Der junge Waldrapp Shorty, der sich auf dem Weg von Bayern in den warmen Süden in der Schweiz verirrte, hat den Winter überlebt. Mangels Artgenossen schloss er sich Gänsen, Schafen und Kormoranen an. Bald dürfte er von Risch ZG nach Bayern zurückfliegen.
Der rund ein Jahr alte Vogel habe den Winter in der Schweiz erstaunlich gut überstanden, sagte Johannes Fritz, Leiter des europäischen Waldrappteams mit Sitz in Österreich, am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte Berichte der «Neuen Luzerner Zeitung» und des «Blick», die Bilder vom schwarzen Shorty gemeinsam mit Graugänsen und Schafen publizierten.
Sicherheitsgefühl erhöht
Der Waldrapp sei ein Kolonievogel. Mangels Artgenossen habe sich Shorty anderen Tieren angeschlossen und damit sein Sicherheitsgefühl erhöht, sagte Fritz. Der Biologe rechnet damit, dass Shorty im Mai oder Juni von alleine zurück ins Brutgebiet nach Burghausen in Bayern fliegen wird. Die Rückreise dürfte ein bis zwei Tage dauern.
Im Brutgebiet will das Waldrappteam den Vogel einfangen und mit einem GPS-Sender ausstatten. Bereits Ende Juli, vor dem Beginn der Migrationszeit, soll das Tier mit dem Auto ins Winterquartier in die Toskana gefahren werden.
Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Shorty für den Winter nur zurück in die Schweiz fliege, da er den Weg in die Toskana nicht kenne, sagte Fritz. Der grosse Aufwand für das Tier werde deswegen betrieben, weil man nicht wolle, dass sich andere Jungvögel Shorty zum Vorbild nehmen. Ziel sei es, überlebensfähige Waldrapp-Kolonien anzusiedeln. Dabei zähle jedes Individuum, sagte Fritz.
Shorty verlor im Wallis den Anschluss
Der junge Waldrapp war im vergangenen Jahr auf dem Weg vom Brutgebiet im bayrischen Burghausen ins Wintergebiet in der Toskana, wo er aber nie ankam. Zwar folgte er einem Artgenossen bis nach Collombey-Muraz VD. Dort aber verlor er den Anschluss. Später wurde Shorty bei Mettmenstetten ZH und zuletzt im Raum Risch ZG gesichtet. Mehrere Fangversuche des scheuen Tieres blieben erfolglos.
Der Waldrapp ist ein Ibis und hat mit seinem roten, kahlen Kopf, seinem langen gebogenen Schnabel und seinen langen Nackenfedern ein markantes Aussehen. In Europa starb der Waldrapp vor 300 Jahren aus.