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Wie aus Fritz, dem Bauern, Fritz der Indianer wurde

Obwohl Bauer Fritz am Morgen von Heilig Abend kaum aus dem Bett kommt, weil er so einen Kater hat, freut sich seine Frau letztlich über seine Eskapaden. Nicht zuletzt, weil er ihr ein aussergewöhnliches Weihnachtsgeschenk beschert hat.

Samuel Krähenbühl |

 

Obwohl Bauer Fritz am Morgen von Heilig Abend kaum aus dem Bett kommt, weil er so einen Kater hat, freut sich seine Frau letztlich über seine Eskapaden. Nicht zuletzt, weil er ihr ein aussergewöhnliches Weihnachtsgeschenk beschert hat.

Niemand feiert schöner als Fritz. Das ist klar. Aber das bringt auch gewisse Nachteile mit sich. Denn wenn Fritz wieder einmal einen lustigen Abend hatte, dann kämpft er am Morgen gehörig mit dem Kater. Heute Morgen ist es besonders schlimm. «Fritz? Friiitz? Fritz!». Alles Rufen von Frau Marianne bringt rein nichts. Fritz hat nicht etwa einen Kater. Nein, er ist noch immer so beduselt, dass er es nicht einmal merken könnte, wenn er einen Kater hat. 

Es ist schon nach Sieben und schon bald würde der Milchlastwagen vorfahren. Was macht da die kluge Gattin? Sie greift sich einen Krug, füllt ihn mit Wasser, geht die Treppe hoch ins halbdunkle eheliche Schlafzimmer. «Fritz», ruft sie ein letztes Mal, während sie ihren Mann gleichzeitig schüttelt. Ein unverständliches Gegrunze ist die einzige Antwort, während der er sich auf den Bauch dreht. «Du hast es nicht anders gewollt», meint sie und schüttet ihm das Wasser in den Nacken. Potzdonner. Jetzt wird Fritz auf einmal quicklebendig! Ein nicht zitierfähiger Schwall von Fluchwörtern kommt aus seinem Mund. Marianne wartet das Ende der Schimpftirade ab. «Du musst sofort in den Stall zum Melken», meint sie dann ganz sachlich und geht wieder.

Fritz ist es im Moment nicht nach Kühen. Denn jetzt meldet sich ein anderes Tier nun doch, das mit K beginnt: Der Kater! «Was hab ich gestern bloss alles gebechert?», fragt sich Fritz. Aber auch sein Hintern schmerzt bis hoch ins Kreuz. Das eine oder andere Bierchen, danach das eine oder andere Schnäpschen scheint es doch gewesen zu sein. Das erklärt den Kater. Aber woher kommt dann der Wolf zwischen den Beinen und das Stechen im Rücken?

Bevor er sich anzieht, muss er mal aufs Klo. Das viele Bier klopft in der vollen Blase an. Mit halboffenen Augen wäscht er sich die Hände. Doch auf einmal sperrt er die Augen weit auf! Ihn starrte ein ihm unbekannt scheinender Mann mit Irokesenschnitt an. Und erst das Gesicht! Es schien, als sei Indianerhäuptling Sitting Bull wiedergeboren. 

Er hat noch kaum die Hosen hochgezogen, als er die Treppe hinuntertorkelt und in die Küche stolpert. Zunächst schaut ihn seine Frau entsetzt an. Das Entsetzen wandelt sich jedoch rasch in lautes Gelächter. «Was hast du bloss angestellt gestern?», meint sie zwischen zwei lauten Lachern. «Du brauchst nicht zu lachen. Du musst mir helfen!» erwidert er wütend. Nun wird Marianne doch wieder etwas ernst: «Da säufst Du wieder einmal wie ein Verrückter, weisst nicht mehr, was Du alles angestellt hast. Und dann soll ich wieder den Grind hinhalten! Geh Du jetzt melken. Der Milchlastwagen kommt schon bald!» 

Fritz sieht ein: Er hat Scheisse gebaut. Also geht er nun doch raus in den Stall. Aber er schämt sich sogar vor den Kühen. Und es scheint ihm, dass seine Rindviecher die Köpfe zusammenstecken und über ihn tuscheln. Bereits hört er draussen einen Motor. Der Lastwagenfahrer schaut zuerst in den Milchraum und sieht, dass Fritz noch am Melken ist. Deshalb kommt er jetzt in den Stall. «Fritz, schon wieder muss ich auf dich warten!», schnauzt er ihn an. Als Fritz – der in diesem Moment gerade nicht mehr an sein etwas spezielles Outfit denkt – sich zu ihm umdreht, bekommt aber auch der Chauffeur einen Lachanfall.  «Bin ja gerade fertig mit Melken», sagt der Bauer säuerlich. «Hast Du gestern zu lange Friedenspfeife geraucht?», erntet er den Spott.

Bald ist die Milch abgepumpt, die Melkmaschine gewaschen. Doch vor dem Haus erwartet ihn das nächste Debakel. Er sieht einen ziemlich neuen BMW vor dem Haus stehen. «Nicht das auch noch!», denkt sich Fritz. Denn der BMW gehört seinem Banker. Ausgerechnet heute Morgen kommt er! Er hatte den Termin komplett vergessen. Dabei ist es sehr wichtig. Denn es geht um den geplanten Stallneubau. Und der Banker steht ausgerechnet noch vor dem Eingang und redete mit Marianne. Schon will Fritz buchstäblich den Hintereingang nehmen, als Marianne ihm zuruft. «Fritz, Du musst kommen. Herr Müller von der Bank ist da!»

Fritz weiss nicht, ob er in diesem Moment lieber seine Frau erwürgt oder im Boden versunken wäre. Er hatte keine andere Wahl und musste Herrn Müller die Hand schütteln. «Schauen Sie nicht so doof», raunzte Fritz, als er sieht, dass sich die Mundwinkel des sonst eher steifen und förmlichen Mannes nach oben bewegen.

Herr Müller ist gnädig. Er stellt zufrieden fest, dass die Kennziffern der Buchhaltung insgesamt stimmen. Und er findet es doch offensichtlich auch etwas amüsant, die Verhandlungen mit einem leibhaftigen Indianer zu führen. «Gottseidank», stöhnt Fritz erleichtert, als Herr Müller sich verabschiedet hat. «Und nun schmink mich sofort ab, sagt er zu seiner Frau. Diese kommt nicht mal dazu, zu antworten, als es klingelt. Ohne eine Reaktion abzuwarten, öffnet sich sofort die Türe und seine Schwiegermutter tritt ein. «Ich hab für heute Abend Güetzi gebacken!» Sie umarmt ihre Tochter. Dann schaut sie Fritz an. Dieser hätte erneut in den Boden versinken wollen. «Jesses, Fritz!» Nach einem kurzen Augenblick muss auch sie losprusten. Ausgerechnet! Fritz hätte es lieber gehabt, wenn sie wütend geworden wäre. Aber nun muss er sich auch noch von seiner Schwiegermutter auslachen lassen.

Doch immerhin wird er nun endlich die Schminke los. Marianne braucht doch recht lange, um die Kriegsbemalung vom Gesicht ihres Mannes zu kratzen. «Deine Haare kann ich aber nicht schneller wachsen lassen», gibt sie zu bedenken. Fritz dämmert langsam, dass er die nächsten Wochen mit seiner speziellen Frisur verbringen musste, bis die Haare etwas nachgewachsen waren. Doch momentan beschäftigt Fritz wieder stark, was sich unter seiner Kopfhaut abspielt. Sein Kater, den er aufgrund des schreck- und ereignisreichen Vormittags fast etwas vergessen hatte, meldet sich laut und deutlich wieder. Seine Frau kennt ihn gut genug. «Fritz, geh doch etwas schlafen. Heute Abend für den Stall und dann die Bescherung musst du ja wieder fit sein.»

Doch wirklich gut schlafen kann Fritz nicht. Er wälzt sich im Bett. Sein Kater lässt ihm keine Ruhe. Und auch sein verlängerter Rücken tut noch immer sauweh. Dazu möchte er sich erinnern, was gestern vorgefallen ist. Langsam, aber sicher kommt er doch zur Ruhe. Doch nun ruft schon wieder Marianne: «Fritz, du musst in den Stall!». Noch einmal eine kalte Brause will er nicht riskieren. Trotz brummendem Schädel erledigt er die Stallarbeit. Noch immer erscheint es ihm so, als dass die Kühe über ihn tuscheln würden. Immerhin wird nun sein Kopfweh etwas besser. 

Nach der Stallarbeit geht er unter die Dusche. Als er seine Nase aus der Badezimmertüre steckt, riecht es verführerisch. Kochen konnte sie, seine Marianne. Und wie! «Friiiitz, Friiiiiiiiiitz!» Schon zum dritten Mal weckte ihn seine Frau heute. Immerhin war er dieses Mal so etwas wie wach. «Fritz, du hast Besuch!». Da er nun doch neugierig ist, beeilt er sich mit dem Anziehen.

Als er ins Wohnzimmer kommt, traut er seinen Augen nicht. Ein «Blutsbruder» mit Irokesenschnitt sitzt etwas benommen im bequemen Stuhl. Er war zwar auch etwas abgeschminkt, aber nicht so ordentlich, wie es seine Frau gemacht hatte. Gegen die Ohren und am Kinn waren immer noch Farbresten. Die Ringe unter den Augen hingegen stammten wohl eher vom Geist aus der Flasche denn vom Kriegspfad.

«Housi!» Fritz kann nun seinen Blutsbruder endlich richtig identifizieren. «Pssst. Nicht so laut», erwidert dieser. Der Möchtegern-Indianer hält sich die Ohren zu. «Fridu, ich gratuliere dir. Du hast gewonnen!». Nun versteht dieser aber nur Bahnhof. «Housi, ich muss dir was beichten. Ich hab keinen blassen Schimmer mehr, was gestern abgegangen ist.» Der Angesprochene zieht die eine Augenbraue hoch, so dass sich der Haarkamm auf dem Kopf leicht bewegt. Langsam greift er in seine Tasche. «Nimm. Du hast das gestern liegen gelassen. Ich habs für dich mitgenommen.» 

Fritz öffnet den Umschlag, den ihm sein Saufkumpan in die Hand gedrückt hat. Er beginnt zu lesen. Seine Augen werden immer länger. Er muss sich setzen, obschon ihn sein Hinterteil noch immer schmerzt. In dem Moment kommt seine Marianne ins Wohnzimmer und will wissen, ob Housi eventuell auch gleich zum Weihnachtsessen bleiben will. «Geht es Dir noch immer nicht gut», fragt sie ihren Mann, als sie diesen mit offenem Mund auf dem Sofa sitzen sieht. Dieser reicht ihr wortlos den Brief. Sie liest laut vor: «Gutschein für eine Reise in den Wilden Westen. Erleben Sie und Ihre Reisebegleitung während zwei Wochen, wo und wie Buffalo Bill, Calamity Jane, Sitting Bull und wie sie alle hiessen lebten. Flug und Vollpension sind inbegriffen.»

Nun versteht auch Marianne nur Bahnhof. Housi klärt sie nun auf: «Während wir an der Hotelbar ins Bier vertieft waren, merkten wir, dass nebendran im grossen Saal irgendeine Kilbi im Gang war. Auf einmal kam eine Frau zu uns, die uns ganz aufgeregt fragte, ob wir denn noch nicht bereit seien für das Casting. Offenbar ging es um eine PR-Aktion eines Reisebüros. Da wir schon ziemlich einen an der Birne hatten, waren wir für ein Abenteuer zu haben. Wir liessen uns also in eine Garderobe bugsieren, wo sich Coiffeusen und Kosmetikerinnen an uns zu schaffen machten. Dann schubsten sie uns auf die Bühne im vollen Saal. Wir mussten verschiedene Aufgaben lösen. Mit dem Pfeilbogen schiessen, auf dem Boden robben und so weiter. Zum Schluss kam noch das Rodeo reiten. Während ich schon bald vom Bock flog, klebte Fridu wie angegossen darauf. Keiner hatte deshalb am Schluss so viele Punkte wie er.» 

Fritz ist nun alles klar. Daher der komische Haarschnitt und die Kriegsbemalung. Und vor allem auch daher sein schmerzender Hintern. Seine Frau schaut ihn mit grossen Augen an, hebt ihren Arm und kommt auf ihn zu. Instinktiv hält er seinen Arm schützen vor sein Gesicht. Doch seine Frau will ihn nicht etwa Ohrfeigen. Im Gegenteil. Sie umarmt ihn und meint: «Fridu, was für ein schönes Weihnachtsgeschenk! Jetzt hat mir deine Sauferei mindestens einmal Freude gemacht.»

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