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Wie dieses Landwirtschaftsprojekt zum Erfolg wurde

Im Vinschgau im Südtirol zeigt eine Genossenschaft, wie bäuerliche Direktvermarktung erfolgreich funktioniert. Der «Vinschger Bauernladen» vereint heute 129 Betriebe, bietet über 1’000 regionale Produkte und setzt auf Transparenz, Qualität und Nachhaltigkeit – ein Modell, das Produzenten stärkt und Konsumenten verbindet.

Kirsten Müller, lid |

Mitten im Vinschgau, genau in Naturns im Südtirol, eingebettet zwischen Obstwiesen und Bergen, liegt eine Genossenschaft, die zeigt, wie bäuerliche Direktvermarktung funktionieren kann. Gegründet wurde sie 2004 mit nur neun Mitgliedern in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner.

1’000 Produkte

Als derzeitiger Obmann steht Klaus Oberhofer aus Latsch dem Bauernladen vor. Heute zählt die Genossenschaft 129 landwirtschaftliche Betriebe aus der Region – von kleinen Nebenerwerbsbauern bis hin zu spezialisierten Produzenten.

Die Grundidee: Produkte direkt vom Bauern zum Konsumenten zu bringen – ohne Zwischenhandel, mit klaren Qualitätskriterien und regionalem Bezug. Das Sortiment im Vinschger Bauernladen umfasst aktuell über 1’000 Produkte: frisches Obst und Gemüse, Speck, Käse, Marmelade, Apfelsaft, Weine, Schnäpse, Sirupe, Brot, Kuchen, Honig, Mehl, Teigwaren, Essig, Kosmetikartikel und mehr.

Mehrstufiges Verfahren

Nur landwirtschaftlich aktive Betriebe können Mitglied werden. Voraussetzungen seien eine gültige Mehrwertsteuernummer und ein eigener landwirtschaftlicher Betrieb, beschreibt André Raffeiner, Geschäftsführer des Bauernladens, die Bedingungen. Neue Produkte werden in einem mehrstufigen Verfahren geprüft: Zunächst reicht der Betrieb ein Muster ein, füllt Dokumente zur Herkunft und Verarbeitung aus.

Dann erfolgen eine Verkostung und Bewertung im monatlichen Vorstandstreffen – bestehend aus den neun Vorstandsmitgliedern und dem Geschäftsführer. Ausser Kriterien wie Angebot und Nachfrage diskutieren die Entscheider aber zum Beispiel auch Verpackung und Qualität. Erst nach Zustimmung aller wird das Produkt ins Sortiment aufgenommen.

Demokratisch organisiert

Die Genossenschaft funktioniert basisdemokratisch: Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, ob über neue Produkte, Investitionen oder strategische Fragen. Die Mitgliedsbetriebe liefern wöchentlich ihre Produkte, die im Geschäft verkauft oder direkt in der angeschlossenen Gastronomie verwendet werden. Im Laden ist die kleine Gastronomie im Bistrostil integriert.

Das Zusammenspiel zwischen Verkauf und Verkostung sei ein Bestandteil der Philosophie, sagt André Raffeiner. Im Ausschank gibt es keine Markenprodukte wie Cola oder Fanta – ausschliesslich Genossenschaftswaren sind im Angebot wie Apfelsaft oder Sirup, dazu Brettljause und hausgemachter Kuchen, frisches Brot statt Industrieware.

Sieben Tage die Woche geöffnet

Der Bauernladen wurde im Jahr 2004 in den Berg hineingebaut und passt sich architektonisch perfekt in die Landschaft ein. Alles wurde auf Nachhaltigkeit ausgelegt, die Dachflächen sind mit einer Rebanlage begrünt und mit Photovoltaikanlage ausgestattet, um energiemässig autark zu sein. Tageslicht durchflutet den Ladenraum durch die bodentiefen Fenster. Hauptmaterial ist Holz, was einladend wirkt und den Besucherinnen und Besuchern eine Willkommensgefühl vermittelt.

Mit der Wärmerückgewinnung der Kühlanlagen und einer Wärmepumpe kann man den Bauernladen ressourcenschonend heizen und kühlen. Auf dem Parkplatz sind zwei E-Ladestationen und als Shuttlebus zum Juvaler Hügel und dem Museum Schloss Juval stehen drei Elektrobusse von Reinhold Messner zur Verfügung.

Kleinbetriebe

Der Betrieb läuft fast das ganze Jahr – von März bis Januar, sieben Tage die Woche. Im Team arbeiten je nach Saison zwischen fünf und 15 Personen, ergänzt durch Studenten und Aushilfen. André Raffeiner, Geschäftsführer des Vinschger Bauernladens, koordiniert Personal, Einkauf, Warenannahme und die Logistik. Wöchentlich werden neue Bestellungen aufgenommen, die angelieferten Produkte kontrolliert und eingelagert.

André Raffeiner betont, dass vor allem auch kleinen bäuerlichen Betriebe vom Berg Möglichkeiten zum Verkauf gegeben werden. Sie liegen oft sehr abseits und haben keinen oder sehr erschwerten Zugang zum Markt. «Wir bieten ihnen mit unserem Bauernladen, die Ware in den direkten Verkauf zu bringen», erklärt er.

Probleme

Der Bioanteil liegt aktuell bei etwa 40 Prozent – Tendenz steigend. Viele Kunden verbinden den Laden automatisch mit Bioqualität. Ein Eindruck, der durch das bäuerlich-authentische Erscheinungsbild unterstützt wird. Die Nachfrage nach Bioprodukten, insbesondere bei Obst, Marmelade und Säften, nimmt spürbar zu.

Trotz des Erfolgs steht die Genossenschaft vor typischen Problemen der Branche: Personal für durchgehende Öffnungszeiten zu finden, ist schwierig. Hinzu kommen stark gestiegene Betriebskosten. Da die Preise nicht unbegrenzt an den Kunden weitergegeben werden können, braucht es eine ständige Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Fairness. Der Produktaufschlag liegt bei etwa 33 Prozent – genug, um die laufenden Kosten zu decken, aber ohne Gewinnmaximierung.

Vor allem Touristen

Wichtig sei ihnen ein fairer Preis für die Landwirtinnen und Landwirte. Auf die Frage, wer hier einkaufe, antwortet André Raffeiner: «Schätzungsweise 10 bis 15 Prozent Einheimische, der Rest sind Touristen.» Der Standort direkt an der Vinschger Staatsstrasse bei Naturns und unterhalb des Schlosses Juval sei dafür optimal gewählt.

Die Genossenschaft ist ein gelungenes Beispiel für eine regionale, bäuerlich getragene Direktvermarktung. Sie gibt kleinen Betrieben eine Plattform, stärkt den Zusammenhalt in der Region und bietet Konsumenten Transparenz und Qualität. Wer hier einkauft, weiss, woher das Produkt stammt – und oft auch, wer es gemacht hat.

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