In «Neumatt» geht es um die Bauernfamilie Wyss, die nach dem Suizid des Vaters am Abgrund steht. Dass in der Serie kein romantisches Landleben gezeichnet wird, ist auch Bauer Werner Locher zu verdanken, der die Autoren beraten hat.
«Sie habe es echt idyllisch hier», sagt ein Besucher des Hofs Neumatt in der gleichnamigen SRF-Serie zu Katherina Wyss, der Bäuerin. «Idyllisch?», antwortet sie und lacht höhnisch.
Zerrissenheit
Sie hat gerade ihren Mann verloren. Kurt Wyss, ein Bauer mit einem durchschnittlichen, konventionellen Milchwirtschaftsbetrieb, hat sich das Leben genommen. In einem Abschiedsbrief hat er geschrieben, dass sein ältester Sohn, Michi, dem jüngsten, Lorenz, helfen soll, den Betrieb weiterzuführen.
Michi (in seiner Zerrissenheit überzeugend: Julian Koechlin), der in Zürich als Unternehmensberater arbeitet, die Karriere vorantreiben will und seinen bäuerlichen Hintergrund verschweigt, muss zurück auf den Hof und sich mit seiner Familie und Herkunft auseinandersetzen. Angesichts der Schuldenlast des Hofs und der schlechten Führung des Vaters sieht sich Michi gezwungen, den Betrieb umzustrukturieren. Er erarbeitet eine Strategie, die dem Bruder Lorenz (Jérôme Humm) nicht ganz geheuer ist.

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Zeitgemässes Bild
Auch die Schwester Sarah (Sophie Hutter) ist nicht zufrieden mit Michis Plänen. Da sie als alleinerziehende Mutter und Selbstständige finanziell schlecht dasteht, drängt sie darauf, den Hof zu verkaufen. Das führt zu Intrigen, zugeschüttete Konflikte kommen ans Licht, und alte Wunden reissen auf.
Dass die Serie in der heutigen Zeit spielt und ein Bild der Landwirtschaft zeichnet, das nichts mit verklärter Romantik zu tun hat, freut Werner Locher, Landwirt und Big-M-Mitglied aus Bonstetten ZH. Und er ist nicht ganz unschuldig daran: Er hat das Autorenteam während zwei Jahren beraten, damit es ein möglichst zeitgemässes Bild der Landwirtschaft zeichnet.
Drehbücher mehrmals gelesen
«Ich habe die Drehbücher mindestens viermal gelesen und immer wieder Aspekte rausgestrichen, die nichts mit der Realität zu tun haben», erzählt er. In der Szene, in der eine Kuh ein Kalb zur Welt bringt, sei in der ursprünglichen Fassung der Tierarzt von Anfang an dabei gewesen und hätte dem Bauern am Schluss eine grosse Flasche Antibiotika überreicht. «Da musste ich sofort erklären, dass das bei einer normalen Abkalbung nicht so läuft.»
Das Autorenteam unter der Leitung von Marianne Wendt habe seine Anregungen sehr gut integriert. «Ich war beeindruckt darüber, wie sie mir zugehört und mich verstanden haben», sagt Locher. «Ich wünschte, das Bundesamt für Landwirtschaft und die Politikerinnen und Politiker in Bern würden uns Bauern so gut zuhören wie die Drehbuchschreiber.»

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Wie die Heugabel halten
Bei manchen Szenen hätten die Autorinnen und Autoren aber auf ihrer künstlerischen Freiheit beharrt: Nach der Beerdigung des Vaters gehen die Brüder und ihre Freunde im Sonntagsanzug auf den Stock, um Heu zu verteilen. «Das würde man niemals ohne Maske machen und schon gar nicht, wenn das Gebläse ohnehin einen automatischen Verteiler hat», sagt Locher und lacht.
Wie sie die Heugabeln halten müssen, haben die Schauspielerinnen und Schauspieler aber gelernt. Sie waren einen Tag bei Locher auf dem Hof, und er hat ihnen alles gezeigt. Bei ihm bekamen sie auch die Gelegenheit, sich mit dem Bauer und seiner Familie auszutauschen. Rachel Braunschweig, die Darstellerin von Katharina Wyss, habe sich zum Beispiel nach den Generationenkonflikten erkundigt. Sie und ihre Serienschwiegermutter Trudy Wyss, gespielt von Marlise Fischer, bringen Aspekte davon in der Serie denn auch glaubwürdig rüber.
Viel gelernt
Mit anderen Details hat Locher aber nichts zu tun, wie er beteuert. Dass der etwas erfolgreiche und zwiespältige Bauer mit seinen Holsteinkühen Thomas Peterhans heisse, sei zum Beispiel purer Zufall. «Es ist nicht auf meinem Mist gewachsen, dass der fast gleich heisst wie Toni Peterhans, einer der erfolgreichsten Holsteinzüchter der Schweiz», sagt Locher und lacht.
Er habe aber nicht nur beraten. Er habe auch viel über die Entstehung einer solchen Produktion gelernt, so Locher. «Ich war beeindruckt von der Arbeit des Drehteams. Da gab es immer ein Riesengewusel, wenn rund 40 Leute am Set waren. Sobald aber gedreht wurde, wussten alle ganz genau, was sie zu tun hatten, und die Konzentration war enorm gross», sagt er.

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Eine Chance beim Kalben
Zudem sah er, wie aufwendig eine solche Produktion ist. Die Szenen wurden immer mehrmals aus verschiedenen Perspektiven gedreht. Bis auf eine. Jene, in der die Kuh abkalbt. Die musste auf Anhieb sitzen. «Wir haben während drei Nächten auf dem Hof gewartet, bis die Kuh so weit war», dann hatten wir eine einzige Chance, es richtig zu machen.»
Tatsächlich haben die Macherinnen und Macher der Serie viel richtig gemacht. Es ist ihr anzusehen, dass das Autorenteam, die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Regisseurin Sabine Boss und der Regisseur Pierre Monnard, die Produzentin Jessica Hefti und die anderen Beteiligten alles daran gesetzt haben, ein realistisches Bild der Landwirtschaft zu zeigen.
Während die bäuerlichen Szenen stark sind und beeindruckend erzählt wird, wie sich die landwirtschaftliche Herkunft Michis immer mehr in seine Arbeit und seine Selbstwahrnehmung als urbaner Unternehmensberater drängt, wirken andere Szenen aufgesetzt und fehl am Platz. Vor allem der Befreiungsschlag der Bäuerin Katharina Wyss scheint nicht ganz so elaboriert. Er wirkt wie eine Pflichtübung und verliert sich in Klischees. Ansonsten sind die beiden ersten der acht Folgen, die am Sonntagabend ausgestrahlt werden, ein würdiger Ersatz für «Tatort».



BRAVO!
Ich war enttäuscht, als die letzte Folge zu Ende war..... und nun wie weiter???
Vielen Dank dem SRF
Spannung bis zur letzten Minute. Eigentlich fast ein Wirtschaftskrimi mit dem Bauernhof Neumatt als eines der Opfer.
Ein grosses Kompliment
Und ein Bravo an SRF
Hoffentlich geht es bald wieder weiter mit neun Folgten kann es kaum erwarten den es war so spannend
Und so tolle Schauspieler
Also alles gute und bleiben Gesund bis bald