Der Bundesrat wollte 2015 bei der Landwirtschaft 128 Millionen einsparen. Das Parlament hielt dagegen und kürzte das Budget «nur» um 29Millionen. Trotzdem heisst es nun überall: Die Bauern bekommen mehr.
Frohe Kunde aus dem Bundeshaus. Nachdem der Bundesrat das Agrarbudget inklusive Schoggigesetz um 128 Millionen kürzen wollte, fand sich eine Mehrheit im National- und Ständerat, die dies nicht hinnehmen wollte. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen Ausgabenposten sinkt das Budget für die Landwirtschaft trotzdem nach wie vor, wenn auch mit knapp 30 Millionen deutlich geringer. In praktisch allen anderen Gebieten mit Ausnahme der Armee wird kräftig mehr ausgegeben.
Die Beziehungen zum Ausland weisen mit 3,7Prozent das stärkste Wachstum aus. Der Kostentreiber hier ist die Entwicklungshilfe. 2015 wird für die Beziehungen zum Ausland erstmals gleich viel Geld ausgegeben wie für die Landwirtschaft. Ab 2016 werden die Ausgaben ins Ausland dann wegen der Anbindung der Entwicklungshilfe an das Bruttoinlandsprodukt (BIP) definitiv das Agrarbudget überholen. Denn das Parlament hat sich selber auferlegt, mindestens 0,5% des BIP in die Entwicklungshilfe zu geben.
Verzerrte Wiedergabe
Doch in den meisten Medien herrscht eine geradezu verkehrte Welt. Wenn man die Schlagzeilen der letzten Tage liest, dann könnte man meinen, die Bauern würden nächstes Jahr regelrecht vergoldet. «Bauernlobby siegt auf ganzer Linie», titelte etwa das «St. Galler Tagblatt». Die NZZ schrieb am 9.Dezember: «Weiterer Erfolg für die Bauern.» Auch die meinungsbildende Schweizer Depeschenagentur machte mit. «Nationalrat stockt das Budget auf – mehr Geld für Landwirtschaft», war am 27. November in einer SDA-Meldung zu lesen, die x-fach übernommen wurde.
Am Mittwoch doppelte die SDA nach: «Nationalrat besteht auf höheren Beträgen für Landwirtschaft.» Am Donnerstag titelte die SDA: «Das Parlament verschont Bauern beim Sparen.» Dies ist eine klare Falschmeldung (vgl. Kasten). Aber das hinderte die SDA nicht daran, mit der Behauptung, nach der Budgetberatung stünden die Bauern als Gewinner da, noch einen draufzulegen.
Den Vogel schoss die «Berner Zeitung» am 27. November ab. «Millionen-Triumph für die Bauern», war da zu lesen.
Karikatur mit Bauernjubel
«Der Nationalrat stockte das Budget für die Landwirtschaft am Mittwoch noch kräftiger auf als erwartet», hiess es weiter. Untermauert wurde die These des steigenden Agrarbudgets mit einer Karikatur, auf der ein Parlamentarier aus dem Bundeshaus Geld auf jubelnde Bauern regnen lässt. Solche Darstellungen verfehlten ihre Wirkung nicht. Rückmeldungen aus dem persönlichen Umfeld und Leserkommentare auf den Online-Portalen zeigen, dass weite Teile der Bevölkerung nun meinen, die Bauern erhielten nächstes Jahr mehr als Geld als bisher. Auf www.bernerzeitung.ch kommentierte ein Leser: «Jedes Jahr gibt es vermutlich x Hundert weniger Bauern, aber die Subventionen werden trotzdem munter aufgestockt, anstatt dass sie endlich sinken.» Auf www.tagesanzeiger.ch schrieb ein anderer: «Die Bauern kriegen schon genug Subventionen.»
Auf www.nzz.ch sah es ein Leser wie folgt: «Während Linke zu Sparsamkeit ermahnen, werfen die ‹Bürgerlichen› unsere Steuergelder nur so zum Fenster raus. Damit der Subventions-Futtertrog der politisierenden Grossgrundbesitzer noch voller wird.» Die Bauern erhielten online aber auch Zuspruch: «Die Bauern machen viel für unsere Landschaft. Auch ist eine gewisse Selbstversorgung im Notfall wichtig», hiess es etwa. Oder: «Bauern braucht das Land – oder von wo wollt ihr euer Gemüse und euer Brot auf dem Tisch haben? Ich zahle lieber für die Bauern in unserem Land als nur einen Franken an die Entwicklungshilfe.»
Minus 30 Mio. bei Investitionskrediten
Weil sich National- und Ständerat beim Budget 2015 nicht einigen konnten, war am frühen Donnerstagmorgen eine Einigungskonferenz nötig. Ihrem Antrag zufolge werden die Schoggi-Gesetz-Gelder bei 70 Mio. Fr. belassen und nicht auf 82 Mio. Fr. aufgestockt. Hier wollen Landwirtschaft und Verarbeitungsindustrie auf den in Aussicht gestellten Nachtragskredit pochen. Im Gegenzug wurden im Sinne eines Kompromisses die Beihilfen Pflanzenbau, bei denen der Bundesrat 5 Mio. Fr. weniger vorgesehen hatte, um 6Mio. Fr. erhöht. Es bleibt also gegenüber 2014 eine wesentliche Kürzung im Agrarbudget: Für die Investitionskredite (IK) werden 30 Mio. Fr. weniger budgetiert.