Zu viel Schreibtischarbeit und zu hohe Kosten: Die unabhängigen Weinbauern protestieren gegen die neue Weinverordnung des Bundes. Besonders in Rage sind die Winzer in der Romandie.
Sie fordern, dass sie vom Bundesamt für Landwirtschaft angehört werden. Zum Zeichen des Widerstands behindern zahlreiche Winzer die Bundesbeamten bei ihren Kontrollen. Sie lassen die Kontrolleure nicht in ihre Weinkeller hinein.
Aufruf zum Ungehorsam
Begonnen hat der Protest im Januar mit Aufruf zum Ungehorsam. Zeitgleich schickten die Winzer einen Brief an Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Bislang haben sich in der ganzen Schweiz 80 Weinbauern dieser Form der Rebellion angeschlossen, wie die Schweizerische Vereinigung der selbsteinkellernden Weinbauern (SVSW) am Dienstag mitteilte. Fast alle dieser Betriebe befinden sich in der Westschweiz.
«Die neue Verordnung stellt an uns die gleichen Anforderungen wie an den Weinhandel. Die Folgen sind ein erheblicher Anstieg der Verwaltungskosten im Vergleich zu der Zeit, als die Kellerinspektionen von den Kantonen durchgeführt wurden», erklärt der Genfer Winzer und SVSW-Präsident Willy Cretegny die Gründe für den Zorn der kleinen Weinbauern.
Kritik am Freihandel
Zudem machen sich die unabhängigen Winzer angesichts der aktuellen Situation auf dem Schweizer Weinmarkt Sorgen um ihre Zukunft. Der Schweizer Wein verliere Jahr für Jahr an Boden gegenüber den Importen. «So kann es mit dem Freihandel nicht weitergehen», kritisiert Cretegny.
Die Misere betreffe nicht nur die Winzer, sondern die Landwirtschaftsarbeiter im Allgemeinen. Auch in anderen Bereichen werde immer weniger in der Schweiz produziert, stellt er fest. Tausende von Arbeitsplätzen seien in Gefahr, warnte er.
Winzer fürchten um ihre Existenz
Aufgrund der hohen Lagerbestände sind die Preise für Schweizer Weine, insbesondere aus der Romandie, deutlich gesunken. Um für den Jahrgang 2019 Platz zu schaffen, haben Winzer aus den Kantonen Genf und Waadt Wein von 2018 an den Detailhandel praktisch verschenkt. Dieses berichteten Tamedia-Zeitungen im Dezember 2019. Einzige Bedingung dafür: Die Bauern zählen darauf, dass Coop, Denner, Fenaco und Aldi die Ernte im kommenden Jahr wieder aufkauft.
Die Winzer fürchten deshalb um ihre Existenz. Sie sehen sich ihrer Perspektive beraubt und fordern vom Staat, dass er die Weinwirtschaft besser schützt. In der Romandie mit den Weinanbaugebieten in den Kantonen Wallis, Waadt, Genf und der Drei-Seen-Region befinden sich rund drei Viertel der Weinberge der Schweiz.
Lager gut gefüllt
Problematisch ist für die hiesigen Weinbauern auch der rückläufige Weinkonsum. Der Marktanteil von Schweizer Wein hat sich bei 35 % eingependelt. Aufgrund guter Ernten haben sich aber die Lager gefüllt. Die letztjährige Ernte war um 12,6% höher als im Durchschnitt.
Der Konsum von Schweizer Weinen, obwohl er 2018 eine Zunahme verzeichnen konnte, fiel deutlich niedriger aus als die Weinernte 2018. Auch 2019 sind die Erntemenge wieder über dem Jahresverbrauch zu liegen gekommen.