Für Hacker und Kriminelle könnte es ein gefundenes Fressen werden: Seit dem gestrigen Dienstagabend unterstützt Microsoft sein Betriebssystems Windows XP nicht mehr mit nötigen Updates. Sicherheitslücken werden dann nicht mehr geschlossen.
Seit vielen Wochen warnt das Unternehmen davor, Rechner mit XP und Internet-Verbindung dann noch weiterzubetreiben. Dennoch lief laut dem Analysedienst StatCounter im April in Deutschland noch immer jeder zehnte Rechner mit dem Dinosaurier. Weltweit waren es demnach 17 Prozent. Schätzungen gehen sogar bis zu einem Marktanteil von 30 Prozent aus.
Oldtimer
Fast 14 Jahre hat XP nun schon auf dem Buckel und gehört damit zu den absoluten Oldtimern der Softwareindustrie. Vor allem privaten Nutzer raten Experten dringend davon ab, das System weiter zu betreiben - erst recht, wenn der Rechner ans Internet angeschlossen ist.
Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI erwartet, dass sich Kriminelle derzeit bewusst zurückhalten, um bereits gefundene Sicherheitslücken zum Stichtag auszunutzen. Nach Schätzungen von Microsoft ist das Risiko, sich mit Schädlingen zu infizieren, unter XP ohnehin 21 Mal höher als etwa unter Windows 7.
Umstieg für einige Unternehmen unmöglich
Microsoft hat für jene, die auf Windows 7 oder 8 aufrüsten wollen, einen Leitfaden veröffentlicht. Es gebe aber auch Alternativen, sagt Matthias Gärtner vom BSI. So lasse sich etwa ein alternatives Betriebssystem wie Linux auf die alten Geräte aufspielen. «Im klassischen Einsatz von XP, etwa im privaten Bereich, raten wir aber zu einem Wechsel auf ein aktuelles Betriebssystem.»
Unternehmen riet das Analysten-Haus Ovum zuletzt, sich möglicherweise Alternativen zu überlegen, bevor sie Hunderte von Rechnern und Laptops mit einem neuen Betriebssystem aufrüsten. Laptops mit Windows XP könnten etwa auch durch günstige Tablets mit Android-System ersetzt werden, die in Anschaffung und Service günstiger seien.
Rund 30 Prozent der Unternehmen weltweit würden aber XP weiter nutzen müssen, weil einige ihrer Systeme nur auf diesem System liefen, schätzt der IT-Sicherheitsdienstleister McAfee. Durch eine gezielte Einschränkung der Nutzerrechte und den Einsatz besserer Sicherheitssysteme könnten sich kleine und mittelgrosse Unternehmen jedoch schützen.
Kostspielige Verlängerung
Zahlreiche Sicherheitsrisiken könnten zum Beispiel schon dadurch ausgeschlossen werden, dass die Benutzerrechte entsprechend der Zuständigkeiten der Mitarbeiter eingeschränkt werden, erklärt McAfee. Das Unternehmen, das zum Chiphersteller Intel gehört, will als Sicherheitsanbieter seinen Kunden für XP immerhin noch bis Dezember 2015 Unterstützung anbieten.
In Ausnahmefällen bietet auch Microsoft selbst einen verlängerten Support an. Wie «ComputerWeekly» berichtet, lässt sich die britische Regierung eine Verlängerung um 12 Monate rund 6,6 Mio. Pfund kosten. Auch das deutsche Bundesland Niedersachsen hat sich einem Bericht von «heise online» mehr Zeit verschafft, um alte Rechner auf neue Systeme umzustellen. Die Kosten dafür würden aus Steuermitteln beglichen. Um welche Summen es sich handelt, wurde nicht bekannt.
Sorgen um die noch massenhaft mit XP betriebenen Geldautomaten in Deutschland sind nach Einschätzung des BSI jedoch unbegründet. Microsofts XP gebe es in vielen verschiedenen Varianten, sagt Gärtner. In der Kreditwirtschaft habe man «völlig andere Strukturen und Schutzmechanismen». Gärtner verwies zudem auf die starke Kontrolle durch eine Reihe grosser IT-Unternehmen.