Schmelzen die Gletscher in Grönland, könnte dies den Meeresspiegel drastisch anheben. Nun konnten Schweizer und US-Forscher zeigen, wie das Schmelzwasser-Kanalsystem unter dem Eis dieses sowohl beschleunigt als auch bremst. Die Erkenntnisse sollen Modelle über das Schmelzen des Grönlandeises im Zuge des Klimawandel verbessern.
Wenn im Sommer das Eis an der Oberfläche schmilzt, sickert das Wasser durch Löcher an den Boden des Eisschildes und beschleunigt wie ein «Schmiermittel» dessen Fliessen. Wie dies im Detail funktioniert, war bisher allerdings unbekannt.
Nun hat das Team um Lauren Andrews von der Universität Texas die Wasserflüsse in den Kanälen mit GPS-Installationen erstmals genau vermessen. Sie berichten darüber im Fachjournal «Nature». Es zeigte sich, dass zwei teilweise entgegengesetzte Prozesse am Werk sind. Das versickernde Schmelzwasser beschleunigt zwar das tägliche Fliessen des Eisschildes stark. Doch im Verlauf des Sommers nehmen bremsende Kräfte zu. Analysen von Bohrlöchern zeigten, dass es grosse Regionen gibt, die vom Schmelzwasser-Kanalsystem abgekoppelt sind.
Am Anfang der Saison fliesst wenig Wasser zwischen den beiden Systemen hin und her, berichten die Forschenden, darunter Martin Lüthi von der Universität und der ETH Zürich und Claudia Ryser von der ETH Zürich. Im Lauf des Sommers verbinden sich die beiden Systeme, was Druck von den isolierten Teilen des Eisschildes nimmt.
Die Verbindung reduziere die saisonale Anfälligkeit des Eisschildes auf das Schmelzen, erklärte Andrews in einer Mitteilung ihrer Hochschule. Das Eisschild würde sich folglich nicht ganz so weit fortbewegen, wie es die Oberflächenschmelze nahelege. Diese Erkenntnisse könnten nun in Modelle einfliessen, die die Zukunft des grönländischen Eisschildes vorherzusagen versuchen.


