Forscher gewinnen aus Tierkot Fasern, die zugfester sind als Stahl. Sie sollen nun für die Fahrzeugindustrie genutzt werden.
Alexander Bismarck, Chemiker an der Universität Wien, will mit seinem Team Exkremente von Kühen, Pferden, Ziegen oder Elefanten in Nanozellulose verwandeln, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Die benannten Fasern würden aus aneinandergereihten Glukosemolekülen, also lediglich aus Zucker, bestehen und seien ungleich dünner als Haare sowie zugfester als Stahl.
Daher wollen Wissenschaftler nun damit nicht nur Ölfilme aus dem Meer aufsaugen und bioabbaubare Verpackungen herstellen, sondern auch Autos leichter sowie Beton stabiler machen. Die Wiener hätten gar bereits konkrete Produktionsideen, heisst es im Artikel weiter. Gemeinsam mit Partner aus der Industrie würden sie Leiterplatten aus mit Nanozellulose verstärktem Papier entwickeln. Zudem arbeiten sie im EU-Projekt Nano Text Surf an Filtern, mit denen sich Schwermetalle und andere Salze aus Wasser entfernen lassen.
Mist ist wertvoller Rohstoff
«Der Kot von Pflanzenfressern enthält bis zu 40 Prozent Zellulose aus den Zellwänden von Gras und Blättern, ähnlich viel wie Holz» erklärt Bismarck gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Durch die Verarbeitung im Verdauungstrakt ist die ausgeschiedene Zellulose bereits von Beiwerk befreit, was den Energieaufwand zur Herstellung von Nanozellulose gegenüber der üblichen Produktion aus Holz deutlich verringert.
Das Verfahren funktioniere langfristig nicht nur mit Kuhmist, welche in Europa in grossen Mengen verfügbar ist, sondern auch mit Ziegen- und Pferdemist. In der Forschung setzt man aufgrund des hohen Faseranteils und des geringen Kotgeruchs auf Exkremente von Dickhäutern. Die Exkremente der acht, im Wiener Tiergarten Schönbrunn stehenden, Elefanten werden in einem Ofen auf 120 Grad Celsius sterilisiert und anschliessend luftgetrocknet bevor die Fasern chemisch behandelt und gemahlen werden.
In Zukunft wollen die Wissenschaftler Mist und Gülle zunächst in einer Biogasanlage von den Bakterien befreien, was zu Einsparungen im Chemikalieneinsatz führen soll. Und auch der Ofen würde seine Notwendigkeit verlieren, erklärt Bismarck im Gespräch. Mit diesem Verfahren wäre es zusätzlich möglich, Energie für die Strom- und Wärmeproduktion zu gewinnen.