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«Wir bekommen ein Stück Niederlande hinzu»

Träge liegen die Seehunde auf dem Sand, räkeln sich in der fahlen Herbstsonne. Normalerweise tummeln sich die Robben auf einer Sandplatte nahe der Wattenmeerinsel Terschelling. Doch nun haben sie ganz überraschend auf ihrem Weg gen Norden bereits an der westlichen Küste der Niederlande einen idealen Ruheplatz gefunden. Wie aus dem Nichts ist er entstanden: ein breiter Strand.

 

 

Träge liegen die Seehunde auf dem Sand, räkeln sich in der fahlen Herbstsonne. Normalerweise tummeln sich die Robben auf einer Sandplatte nahe der Wattenmeerinsel Terschelling. Doch nun haben sie ganz überraschend auf ihrem Weg gen Norden bereits an der westlichen Küste der Niederlande einen idealen Ruheplatz gefunden. Wie aus dem Nichts ist er entstanden: ein breiter Strand.

Auch Spaziergänger reiben sich verblüfft die Augen. Dort, wo noch vor einigen Wochen das graue Wasser gegen den Deich schwappte, erstreckt sich nun ein 200 Meter breiter gelber Sandstrand, dahinter erheben sich sanfte Dünen.

40 Prozent liegen unterhalb des Meeresspiegels

Schiffe spritzen in grossem Bogen Sand ins Wasser, riesige Bulldozer schieben Sandberge vor sich her und walzen sie platt. An der nordwestlichen Spitze des Festlandes, zwischen den Dörfern Egmond und Petten, geht es nicht etwa um ein Mega-Tourismusprojekt. Hier wird ein Schutzwall gegen die zunehmenden Wassermassen errichtet - erzwungen durch den Klimawandel.

«Die Niederlande müssen sich vorbereiten», sagt Roeland Hillen, Direktor des Flutprogramms im Ministerium für Wasserwirtschaft. «Wir haben keine Wahl, sonst kriegen wir nasse Füsse.» Es klingt so locker, doch für die Niederländer ist es eine Frage von Leben und Tod. Gut 40 Prozent des Landes liegen unterhalb des Meeresspiegels. Die Wassermassen bedrohen das gesamte Ballungsgebiet im Westen um Amsterdam.

Nach den Prognosen der Klimaforscher wird der Spiegel der Nordsee in den nächsten einhundert Jahren um ein bis vier Meter steigen. «Es wird auch mehr Superstürme geben», sagt Direktor Hillen. Die bisherigen Schutzmassnahmen an der nordholländischen Küste reichen da nicht mehr aus.

«Deiche erhöhen reicht nicht mehr»

Eine der Schwachstellen ist der über 500 Jahre alte Deich bei Petten, die Hondsbossche und Pettemer Zeewering. Im 15. Jahrhundert wurde der Deich gebaut, nachdem das Dorf bei einer Sturmflut 1421 überflutet worden war. Doch immer wieder war die See stärker. Dünen wurden weggespült, Dörfer überschwemmt und regelrecht weggerissen von der See.

Seit gut 140 Jahren galt dieser mit dickem schwarzen Basalt bedeckte massive Verteidigungswall von zwölf Metern als sicher. Bis jetzt. Wegen des Klimawandels müsste er um vier Meter erhöht werden. Doch genau das geschieht nicht. Der Klimawandel zwingt die Niederländer zum Umdenken. «Nur noch Deiche bauen oder erhöhen, reicht nicht mehr», sagt Luc Kohsiek, der Deichgraf der nordholländischen Küstenregion.

Wird ein Deich höher, muss er an der Basis auch breiter werden. Die Folge: Kostbares Hinterland geht verloren. «Ausserdem hört es ja nicht auf», sagt der Deichgraf, «durch den Klimawandel steigt das Wasser immer weiter.»

Naturkräfte nutzen statt dagegen kämpfen

Statt gegen die Naturkräfte zu kämpfen, werden sie genutzt. Die Niederländer bauen Dünen und Strand statt Deiche. Der natürliche Schutzwall bricht die Kraft der Wassermassen schon weit vor der Küste. Das ist nicht nur nachhaltiger, wie der Deichgraf sagt. «Es ist auch billiger.» Ausserdem bringt der Schutzwall etwas ein. Denn als Nebeneffekt entsteht auch noch ein neues Touristenparadies.

Zwischen Egmond und Petten werden acht Kilometer Strand angelegt, 200 Meter breit, dahinter eine Reihe von Dünen, noch einmal 100 Meter breit. Und was man nicht sehen kann: Der aufgeschüttete Sand reicht noch einen Kilometer weit unter Wasser in die See.

«Wir bekommen ein Stück Niederlande hinzu», sagt Wasserschutz-Direktor Hillen - mit typisch holländischer Gelassenheit. Sie gehört zum Land wie Käse und Fahrräder. Schliesslich lautet ein altes Sprichwort: Gott hat die Welt erschaffen, die Niederländer ihr eigenes Land.

400 Meter Strand pro Woche

Auf dem alten Deich sehen die Spaziergänger zu, wie das neue Land entsteht. Schiffe holen etwa zehn Kilometer vor der Küste den Sand aus der Tiefe und spritzen ihn unter das Wasser, direkt beim alten Deich. Insgesamt werden es 35 Millionen Kubikmeter Sand sein.

Bagger bauen daraus kleine Dämme. Mehr Sand strömt aus einer Pipeline, bis Sandberge herausragen. Die werden platt gewalzt. Ein Strand ist entstanden. Das geht rasend schnell: 400 Meter pro Woche. Die Bulldozer häufen den Sand dann noch zu Hügeln auf. Das werden die Dünen.

Das Meer ist damit nicht bezwungen

Dann kommt die Pflanzkolonne. 25 Arbeiter stecken alle paar Zentimeter Strandhafer in den Boden - per Hand. Im Januar sollen Strand und Dünen fertig sein. Dann werden noch Fahrrad- und Wanderwege sowie ein grosses Naturschutzgebiet angelegt.

Das Meer ist damit nicht bezwungen. Denn Wind und Wasser werden den Strand im Laufe der Jahre wieder abbrechen. Daher muss er, wie viele niederländische Strände, jedes Jahr mit neuem Sand verstärkt werden. Im nächsten Sommer können sich die Badegäste am neusten Strand des Landes tummeln. Nur die Seehunde werden ihr gemütliches Plätzchen dann verlassen. Denn Strandleben finden sie viel zu stressig.

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