Der 57-jährige Rheintaler gilt in Bern als einflussreicher, erfolgreicher und sehr gut vernetzter Bauern-Lobbyist. Er selbst stellt sich als zupackenden Macher dar. Nach zahlreichen Absagen aus der Mitte-Partei hat er als Erster seine Kandidatur für die Nachfolge von Bundesrätin Amherd angemeldet.
Abschluss als Wirtschaftsingenieur
Als politisches Schwergewicht wird Ritter als Favorit im Rennen gehandelt. Würde er gewählt, hätte der Kanton St. Gallen nach Karin Keller-Sutter (FDP) eine zweite Vertretung im Bundesrat. Und nicht weniger als vier Regierungsmitglieder hätten einen landwirtschaftlichen Hintergrund.
Ritter ist Biobauer mit Meisterprüfung und hat einen Abschluss als Wirtschaftsingenieur FH. Seinen Hof hat er inzwischen seinen beiden Söhnen übertragen, packt aber regelmässig mit an. Die Arbeit im Stall sei entspannend und halte ihn fit, sagte er unlängst in einem Fernsehbeitrag. Zu seinen Hobbys zählen Imkerei, Wandern und Jassen.
Kritik an reiner Landwirtschaftsoptik
Er sei bereit, einen Rollenwechsel vorzunehmen, sagte Ritter kürzlich in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen. Er meint damit, dass er das frei werdende Verteidigungsdepartement übernehmen könnte – das Departement, das den einen oder die andere von einer Kandidatur abgehalten haben dürfte. Bei den Problemen im VBS wolle er anpacken und seine ganze Kraft einsetzen, so Ritter.
Ritter hat den Hof seinen Söhnen übertragen.
zvg
Hinter den Kulissen im Bundeshaus ist zu hören, dass das VBS sicherlich nicht Ritters Wunschdepartement sei. Mit Sport und Sicherheitspolitik habe er bisher wenig Berührungen gehabt. «Er hat einen klaren thematischen Fokus und sieht fast alle Geschäfte in der Landwirtschaftsoptik», sagt eine Nationalrätin auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, die nicht namentlich genannt werden möchte.
Gegen aktive Sterbehilfe
Neben dem Einsatz für die Bäuerinnen und Bauern sei er vor allem mit seiner konservativen Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen aufgefallen. Das bestätigt sein Smartspider-Profil vor den eidgenössischen Wahlen 2023. Auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet Ritter die Wichtigkeit einer liberalen Gesellschaft mit nur 30 Punkten. Er lehnt beispielsweise die Cannabis-Legalisierung, die straffreie direkte aktive Sterbehilfe durch Ärztinnen und Ärzte sowie die Einführung eines dritten amtlichen Geschlechts ab.
Viel höher bewertet Ritter seinen Einsatz für eine offene Aussenpolitik (rund 70 Punkte), einen ausgebauten Sozialstaat sowie eine liberale Wirtschaftspolitik (je rund 60 Punkte). Gemäss Smartspider-Fragebogen befürwortet Ritter zudem die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen in Fällen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges und sagt «eher ja» zu einer verstärkten Zusammenarbeit der Schweizer Armee mit der Nato.
Gewiefter Stratege
Ritter politisiert seit Jahren in der wichtigen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N). Sein erfolgreiches Lobbying hat die Bauern vor dem Sparen bei den Direktzahlungen ebenso verschont wie vor von der Linken geforderten schärferen Umweltauflagen. Er streicht dann jeweils heraus, dass hinter jedem Betrieb eine Bauernfamilie stehe.
Ritter gilt als geschickter Stratege. Der Bauernverband und drei Wirtschaftsverbände spannen seit 2022 in einer Allianz zusammen. Schon vorher half man sich gegenseitig. Die eine Seite konnte gegen die Konzernverantwortungsinitiative gewinnen, die andere bekämpfte erfolgreich strengere Umweltvorgaben in der Agrarpolitik, die vor allem Bauern getroffen hätten.
«Klug und sehr kompetent»
Kritiker werfen Ritter vor, dass er nachtragend sei. Nach seinem Sieg und dem doppelten Nein zu zwei Landwirtschaftsinitiativen habe die Zusammenarbeit mit den politischen Gegnerinnen und Gegnern gelitten, sagt eine Nationalrätin. Auch kritische Stimmen innerhalb des Bauernverbandes würden regelmässig zurückgebunden.
Andere Politiker in Bundesbern heben Ritters Stärken hervor: «Er ist politisch sehr erfahren, klug und sehr kompetent», sagt der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler auf Anfrage. «Klar ist, dass er alles mitbringt, ein guter Bundesrat zu sein.»
Sie wurden von der Mitte-Partei für Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd nominiert: Martin Pfister (l.) und Markus Ritter
Reto Blunier
«Letzter bürgerlicher Mohikaner»
Weitere angefragte Politiker bestätigen diese Einschätzung. Ritters Knowhow gehe über die Landwirtschaft hinaus. Seine Politik sei pragmatisch und nicht ideologisch geprägt. Betont werden seine guten Dossierkenntnisse und seine Kompromissbereitschaft. Ein Nationalrat beschreibt Ritter als «einen der letzten bürgerlichen Mohikaner der Mitte-Partei».
Andere angefragte Parlamentsmitglieder zeigten sich überrascht über Ritters Bundesratsambitionen. «Bei Markus hätte ich nicht erwartet, dass er in den Bundesrat will», sagt eine Nationalrätin hinter vorgehaltener Hand. Er habe kein typisches Bundesratsprofil, auch wenn er durchaus dossierfest und machtbewusst sei.
Von Altstätten nach Bundesbern
Im Bundesrat müsste Ritter mit wechselnden Koalitionen umgehen können. Er bringt eine grosse politische Erfahrung mit, auch als Exekutivpolitiker. Seine politische Laufbahn begann Ritter 1993 in der Stadtregierung seines Wohnortes Altstätten.
2011 wurde er für die damalige CVP in den Nationalrat gewählt - das leitete den Schritt von der kantonalen auf die nationale Bühne ein. 14 Jahre später könnte Ritter nun eines der höchsten Ämter in der Schweizer Politik erklimmen.
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