkt und dafür sorgt, dass es schön kompakte Würfelchen gibt. «Also erhitze ich die Wolle vor der Weiterverarbeitung bei einer lokalen Sägerei in der Trocknungskammer und bekomme auch eine entsprechende Bescheinigung», erklärt Hanspeter Blaser weiter.
Die Düngewürfel tragen dazu bei, die Bodenstruktur zu verbessern, die Wasserhaltekapazität zu erhöhen, überschüssige Nährstoffe zu puffern und bieten so eine langfristige Nährstoffversorgung für Pflanzen. Und der Dünger findet nicht nur bei Privatkunden Anklang, sondern auch in Gärtnereien.
Das Schwarzbraune Bergschaf ist für das hügelige Emmental gut geeignet.
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In eine bessere Schnittmühle investiert
Die Produktion der Naturwürfeli, die mit rund 200 bis 300 Kilogramm angefangen hat, liegt inzwischen deutlich höher. «Interessant wäre der Einsatz der Naturwürfeli in der Landwirtschaft – dafür müssten wir allerdings in eine fast industrielle Produktion übergehen», sinniert Hanspeter Blaser. Zwar ist eine nachhaltige Steigerung der Produktion durchaus vorgesehen, da die ganze Produktion aber auf dem Hof stattfindet, hat sie auch ihre Grenzen: «Wir haben bereits in eine bessere Schnittmühle investiert», erzählt Hanspeter Blaser.
Aktuell liege der Fokus aber vorerst einmal auf der Produktion, um weiter Umsatz zu generieren, damit dann wieder in die kleine betriebliche Erfolgsgeschichte «Naturwürfeli» investiert werden kann.