In den Diskussionen um Nachhaltigkeit spielt die Herkunft der Futtermittel eine wichtige Rolle. Das Problem der Geflügelbranche ist dabei, dass Hühner kaum Gerste fressen, von der wir im Inland genügend hätten.
«Wir haben nicht unbedingt ein Futtergetreideproblem, sondern ein Futterweizenproblem», stellte Christian Oesch, Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten, Ende April an einer Agridea-Tagung zur Schweizer Geflügelwirtschaft fest. Legehennen und Mastgeflügel fressen vor allem Futterweizen, Mais, Triticale und Eiweissträger (v.a. Sojaschrot), aber nur begrenzt Gerste, bei der die Schweiz einen Inlandanteil von nahezu 100 Prozent hat.
Selbstversorgungsgrad noch 19%
Beim Futterweizen beträgt der Selbstversorgungsgrad der Schweiz nur noch 19 Prozent. Vor zehn Jahren waren es noch um die 70 Prozent gewesen. Doch die Importe haben seither massiv zugenommen und den Inlandanteil heruntergedrückt. Beim Thema Swissness sehe es beim Futterweizen zwar schlecht aus, meinte Oesch, doch: «Über 90 Prozent der Futterweizenimporte kommen aus unseren Nachbarländern Deutschland und Frankreich.» Das sei ein wichtiges Argument in Diskussionen um die Futtermittelherkunft.
Beim Mais und bei der Triticale würde die Inlandproduktion theoretisch ausreichen, um den Bedarf der Geflügelwirtschaft zu decken. Aber: «Sie sind nicht die Einzigen, die diese Swissness ausloben möchten», sagte Oesch den versammelten Fachleuten aus der Geflügelbranche in Zollikofen BE. Vor allem Labelorganisationen, aber auch andere Fleischbranchen würden um Schweizer Futtergetreide buhlen. Der Inlandanteil beim Körnermais beträgt rund 50 Prozent. Die Importe kommen auch hier zu über 80 Prozent aus dem nahen Deutschland und aus Frankreich.
Futterweizen statt Gerste
Von deutlich weiter weg stammen die Eiweissträger. Sojaschrot, Maiskleber und Kartoffelprotein kommen ausschliesslich und Rapsschrot zu gut 60 Prozent aus dem Ausland. «Deshalb sind bei den Eiweissträgern Nachhaltigkeitsstandards wie der Schutz von Urwäldern oder soziale Aspekte besonders wichtige Argumente», zeigte Oesch auf. Tatsächlich wird heute fast nur noch zertifizierte Soja eingesetzt in der Schweiz. Der VSF-Direktor legte der Geflügelbranche nahe: «Bereiten Sie sich auf mögliche Fragen der Konsumenten vor.»
Um die Inlandproduktion von Futtergetreide zu steigern, schlägt die Geflügelbranche vor, die nötigen 25 Mio. Fr. für einen Einzelkulturbeitrag Futtergetreide von den Zolleinnahmen auf Geflügelfleischimporten (ca. 100 Mio. Fr. jährlich) abzuschöpfen. Damit soll vor allem die Futterweizenfläche zulasten der Gersten- oder Kunstwiesenfläche gesteigert werden.