«Manchmal muss man einfach eine ganze Gurke essen», sagt der kanadische TikToker Logan Moffitt am Anfang seiner Videos. Der 23-jährige Influencer hobelt daraufhin eine ganze Gurke in Scheiben, füllt diese in eine Box, gibt weitere Zutaten dazu und schüttelt das Ganze kräftig – fertig ist der Gurkensalat und das Video geht viral.
Sein erstes und zugleich erfolgreichstes Rezept orientiert sich an der koreanischen Küche: Neben Gurken enthält es Soja- und Fischsauce, Zucker, Glutamat, Sesamöl, Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Sesam und Chiliflocken. Bisher hat der «Cucumber Guy», also übersetzt der «Gurkentyp», 6,5 Millionen Follower. Viele davon laden eigene Gurkenvideos hoch. Auch andere Influencerinnen und Influencer satteln auf den Trend auf und versuchen sich selbst an Gurkenrezepten.
Auch saisonale Effekte
Um Moffitts Gurkensalate ist inzwischen so ein grosser Hype entstanden, dass viele Medien im August sogar von einem Gurkennotstand in isländischen Supermärkten berichteten. Auf Island wachsen in Gewächshäusern rund 6 Millionen Gurken jährlich, das entspricht rund 15 Gurken pro Kopf. Die isländische Landwirtschaft ist ohne TikTok-Hype grundsätzlich in der Lage, die rund 400’000 Einwohner eigenständig mit Gurken zu versorgen. Aktuell hat sich einfach die Nachfrage verdoppelt, weshalb es zum Engpass kommt. Um die erhöhte Nachfrage zu decken, musste das Gemüse aus dem Ausland importiert werden.
Die alleinige Schuld am Mangel hat der Gurkentyp aber nicht: Aufgrund des Saisonwechsels und des Schulbeginns komme es zu dieser Jahreszeit häufig zu Engpässen isländischer Gurken, sagt der isländische Verband der Gemüseproduzenten. Der Tiktok-Trend verschärfe das Problem aber.
Soziale Medien beeinflussen Marketing
Kronan, eine der grössten isländischen Lebensmittelketten des Inselstaates meldete im August, dass Gurken in ihren Läden landesweit ausverkauft seien. Der Gurken-Hype sei unerwartet eingetreten, sagte Gudrun Adalsteinsdottir, Kronan-Geschäftsführerin, gegenüber der New York Times. Doch nicht nur das Gemüse, sondern auch Sesamöl, Reisessig und Fischsauce wurden in den Regalen knapp. Moffitt verwendete sie für seine Rezepte.
Die sozialen Medien hätten mittlerweile einen grossen Einfluss auf das Marketing und die Sortimentsgestaltung, sagte Adalsteinsdottir zur New York Times. «Wenn wir Trends sehen, die die Nachfrage nach bestimmten Produkten steigern könnten, kaufen wir mehr davon ein oder suchen gezielt nach einem grösseren Angebot», führt sie aus.