Die 55-Jährige war im Bereich Lai Nair mit ihren drei kleinen Hunden unterwegs, als sie der Wanderweg in ein grossräumig eingezäuntes Weideland von Mutterkühen führte. Trotz einer Empfehlung am Eingang des Weidelands, Hunde anzuleinen, seien die Hunde frei in die Mitte der Herde gesprungen, sagte ein Sprecher der Kantonspolizei Graubünden auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Kühe brachten Frau zu Fall
Kurz vor 16 Uhr kamen die Frau mit den Hunden in die Nähe einer Kuhherde, worauf die Hunde in die Mitte der Herde sprangen. Die Hundehalterin folgte ihnen, mit der Absicht, diese einzufangen. Nachdem sie einen ihrer Hunde erwischte, flüchtete sie. Die aufgescheuchten Kühe brachten sie aber zu Fall und wandten sich erst von ihr ab, als sie regungslos liegenblieb.
Andere Wanderer alarmierten daraufhin die Rettungskräfte. Eine Rega-Crew flog die Schwerverletzte schliesslich nach Chur. Die unverletzten Hunde seien in Obhut des Mannes der Hundehalterin, so der Sprecher weiter. Auch die Kühe hätten keine Verletzungen davongetragen.
Kühe erachten Hunde als Raubtier
Für Rinder ist ein Hund in jedem Fall ein Raubtier – unabhängig von seinem Aussehen und seiner Grösse. Auch wenn diese nicht mehr wie Wölfe aussehen, sind ihre Körpersprache und Bewegungsmuster immer noch ähnlich. Insbesondere Mutterkühe gehen deshalb in Angriff über, wenn sie ihre Kälber bedroht sehen. Hund und Hundehalter sollten eine Herde deshalb möglichst ruhig und weiträumig umgehen, wobei der Vierbeiner in solchen Gebieten immer angeleint sein soll. Das hat die Frau, trotz Warnschild, unterlassen.
Warntafeln weisen auf Gefahren beim Durchqueren von Weiden hin.
BUL
Wie stark Mutterkühe auf Hunde reagieren, erklärte Biobauer Niklaus Hari aus Reichenbach im Kandertal im Mai 2020 gegenüber dem Landwirtschaftliche Informationsdienst (lid). Sogar der eigene Hofhund, den die Kühe kennen, könne als Bedrohung empfunden werden. «Das kann eine Kuh so wild machen, dass sogar ich nur noch beiseite treten kann», sagte Hari. Es sei aber nie die Kuh schuld, wenn es zu einer unfreundlichen Begegnung komme, sondern immer der Eindringling – also ein frei laufender Hund oder ein unvorsichtiger und vorlauter Wanderer.
Weiden im Wandergebiet
Grundsätzlich haften Tierhalter für Schäden, die ihre Tiere verursachen, sofern nicht nachgewiesen wird, dass die gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung der Tiere angewendet wurde (OR, Art. 56). Dies bedeutet, dass Halterinnen und Halter von Rindvieh wie auch von Herdenschutzhunden eine Risikoanalyse mit entsprechender Massnahmenplanung und -umsetzung durchführen müssen, sobald Wanderwege durch ihr Weidegebiet führen, schreibt die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL).
Für Wald und Weiden besteht ein öffentliches Zutrittsrecht, welches im ZGB, Art. 699 festgehalten ist. Es ist davon auszugehen, dass Wegbenützende über wenig bis gar keine Kenntnisse im Umgang mit Rindvieh verfügen.
-> Ratgeber & Checkliste Rindvieh
-> Infos von Mutterkuh Schweiz zum Thema «Wanderer und Rindvieh»