Urs Lüthy aus Muhen AG brennt Whisky. Aus Schweizer Rohstoffen. Jeden Arbeitsschritt macht er selbst. Damit ist er bis jetzt der Einzige in der Schweiz. Jetzt experimentiert er auch mit neuen, extravaganten Rohstoffen.
«Seit Tausenden von Jahren bauen wir in der Schweiz Getreide an. Wir haben gute Böden, das passende Klima und das nötige Wissen. Warum sollten wir nicht Getreide anbauen und es zu Bränden verarbeiten?» Urs Lüthy sitzt in einem geräumigen Zimmer im Dachstock seines Hofs in Muhen AG.
Whisky Award
Hinter ihm steht ein Tisch, auf dem sich Flaschen mit aussergewöhnlichen Bränden aneinanderreihen. Der berühmteste darunter ist sein «Herr Lüthy Pure Swiss Single Malt Whisky». Dafür hat er bereits mehrere Preise gewonnen. Unter anderem den Switzerland’s best Whisky Award.
Sein Whisky schmeckt den Kritikern offenbar. Aber nicht nur das. Er ist komplett aus Schweizer Rohstoffen und komplett in der Schweiz verarbeitet. Und damit ist er der einzige seiner Art. Es gibt zwar einige andere Whisky-Hersteller in der Schweiz.Die importieren aber die Rohstoffe oder lassen die Gerste im Ausland mälzen.
Schnaps statt Kühe
Urs Lüthy macht alles selbst. Dabei hatte er nie geplant, in die Produktion von Whisky einzusteigen. Er ist auf dem Hof seiner Eltern in Muhen AG aufgewachsen. Hat Landwirt gelernt, die Betriebsleiterschule absolviert, die Meisterprüfung und eine Ausbildung zum Agrokaufmann gemacht. Lüthys Vater führte einen Milchwirtschaftsbetrieb. Im Hinblick darauf, dass Urs Lüthy den Betrieb einmal übernehmen würde, verkauften sie ihre zehn Kühe und übernahmen stattdessen eine Brennerei im Nachbardorf.
Urs Lüthy war kein grosser Anhänger der Viehzucht. Als er vor zehn Jahren den Betrieb übernahm, war er deshalb froh, dass sie die Brennerei angegliedert hatten. Von da an produzierten sie für sich und als Lohnbrenner für andere Bauern Fruchtbrände. Eines Tages überlegte er sich, dass er auch aus stärkehaltigen Produkten Schnaps herstellen könnte. Dem stand nichts im Weg, denn einige Jahre zuvor wurde in der Schweiz das Verbot, stärkehaltige Produkte zu Schnaps zu brennen, aufgehoben.
100% Swissness
2005 begann sich Lüthy zu informieren, las Bücher, überlegte, wie er vorgehen könnte. «Ich bin nun mal Bauer, und deshalb war für mich klar, dass alle Rohstoffe aus der Schweiz kommen mussten. Ein Schweizer Whisky soll aus Schweizer Rohstoffen hergestellt sein.» Auch der ganze Verarbeitungsprozess sollte in der Schweiz passieren. Eine moderne Trommelmälzerei «kostet aber etwa so viel wie ein Einfamilienhaus», sagt Lüthy, deshalb setze er auf die Tennenmälzerei.
Das ist die ursprüngliche Form zu mälzen. Dabei legt man die zuvor gewässerte Gerste zum Keimen auf den Boden und wendet sie regelmässig. Hat das Getreide gekeimt, bringt es Lüthy in einen Anhänger, wo es getrocknet wird. Danach kommt die gekeimte Gerste, die man nun Malz nennt, in die Maische. Dort wird dank der Keimung, die zuvor stattgefunden hat, die Stärke in Zucker umgewandelt. Und durch den Zucker passiert die Gärung.
Guter Betriebszweig
Während der Gärung wird der Zucker zu Alkohol umgewandelt. Ist der Gärprozess abgeschlossen, kommt die Flüssigkeit in die Brennerei und wird destilliert. Das Destillat kommt danach in die Eichenfässer, wo es mindestens drei Jahre und einen Tag gelagert wird. Erst nach dieser Lagerdauer darf es «Whisky» genannt werden.
Für den Landwirt ist die Whisky- und Obstbrandproduktion mittlerweile ein wichtiger Betriebszweig. Die Lohnbrennerei für Früchte und Obst hat er abgegeben. Der Absatz seines Whiskys läuft ab Hof und übers Internet so gut , dass er die Produktion erhöhte. Während er früher nur ein Fass pro Jahr produzierte, lagern vom neuen Jahrgang bereits mehrere Fässer in seinem Keller.
Reis-Whisky
Lüthy baut aber nicht nur Braugerste für den Whisky an. Er kultiviert auch Urdinkel und Mais. Den Roggen für seinen Roggen-Whisky kauft er aus der Region zu. Nach mindestens drei Jahren und einem Tag Lagerzeit wird auch daraus Whisky.
Zurzeit lagert auch ein Getreidedestillat aus Tessiner Reis in einem Fass bei Lüthy. «Reis ist ein Getreide, also lässt sich daraus Whisky herstellen.» Das Mälzen sei allerdings eine Herausforderung – die er aber angenommen habe. Nun produziere er Reismalz. «Eine Rarität», wie der Bauer sagt.
Nicht Rum – andersrum
Nicht nur an spezielle Whisky-Sorten wagt sich Lüthy heran. Er wollte Rum herstellen. Der wird aber aus Zuckerrohr gewonnen, und «das wächst bei uns bis jetzt nun mal nicht». Er kam aber vor Jahren auf die Idee, Zuckerrübenmelasse zu brennen. «Überall, wo Zucker drin ist, kann Alkohol entstehen.» Er probierte es aus und kam zu einem Destillat, das tatsächlich ähnlich schmeckt wie Rum. Heissen tut es aber «AndersRum», weil es eben nicht aus Zuckerrohr ist.
Whisky-Woche
Urs Lüthy hat in den Jahren als Brenner einiges an Erfahrung gesammelt, und nicht selten wird er nach Rat gefragt. Seit einiger Zeit bietet er deshalb Kurse an. Man kann bei ihm «die Kunst des Brennens» von Früchten, aber auch von Getreide erlernen. Neu bietet er im kommenden Juni einen fünftägigen Whisky-Kurs an.
«Es gibt Whisky-Freaks, die immer mehr erfahren wollen», sagt er. Und er erzählt gern von der Besonderheit seiner Produkte und von den Fähigkeiten und den Rohstoffen, die in der Schweiz zur Genüge vorhanden wären, um richtig guten Whisky herzustellen. Man müsste die Rohstoffe nur nutzen und die Produkte danach richtig vermarkten.
Hier gehts zur Website