Das Wachstum der globalen Milchproduktion wird im laufenden Jahr ungebrochen voranschreiten und voraussichtlich noch stärker ausfallen als 2011. Davon geht zumindest das US-Landwirtschaftsministerium aus.
In ihrer jüngsten Marktanalyse schätzen die Washingtoner Fachleute das Kuhmilchaufkommen in den wichtigsten Erzeugerländern im Kalenderjahr 2012 auf insgesamt 461,8 Mio. t. Das wären 11,6 Mio. t oder 2,6% mehr als im Vorjahr. Für die im US-Bericht betrachteten Staaten, die zusammen etwa 80 Prozent der gesamten Welterzeugung auf sich vereinen, wird für 2011 eine Zunahme der Milcherzeugung von insgesamt 10,8 Mio. t oder 2,5 % auf 450,3 Mio t ausgewiesen.
Folge des kräftigen Preisanstieges
In den Jahren zuvor war die Milchmenge um weit weniger als 2 Prozent gesteigert, im Wirtschaftskrisenjahr 2009 insgesamt sogar leicht reduziert worden. Die relativ starke Ausweitung der Milcherzeugung im laufenden Jahr ist nach Darstellung der Experten noch Folge des Preisanstiegs von 2011, als die weltweite Importnachfrage nach Milcherzeugnissen das verfügbare Angebot übertraf.
Als Reaktion auf den kräftigen Preisauftrieb und die damit verbundenen Erlöszuwächse dehnten die Milcherzeuger in wichtigen exportorientierten Staaten die Produktion spürbar aus und stockten die Kuhbestände auf.
Das US-Landwirtschaftsministerium veranschlagt den Umfang der Milchkuhherden in den erfassten Ländern in diesem Jahr auf 132,9 Millionen Tiere, das sind 1,83 Millionen Kühe beziehungsweise 1,4 % mehr als 2011. Vergangenes Jahr war der Bestand bereits um 1,62 Millionen Kühe oder 1,3 % gewachsen. Gleichzeitig geben die Kühe immer mehr Milch. Mit Ausnahme von Kanada und Brasilien erwarten die US-Experten für alle wichtigen Erzeugungsländer steigende Milchleistungen je Kuh.
Wachstum in Neuseeland schwächer
Die sehr günstigen Witterungs- und Futterbedingungen auf der Weide haben im vergangenen Jahr die Milchproduktion in Neuseeland nach oben schnellen lassen und dort für eine Rekorderzeugung gesorgt. Laut dem US-Agrarressort wurden 2011 in Neuseeland fast 19 Mio. t Milch (10,4 %). Auch 2012 soll die Milchproduktion um knapp 5 % auf 19,9 Mio. t steigen. Die Wachstumsrate speist sich fast ausschliesslich aus dem Produktionszuwachs in der ersten Jahreshälfte.
Das neuseeländische Agrarministerium geht in seiner jüngsten Prognose davon aus, dass die Milchproduktion im Wirtschaftsjahr 2012/13 gegenüber der vorherigen Saison um 0,4 % auf 1,66 Mio. t Milchtrockenmasse abnehmen wird. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Annahme eines normalen Witterungsverlaufs, der im Vergleich zum Gunstjahr 2011/12 den Milchertrag je Kuh um etwa 3 % nach unten drücken könnte.
Tiefere Preise
Produktionsdämpfend dürfte sich in Neuseeland auch die deutliche Abschwächung der Milchpreise auswirken. Dem Agrarressort zufolge lag der durchschnittliche Erzeugerpreis für Milch im Wirtschaftsjahr 2011/12 bei 6,08 NZ$/kg Milchfeststoff und unterschritt damit das Vorjahresniveau um 20%. Für das laufende Wirtschaftsjahr wird nur noch ein mittleres Preisniveau von 5,73 NZ$/kg Milchtrockenmasse erwartet.
Der dominierende Molkereikonzern Fonterra hatte Ende Mai 2012 für das Wirtschaftsjahr 2012/13 einen voraussichtlichen Basispreis von 5,50 NZ$/kg Milchfeststoff angekündigt und das niedrigere Auszahlungsniveau mit den gesunkenen Preisen für Milcherzeugnisse am internationalen Markt begründet.
Fast 10’000 Liter Milch je Kuh in den USA
Schwächer als in Ozeanien erwartet das US-Landwirtschaftsministerium den Produktionsanstieg im eigenen Land. Gemäss der jüngsten Prognose sollen die US-Farmer 2012 knapp 91 Mio. t Milch erzeugen und damit das Vorjahresniveau um 2,4 Mio. t oder 2,7% übertreffen. Im vergangenen Jahr fiel der Produktionszuwachs mit 1,1 Mio t oder 1,3 % deutlich geringer aus.
Das erwartet höhere Milchaufkommen ist in erster Linie das Resultat einer weiteren Leistungssteigerung der Kühe. Nachdem 2011 im Schnitt 9’630 kg Milch je Kuh gemolken wurden, soll dieser Wert im laufenden Jahr um 2,3 % auf 9’850 kg steigen. Damit weisen die USA im Vergleich der betrachteten Länder die mit Abstand höchste Milchleistung je Kuh auf. Der Kuhbestand ist nur moderat um 0,4% auf 9,23 Millionen Kühe ausgedehnt worden. Zuletzt war in den USA allerdings ein Anstieg der Kuhschlachtungen festzustellen. Dies aufgrund der stark gestiegenen Futterpreise bei gleichzeitig nachgebenden Milchpreisen.
US-Aufkommen soll 2013 stagnieren
Die Washingtoner Marktanalysten erwarten deshalb für 2013 im Schnitt mit einem Bestand von 9,15 Millionen Kühen (-1,0%) weniger als 2012. 2013 wird eine Milcherzeugung auf dem Niveau des Jahres 2012 erwartet. Die Milchbauern in den USA können dabei allenfalls auf leichte Preisbefestigungen hoffen.
Für dieses Jahr rechnet das US-Ministerium mit einem durchschnittlichen Milcherzeugerpreis von 30,7 Euro/100kg bis 31,2 Euro/100kg, das entspricht einem Erlösrückgang von rund 12 % im Vergleich zu 2011. Für das kommende Jahr sollen die Preise zwischen 31,2 Euro/100kg und 33,0 Euro/100kg zu liegen kommen. Für Kanada schätzt das US-Agrarressort die Kuhmilcherzeugung 2012 auf 8,45 Mio t (+ 0,6%).
Nur 1,3 % höhere Milcherzeugung für EU prognostiziert
Für die Europäischen Union veranschlagt das US-Landwirtschaftsministerium eine Milchproduktion von 140 Mio t., was gegenüber 2011 eine Zunahme um 1,8 Mio. t oder 1,3 % bedeuten würde. Das Wachstum geht allein auf die höhere Milchleistung der Kühe zurück, die um 2,7 % auf durchschnittlich 6’140 kg steigen soll.
Die Milchkuhherde ist nach Angaben der Washingtoner Analysten dagegen in der EU geschrumpft; und zwar um 1,4 % auf 22,8 Millionen Tiere. Nach Angaben der EU-Kommission ist die Milcherzeugung in der EU im ersten Quartal um 4% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen und damit deutlich stärker als vom US-Ministerium für das ganze Jahr vorausgesagt.
Neben der EU sind die Ukraine und Russland die einzigen Länder mit rückläufigen Bestandszahlen. Gleichwohl erwartet das Washingtoner Agrarressort auch für Russland nach Jahren einer stagnierenden bis rückläufigen Milcherzeugung für 2012 wieder eine leichte Aufwärtstendenz. Trotz eines um 0,8 % kleineren Milchkuhbestandes soll die russische Milchproduktion in diesem Jahr um 1,1 % auf 32,1 Mio t zunehmen. Für die benachbarte Ukraine wird hingegen aufgrund einer Abstockung der Milchkuhherde ein Rückgang des Milchaufkommens um 2,7 % erwartet.
Asien kurbelt Milchproduktion an
Eine sehr dynamische und expansive Entwicklung der Milcherzeugung wird von den Washingtoner Marktbeobachtern für Asien erwartet. In China soll die Produktion dieses Jahr um 5,4% auf 32,4 Mio. t steigen, womit man Russland und Brasilien in der Hitliste der wichtigsten Erzeugerländer hinter sich lassen würde. In dieser Rangliste steht Indien nach der EU und den USA auf Platz drei und wird diese Position auch sicher verteidigen. Für 2012 kann mit einer Zunahme der indischen Milchproduktion um 4,8 % auf 55,0 Mio. t gerechnet werden.