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Warum vor 70 Jahren die Walliser Bauern revoltierten

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich Bauern auch immer wieder an Revolutionen und Aufständen beteiligt haben. Dies, um ihren Unmut auszudrücken oder die Ungerechtigkeiten seitens der herrschenden Klassen anzuprangern. So auch geschehen im Wallis. Und zwar genau vor 70 Jahren.

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Am 7. August 1953 kam es in Saxon VS zur «Aprikosenrevolte». Die hiesige Aprikosenernte war vielversprechend. Doch Billigimporte haben den Markt vor der Ernte bereits übersättigt. Die Walliser Bauern blieben auf ihrer Ernte sitzen. 

Und als der Bundesrat am 4. August 1953 deswegen die Walliser Bauern anwies, keine Aprikosen mehr zu ernten, war dies wie ein Funke ins Pulverfass. Die Revolte dauerte zwar nur etwa 12 Stunden. Doch selbst Armeekräfte wurden aufgeboten, um sie zu unterdrücken, schreibt der «Walliser Bote».  

Bauern warfen 150 Tonnen Tomaten in die Rhone

Die Sommermonate des Jahres 1953 versprachen den Walliser Aprikosenbauern eine sehr gute Ernte. Bis zu zu 6'000 Tonnen diese süssen Früchte waren bereit gepflückt zu werden. Doch es kam anders als erwartet. Der Absatz stockte und kam vollständig zum Erliegen. Der Unmut der Bauern begann sich zusammenzubrauen. Denn die Walliser Bauern konnten bereits  erahnen, was ihnen blühen könnte.

Denn bereits drei Jahre zuvor, also 1950, wurden die Schweizer Bauern durch Billigimporte stark unter Druck gesetzt. Die Konkurrenz durch importierte Billigware wurde immer grösser. Um ihre Wut über diese Situation auszudrücken, warfen Walliser Bauern 150 Tonnen Tomaten in die Rhone. Sie wollten damit eine Verschärfung der der Importgesetze bewirken. 

Bis die Politik auf die schwierige Situation der Bauern reagierte, sollten noch zwei Jahre vergehen. Erst 1952 wurde ein Gesetz eingeführt, das den Import von ausländischem Gemüse und Früchten beschränkte, sobald die einheimischen Produkte reif für die Ernte waren. Einem Umstand, dem scheinbar nicht die notwendige Bedeutung beigemessen wurde.

Billigimporte waren Ursache der Revolte

Denn trotz sehr guter Aussichten auf eine grosse Walliser Aprikosenernte entschied der Bundesrat am 25. Juni 1953, italienische Aprikosen einzuführen. Damit verstiess er zwar nicht gegen das neue Importgesetz, waren doch die Walliser Aprikosen noch nicht reif für die Ernte. Doch durch die 9'000 Tonnen Aprikosen, die bis Mitte Juli aus Italien importiert wurden, war der Markt in der Schweiz gesättigt.

Als dann die Importbeschränkung Mitte Juli in Kraft trat, blieben viele Walliser Bauern auf ihren Aprikosen sitzen. Die Walliser Bauern warfen den Obrigkeiten vor, dass Importgesetz zu spät angewendet zu haben. Der Bedarf sei durch die importierten Früchte bereits gedeckt worden und die inländische Produktion könne nicht mehr verkauft werden.

Nach Ernteverbot wurde Protest organisiert

Und als der Bundesrat am 4. August 1953 anwies, keine Schweizer Aprikosen mehr zu ernten, war das den Walliser Bauern eine Ungerechtigkeit zu viel. Es bildete sich ein Aktionskomitee, das zu Protesten aufrief. Mit einem lautstarken Aufruf wurden Betroffene und Sympathisanten am 7. August 1953 eingeladen, sich nachmittags am Bahnhof Saxon zu versammeln, dem Zentrum des Walliser Aprikosenanbaus. Bis zu 5'000 Personen aus allen Gesellschaftsschichten seien dem Aufruf gefolgt.

Geplant war nur eine Protestversammlung. Diese wurde auch von Reden begleitet, denen anfangs aufmerksam zugehört wurde. Doch gegen vier Uhr nachmittags eskalierte die Situation.

Das Walliser Lokalfernsehen Canal 9 zeigt einige Bilder der Revolte und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen. 

Brennende Güterwägen und blockierte Gleise

Gleise wurden gestürmt, Güterwagen der SBB ausgeräumt und leere Obstkisten verbrannt, die teils auch die Güterwagen in Brand setzten. Frauen und Kinder blockierten die Bahngleise und unterbrachen damit den Zugsverkehr. Mit gefällten Bäumen wurden die Zufahrtsstrassen blockiert, um Polizei und die aufgebotenen Armeekräfte zurückzuhalten. Um 3 Uhr morgens des Folgetages war die «Aprikosenrevolte von Saxon» vorbei. Personen wurden keine verletzt. Es kam nur zu Sachschäden.  

Die Drahtzieher dieser kleinen Revolution konnten nicht identifiziert werden, weil niemand der 120 von der Polizei Befragten einen Namen verraten wollte. Und doch wurden 49 Personen angeklagt. 7 Demonstranten wurden zu bedingten Haftstrafen verurteilt. 28 Personen mussten der SBB eine Entschädigung von 45'600 Franken bezahlen. Die SBB verzichtet aber auf einen Teil der Entschädigung, schreibt der «Walliser Bote» weiter. 

Bessere Bedingungen erwirkt trotz harscher Kritik

Der Bundesrat verurteilte die Aktion scharf. Der gute Ruf der Schweiz hätte darunter gelitten und der Verkauf inländischer Aprikosen weiter erschwert. Auch von Seiten der Medien hagelte es Kritik. Ausser den linksgerichteten Zeitungen haben alle Medien die Revolte verurteilt.

Die Bauern erhielten aber trotzdem Sympathien von der Bevölkerung. Auch die Politik reagierte. Billigimporte wurden weiter eingeschränkt. Die von diesen Importen betroffenen Bauern erhielten eine Entschädigung. Zudem wurde in der ganzen Schweiz zum Konsum von Walliser Aprikosen aufgerufen.

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