Wie magisch zieht es Erholungsuchende und Freizeitsportler in die landwirtschaftliche Idylle der Appenzeller Bergwelt. Zu Fuss, mit dem Bike oder auf anderen Fortbewegungsmitteln strömen sie in die Natur. Doch wo Landwirtschaft auf Freizeitvergnügen trifft, sind Spannungen oft vorprogrammiert, denn unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse prallen aufeinander.
Während Bauern auf eine reibungslose Bewirtschaftung ihres Landes angewiesen sind, sucht die nicht landwirtschaftliche Bevölkerung am selben Ort Ruhe und Naturerlebnisse. Freizeitsportler wie Biker, Wanderer und Hundehalter teilen sich Wege mit Landwirten und Vieh – ein Nährboden für Konflikte. Nicht immer ist es Absicht, fehlender Respekt oder Egoismus, sondern schlicht einfach Unwissenheit, die dazu führen.
Kennt Problematik
Stefan Freund kennt die Herausforderungen aus erster Hand. Der Landwirt und Vizepräsident des Bauernverbands Appenzell Ausserrhoden führt im Dorf Bühler, am Tor zum malerischen Appenzellerland, einen Betrieb mit Mutterkuhhaltung und Obstbau. Neben seiner Landwirtschaft ist er auch in Teilzeit für die Fachstelle Obstbau am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen tätig.

«Über 90 Prozent der Wanderer, Hundebesitzer, Bikerinnen und Freizeitsportler verhalten sich rücksichtsvoll, freundlich und anständig», Landwirt Vizepräsident des Bauernverbands Appenzell Ausserrhoden
Ramona Riedener-Mazenauer
«Viele Wanderwege führen direkt an unserem Betrieb vorbei. Seit Corona sind an sieben Tagen die Woche fast rund um die Uhr Menschen unterwegs. Kürzlich bellte unser Hund nachts um halb zwölf. Als ich nachschaute, traf ich eine Frau, die im Stockdunkeln mit ihrem Hund spazieren ging.»
Laut Stefan Freund verhalten sich über 90 Prozent der Wanderer, Hundebesitzer, Bikerinnen und Freizeitsportler rücksichtsvoll, freundlich und anständig. Doch der Rest sorgt für Ärger: Unfreundlich und grusslos gehen sie vorbei, lassen ihre Hunde bedenkenlos querfeldein rennen und ihr Geschäft auf Wiesen hinterlassen. Ohne nachzudenken, trampeln sie durchs frisch gemähte Gras oder bedienen sich ungeniert an den Obstbäumen. Manche füttern sogar den Hofhund, obwohl man ihnen schon mehrfach gesagt hat, dass das verboten ist.
Doch der Landwirt gibt sich Mühe zu vermitteln. «Wenn man mit den Leuten spricht und sie auf gewisse Dinge hinweist, zeigen die meisten Verständnis. Allerdings bleibt im Alltag nicht immer Zeit für lange Gespräche.»
Gesetzlich geregeltes Recht
Immer unter der Voraussetzung, keinen Schaden zu verursachen, ist das Betreten von Wald und Weiden sowie das Pflücken von wild wachsenden Beeren, Pilzen und Früchten – unter Vorbehalt spezieller Vorschriften – seit 1912 im Schweizerischen Zivilgesetzbuch als Recht der Bevölkerung festgehalten. Die Rechte und Pflichten von Grundstückseigentümern und Nutzerinnen wurden bereits damals schriftlich festgehalten.
Auch im Appenzellerland gab es seit je Wege von Haus zu Haus und von jedem Haus ins Dorf. Basierend auf diesen öffentlichen Fusswegen führen viele Wanderwege über private Grundstücke und Höfe. Verwaltung und Pflege dieser Wege liegen in der Verantwortung von Bund, Kantonen und Gemeinden. In beiden Appenzeller Kantonen sind rund 1200 Kilometer markierte Wanderwege eingetragen.
Rücksicht ist der Schlüssel
Urs von Däniken ist Präsident von Appenzeller Wanderwege AR . «Unser Ziel ist es, das Wandern als sinnvolle und gesundheitsfördernde Freizeitbeschäftigung zu fördern und dabei das Miteinander aller Nutzer zu stärken», erklärt er. Doch die Wege werden längst nicht mehr nur von klassischen Wanderern genutzt. «Heute teilen sich Wanderer, Jogger, Hundebesitzer, Reiter und Biker – mit und ohne Motor – die gleichen Routen. Das bringt Herausforderungen mit sich», sagt von Däniken.
Um Konflikte zu vermeiden, sei gegenseitige Rücksichtnahme entscheidend. «Wer die Natur geniesst, trägt auch Verantwortung», betont er. «Abfall gehört mit nach Hause, Weidegatter müssen geschlossen werden, und Wanderer sollten auf den markierten Wegen bleiben. Velofahrer sollten zudem stets Rücksicht auf Fussgänger nehmen.»
Aber auch die Bauern könnten ihren Teil beitragen: «Saubere und sichere Wege, Rücksicht auf Menschen mit Hundeangst und ein Verständnis für das Freizeitbedürfnis der Bevölkerung helfen, das Miteinander zu verbessern.» Nur mit gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme lässt sich ein harmonisches Zusammenleben in der Natur gewährleisten.



Ein Gesetz aus dem Jahre 1912......... DAS sagt doch schon alles..... Wieviele Einwohner hatte die Schweiz damals? Gut 3 Millionen? Und 95 Prozent waren entweder Bauern oder hatten enge Verbindungen zur Landwirtschaft. Heute haben wir fast 10 Millionen Einwohner und 95 Prozent haben keinen direkten Bezug mehr zur Landwirtschaft.....
Aber für die 95% der Bevölkerung die Anscheinend keinen Bezug mehr zur Landschaft, dem entsprechend wahrscheinlich auch nicht zur Natur sollte wohl ein Schulfach eingeführt werden.