Bewegungsmangel verursacht weltweit über fünf Millionen zusätzliche Todesfälle pro Jahr, berichten Forscher im Fachblatt «Lancet». Motivationskampagnen alleine nützten indes nichts, schreibt ein internationales Forscherteam mit Zürcher Beteiligung. Auch die Umwelt müsse bewegungs-freundlicher werden.
In der Schweiz ist laut den Forschern Bewegungsmangel für schätzungsweise 2800 frühzeitige Todesfälle verantwortlich. Zudem gehen zwei Millionen Krankheitsfälle sowie Behandlungskosten von 2,2 Milliarden Franken pro Jahr auf sein Konto, wie die Universität Zürich am Mittwoch mitteilte.
«Couch-Potato-Lebensstil»
Immer dringender werde deshalb die Frage, warum sich manche Menschen bewegen und andere lieber faulenzen würden, schreiben die Wissenschaftler um Brian Martin vom Institut für Präventiv- und Sozialmedizin der Universität Zürich.
Sie durchforsteten die Literatur nach Faktoren, die für diesen «Couch-Potato-Lebensstil» verantwortlich sind. Immer mehr stechen dabei nicht nur persönliche, individuelle Faktoren hervor, sondern auch Umweltbedingungen wie städtebauliche Massnahmen.
Männer, Junge und Wohlhabende am aktivsten
Grundsätzlich sind in Industrieländern Männer und Buben aktiver als Frauen und Mädchen, was laut den Forschern an kulturell verankerten Geschlechterbildern liegt. Besonders viel bewegen sich auch junge, wohlhabende und von ihrer Fähigkeit überzeugte Menschen, «es zu packen».
Wichtig ist zudem das soziale Umfeld. «Bei Kindern und Jugendlichen hängt es stark von der Unterstützung der Familie ab, ob sie aktiv sind», sagte Martin der Nachrichtenagentur sda. Eine frühere Studie der Zürcher hatte gezeigt, dass in der Schweiz Sportvereine die Bewegungsfreude kräftig und langfristig fördern.
Städtebauliche Massnahmen
In den letzten 20 bis 30 Jahren zielten Kampagnen zur Bewegungsförderung in erster Linie auf solche individuellen Faktoren ab. Sie zeigten indes nicht die erwünschte Wirkung. Immer mehr messen die Forscher der Gestaltung des öffentlichen Raums eine wichtige Rolle bei - zum Beispiel das Fehlen von Trottoirs und Fusswegen in den USA.
Die Wiederbelebung von Innenstädten durch Fussgängerzonen oder die Schaffung von Velowegen könnten sich somit positiv auf die körperliche Aktivität auswirken, ist Martin überzeugt. «Man bewegt sich lieber in schöner und ansprechender Umgebung.» In der Schweiz seien die vielen Wander- und Velowege und schönen Landschaften hierbei günstig.
Bewegungsmangel tötet
Wie dringlich das Problem ist, zeigen Berechnungen von US-Forschern in der gleichen Ausgabe von «Lancet» auf. Bewegungsmangel verursache bis zu zehn Prozent der Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Brust- und Darmkrebs weltweit, berichtete die Forschergruppe um I-Min Lee.
Damit senke körperliche Inaktivität die Lebenserwartung in vergleichbarem Masse wie Rauchen und Fettleibigkeit.