Weiden im Wald ist grundsätzlich untersagt und Zäune im Wald und am Waldrand zu stellen ebenso. So bewegt sich der Forstbetrieb Frenkentäler eigentlich ausserhalb der Legalität, wenn er mit seinem Projekt just das eigentlich Verbotene praktiziert und dies erst noch öffentlich macht.
Doch was so illegal tönt, ist alles behördlich abgesprochen und bewilligt mit dem primären Ziel, mit dem Auslichten von Waldrändern und dem Ausdehnen der Weidefläche in den Wald die Biodiversität zu fördern.
Ökologisch aufwerten
Neu ist das Beweiden des Waldes nicht, denn vor Jahrzehnten war dies in der Schweiz gang und gäbe, bis die Übernutzung zu einem Totalverbot führte. Doch diese Zeiten sind angesichts der Tatsache, dass sich der Wald jährlich um die Fläche des Murtensees ausbreitet, längst passé.
Dies gilt vor allem auch für das Gebiet beim Dürstel in Langenbruck, einem der grössten geschützten Totalreservate im Baselbiet, wo ein ganzer Hügelzug forstwirtschaftlich nicht mehr erschlossen ist und die Natur wie im Nationalpark sich selbst überlassen bleibt. Oder fast, denn für den innovativen Forstbetrieb Frenkentäler ist das Übergangsgebiet zwischen Offenland und Wald wie geschaffen, es an den Rändern ökologisch aufzuwerten.
Nordexponierte Hanglage
«Normalerweise werten wir Waldränder auf der Jura-Südseite auf. Hier in Langenbruck in der Nähe des Dürstels wenden wir uns jedoch den nordexponierten Hanglagen zu, wo weniger Licht hineinkommt und die Hitzetage aufgrund des Klimawandels laufend zunehmen», sagt Simon Tschendlik, Co-Geschäftsführer des Forstbetriebs Frenkentäler. Zusammen mit Pro Natura, den Waldeigentümern und der Umwelt- und Naturschutzkommission Langenbruck ist ein Projekt gestartet worden, das etappiert dereinst mehr als 20 Hektaren Waldland umfassen soll, um es mit Vieh, Schafen oder Ziegen zu beweiden.
Anstelle des extrem scharfen Übergangs zwischen Offenland und Wald soll ein harmonisch verzahnter Waldrand entstehen. Ein erster Schritt war das Auslichten des Waldrands im Februar 2023, der im Vordergrund halbhohe Strauch- und Baumarten aufweist und dessen Bestand mit zukunftsträchtigen Bäumen wie Birken, Espen, Berberitzen oder Schwarz- und Weissdorn erst im Abstand von 30 Metern beginnt. «Diese Weichen für die nächsten 50 bis 100 Jahre wollen wir jetzt stellen», so Tschendlik.
Mit Motorsäge
Projektförster Andreas Sager betont, dass man die gewünschte Verzahnung nicht mit mechanisiertem Mähen erreicht, sondern der gezielte Waldaufbau nur mit Motorsäge und Freischneider möglich ist. Zudem brauche es eine Nachpflege im Dreijahresturnus. «Ist dieser Zustand durch manuelles Eingreifen erreicht, kann man den Waldrand den Kühen, Schafen oder Ziegen überlassen. Sie sorgen dafür, dass die stark wachsenden Pflanzen wie Haselstauden abgefressen und sich Berberitze oder Schwarzdorn behaupten können», hält Sager fest. Dies sei jedoch nur möglich, wenn für die Beweidung Landwirtinnen und Landwirte gefunden werden könnten, welche ihre Tiere im Wald weiden lassen.
Zu ihnen zählt Miriam Singer. Die gelernte Landwirtin führt den Hof vorderer Dürstel in Langenbruck als konventionellen Betrieb mit Milchwirtschaft. Ihre Rinder sömmern auf einer Waldweide von rund 5 Hektaren. «Das Projekt bedeutet für mich Mehraufwand, vor allem mit dem zusätzlichen Hagen im Wald. Ich finde das Vorhaben jedoch sympathisch und bin neugierig, wie es sich entwickelt und auf die Natur auswirkt», sagt sie am Telefon. Wichtig sei ihr, dass ihre Tiere genügend Schatten und Rückzugsorte bei Gewittern und Hagel hätten. Ob sie die zusätzliche Weidefläche für Direktzahlungen anmelde, lasse sie noch offen.
Wo macht es Sinn?
«Wir wollen nicht alles beweiden, aber mit unserem Pilotprojekt beweisen, dass es funktioniert» sagt Simon Tschendlik. Man müsse sich jedoch stets die Frage stellen, wo es Sinn macht und wo nicht. Dort auszuzäunen, wo ein Wildwechsel stattfinde oder wo Bodenschäden entstehen könnten, sei wenig sinnvoll. Der ökologische Nutzen müsse stets überwiegen.
Die bisherigen Erfolge überzeugten: kein Unterwuchs, keine Ausbreitung von Brombeeren; die Rinder nutzten die neu geschaffene Waldweide gerne, und die neu angelegten Kleinstrukturen entlang des Waldrands würden bereits von Vögeln und Kleinsäugern genutzt.
Kommentare (2)