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Wiesenmilch: «Nachhaltigkeit zum Nulltarif»

Nachhaltig erzeugte IP-Suisse Wiesenmilch wird schlechter entschädigt als konventionelle Milch. Zu dieser Erkenntnis kommt die Organisation Faire Märkte Schweiz (FMS) nach einer Analyse von Marktzahlen des Bundes. In einem offenen Brief wendet sich FMS nun an Handel und Verarbeiter und fordert umgehende Korrekturen.

pd/ome |

Aufgrund von Hinweisen hat Faire Märkte Schweiz (FMS) den Milchmarkt genauer unter die Lupe genommen und dabei «alarmierende und Besorgnis erregende Erkenntnisse» gewonnen, wie die Organisation in einer Mitteilung informiert. FMS hat festgestellt, dass der Produzentenpreis für IP-Suisse-Wiesenmilch durchschnittlich um 0,3 Rappen unter dem Preis für konventionelle Milch liegt.

Hinweise als Ausgangspunkt

«Bäuerinnen und Bauern, die Wiesenmilch produzieren werden also für ihre Mehrleistungen nicht entschädigt, ja sogar abgestraft», kritisiert die Organisation. FMS fordert deshalb in einem offenen Brief eine Erhöhung der Produzentenpreise für Wiesenmilch. Die Organisation nimmt aber auch die politischen Entscheidungsträger und den Bund in die Pflicht.

Meldestelle

Faire Märkte Schweiz betreibt  eine Meldestelle , an die sich Bäuerinnen und Bauern wenden können, wenn sie eine unfaire Marktpraxis oder einen Missbrauch einer Marktmacht beobachten. Diese Meldestelle wurde offensichtlich genutzt, um auch auf die Situation auf dem Milchmarkt aufmerksam zu machen.

Aufgrund eines Hinweises hat FMS die Preise für verschiedene Milcharten analysiert. Sie hat sich dazu auf das neu lancierten Datenportal des Bundesamtes für Landwirtschaft «Datenportal Agrar- und Lebensmittelmärkte» bezogen. Agrarexperten seien bei dieser vergleichenden Preisanalyse von konventioneller, Bio- und Wiesenmilch auf «alarmierende Erkenntnisse» gestossen, heisst es in der Mitteilung. 

Nachhaltigkeit zum Nulltarif

FMS fand heraus, dass die Produzentinnen und Produzenten für IP-Suisse-Wiesenmilch durchschnittlich 0,3 Rappen weniger erhalten als für konventionelle A-Milch. Dies stehe in krassem Widerspruch zu den Verkaufspreisen im Detailhandel, wo nachhaltige Produkte wie die Wiesenmilch zu höheren Preisen angeboten werden. FMS hat einen Unterschied von 25 Rappen zwischen konventioneller und Wiesenmilch ausgerechnet. «Erstaunlich ist auch die grosse Differenz gegenüber dem Produzentenpreis für Bio-Milch, der durchschnittlich um 13,8 Rappen/kg über dem Wiesenmilchpreis liegt», hält FMS fest.

Am Markt etabliert

IP-Suisse-Wiesenmilch hat sich am Markt etabliert, und letztes Jahr wurden rund 300 Mio. Kilo vermarktet. Mit Coop, Migros, Volg und Lidl setzen verschiedene Detailhändler darauf. Aus Wiesenmilch wird zum Beispiel Konsummilch, Rahm oder Butter hergestellt. B-Produkte wie beispielsweise Milchmischgetränke gibt es daraus praktisch keine.

Gemäss FMS deutet das darauf hin, dass die Mehrwerte der Wiesenmilch nicht angemessen entschädigt wird. Verarbeiter und Grossverteiler am Markt höhere Preise verlangen und mehr Gewinne erzielen. Für FMS ist klar: Grossverteiler fixieren bei Label-Produkten bewusst überhöhte Preise fixieren. «Sie kaufen die Nachhaltigkeit zum Nulltarif ein», bilanziert die Organisation. Die Bemühungen um Nachhaltigkeit und Fairness in der Landwirtschaft würden so untergraben.  «Was läuft falsch im Milchmarkt?», fragt sich FMS deshalb in dem offenen Brief an die verantwortlichen Akteure. 

Wir schliessen daraus, dass Sie als Abnehmer keine weiteren Bestrebungen im Bereich Nachhaltigkeit wünschen und den Wandel hin zu nachhaltigen und fairen Ernährungssystemen bewusst unterbinden wollen.

Stefan Flückiger, Freie Märkte Schweiz

Mehrleistung lohnt sich nicht

FMS sieht sich darin bestätigt, dass die Milchproduzenten gegenüber den preisbestimmenden Abnehmern in einer schwächeren Verhandlungsposition sind. Nicht die Bauern,  die Verarbeiter und der Handel würden die entsprechenden Mehrwert kassieren.

Mit dem Minus von 0,3 Rappen gegenüber der konventionellen Milch würden die Wiesenmilchproduzenten abgestraft. FMS richtet sich daher mit einem Appell an Verarbeiter und Handel:  Sie solle eine faire Preisgestaltung für nachhaltig produzierte Milch gewährleisten und die Produzenten für ihre zusätzlichen Aufwendungen und Bemühungen «gerecht zu entlohnen».

Verhandlungsposition der Bauern stärken

Faire Märkte Schweiz wendet sich auch an die Politik. Von dieser fordert sie, die Rahmenbedingungen im Agrarsektor so anzupassen, dass eine faire Abgeltung der Produzenten und eine transparente Preisgestaltung entlang der gesamten Wertschöpfungskette sichergestellt wird. Dazu eingeschlossen gehören gemäss FMS auch Massnahmen zur Verbesserung der Verhandlungsposition der Bauern. Ausserdem sollen die Produzentenpreise für Wiesenmilch im Vergleich zur konventionellen A-Milch sofort transparenter ausgewiesen werden.

Offener Brief

Den offenen Brief hat die Organisation Faire Märkte Schweiz heute an folgende Firmen verschickt: Emmi, Elsa, Cremo, Nestlé, Züger Frischkäse, Migros, Coop und Denner; mit einer Kopie an das Bundesamt für Landwirtschaft. In diesem Brief stellt FMS auch Forderungen, die nachfolgend aufgeführt sind. 

Die Forderungen im Wortlaut: 

an Abnehmer/Verarbeiter:  Eine Erhöhung der Produzentenpreise für IP-Suisse Wiesenmilch steht für uns kurz- und mittelfristig im Vordergrund, was auch den effektiven Mehrwerten dieses hochwertigen Produkts entsprechen würde.

an Agrarpolitik/Bund:  Als Sofortmassnahme sind beim lancierten Datenportal die Produzentenpreise für IP-Suisse Wiesenmilch im Vergleich zu denen von A-Milch deutlich auszuweisen (Vergleich heute mit Mischpreis A-/B-Milch). In einem weiteren Schritt sind im Rahmen der Debatte zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen.

Kommentare (1)

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  • Bäuerin | 02.03.2024
    Ist es nicht so, dass es bei Wiesenmilchproduzenten auch A- und B-Milch gibt und deshalb der Unterschied zur A-Milch auch negativ sein kann?
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