Rinder und Kühe können in der Zeit ums Abkalben, wenn sich das Euter bildet, «Fluss» entwickeln, also ein Ödem am Euter. Eine Folge ist die bovine ischämische Zitzennekrose, die die Zitzen befällt und sie im Extremfall absterben lässt.
Juckt stark
Zitzen zeigen braune Stellen. Die Entzündung juckt so stark, dass die Striche teils von den Tieren selbst abgeleckt und gar abgebissen werden. Das Portal agrarheute.com liess betroffene Landwirte zu Wort kommen: «Die Wunde frisst sich bis über den Euterboden. Ein Tier hat sich die Zitze abgebissen», berichtet eine Landwirtin. «Wir hatten ein Rind, es hat sich einen Strich immer blutig geleckt. Es ging so weit, bis es sich den Strich selbst abgefressen hatte», so eine andere Landwirtin.
Da es für diese Krankheit bisher keine Therapie gebe, sei sie mit hohen wirtschaftlichen Verlusten verbunden, so agrarheute.com. Ursachen, Entstehung und Verbreitung seien unbekannt.
Grosser Aufwand, kleiner Erfolg
Adrian Steiner, Geschäftsführender Direktor der Tierkliniken, Vetsuisse-Fakultät der Uni Bern, kennt die Krankheit: «Bisher gibt es wenige solcher Fälle, in der Tendenz scheinen sie aber zuzunehmen. Es handelt sich um ein durch Minderdurchblutung bedingtes oberflächliches Absterben der Zitzen.» Am Tierspital Bern gebe es zwei bis drei Fälle pro Jahr. «Sehr viele Fälle werden zu Hause behandelt.» Er hält starken Fluss für den grössten Risikofaktor: «Weder Kuhpocken noch die Erreger von Mortellaro sind beteiligt, die Zitzennekrose ist wohl nicht ansteckend.» Aber sehr schwerwiegend.
Steiner spricht von einem grossen Behandlungsaufwand und einem eher kleinen Behandlungserfolg: «Dieser hängt von der Ausdehnung des betroffenen Gewebes und den zeitlichen Möglichkeiten für die Pflege ab. Man muss durch den Tierarzt den Fluss behandeln lassen und die Wunde pflegen, bis sich unter den Krusten neue Haut gebildet hat.»
Nicht genügend versorgt
Laut Michèle Bodmer vom Tierspital Bern berichtete eine britische Studie von einer Hautinfektion zwischen den Euterhälften und von Zitzenverletzungen als Risikofaktoren. «Das Gewebe wird nicht mehr genügend versorgt, stirbt ab, und es kommt zu einer Besiedelung mit Bakterien.»
Die Behandlung sei aufwendig, geht sie mit Adrian Steiner einig: «Man muss die Wunde mindestens einmal täglich gut reinigen, später mit Salbe pflegen, eventuell einen Zitzenverband anlegen und den Viertel rund zehn Tage lang mit der Kanüle melken. In den ersten 60 Laktationstagen können Viertel nicht trockengestellt werden, ohne der Kuh massive Schmerzen zuzufügen. Nach 100 bis 120 Tagen in Milch kann man den Viertel auch stilllegen, bis der Strich abgeheilt ist.» Die Zitzen sterben schlimmstenfalls ab.