Bordeaux gilt auch als Welthauptstadt des Weins. Einige der teuersten Weine werden hier kultiviert. 2019 wurden Bordeaux-Weine im Wert über 2 Milliarden Franken exportiert. Doch jetzt droht dem Wein ein Ungemach in Form einer seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gefürchteten Pflanzenkrankheit, dem Falschen Mehltau.
Nach Angaben der lokalen Landwirtschaftskammer zeichnen sich Schäden in bislang ungekanntem Ausmass ab. Laut Monitoring seien 90 % der Weinberge betroffen. Bei ersten Lagen seien bereits Totalverluste zu erwarten, heisst es in einem Bericht von „Agra Europe“.
Hoffen auf staatliche Entschädigung
Im Weinbaugebiet Bordeaux werde die diesjährige Ernte möglicherweise äusserst klein ausfallen. Im Südwesten Frankreichs hätten die Winzer in diesem Jahr aufgrund der Witterungsbedingungen verstärkt mit dem Falschen Mehltau zu kämpfen. Im Département Gironde sei der Druck besonders hoch, heisst es im Bericht weiter.
Die regionale Landwirtschaftskammer befände sich nach eigenen Angaben bereits im Kontakt mit dem Staat, um Entschädigungen für die betroffenen Betriebe zu organisieren. Auch der Verband der Familienbetriebe (MODEF) sieht die Regierung in der Pflicht.
Versicherungen zahlen nicht
Nach den Vorstellungen des MODEF sollten die Schäden als Naturkatastrophe eingestuft und damit von der öffentlichen Hand kompensiert werden. Die Agrarversicherer hätten aber bereits klar gemacht, dass Schäden durch Mehltau nicht von den Mehrgefahrenversicherungen gedeckt seien.
Landwirtschaftsminister Marc Fesneau hatte sich Mitte Juli bei einem Besuch im Bordeaux noch zurückhaltend gezeigt und auf die Versicherungsunternehmen verwiesen. Pilzbefall und Wetter stünden in Verbindung, so die Einschätzung des Ressortchefs.
20% der Betriebe wollen aufgeben
Schon bevor die diesjährigen Witterungsbedingungen die Vermehrung des Mehltaus stark begünstigten, war der Weinbau im Bordeaux im Krisenmodus. Vor allem Absatzprobleme machen den Betrieben seit längerem zu schaffen.
Hinzu kommen Probleme mit der Goldgelben Vergilbung . Anfang März hatte die Regierung gemeinsam mit der Region und dem Branchenverband (CIVB) getragene Stilllegungsprämien angekündigt, für die mindestens 59 Millionen Euro (etwa 56,75 Millionen Franken) bereitgestellt werden sollen.
Die Goldgelbe Vergilbung ist eine Krankheit der Rebe, die durch Phytoplasmen (Bakterien ohne Zellwände) verursacht wird. Sie führt zum Absterben der betroffenen Stöcke. Und bisher steht keine Behandlung zur Verfügung.
Agroscope
Ersten Zahlen des CIVB zufolge haben 1‘085 Winzer Voranträge auf die Stilllegungsprämie gestellt, die sich auf 6‘000 Euro/ha beläuft (etwa 5‘770 Franken/ha). Von diesen wollen 300 die Weinerzeugung komplett aufgeben.
Verbindlich werden die Prämien erst im September beantragt, so dass sich das tatsächliche Ausmass der Stilllegung erst noch zeigen wird. Sollte es keine grössere Bewegung mehr geben, werden sich laut CIVB etwa 20 % der Winzer im Département an der Produktionsverringerung beteiligen. Die Branchenorganisation hält es allerdings für möglich, dass der Mehltau die Anzahl der Interessenten noch nach oben treibt.