Res Meister und Hansruedi Stalder aus Lützelflüh BE bewirtschaften ihre Betriebe gemeinsam. Teils aus einer Notlage heraus, teils aus freien Stücken gründeten sie mit 55 eine Betriebsgemeinschaft. Nach zwei Jahren finden sie: ein guter Entscheid.
Was macht ein Landwirt, wenn ihm die Pachtliegenschaft gekündigt wird? Und was tun, wenn Pachtland verloren geht? Genau vor dieser Situation stand Hansruedi Stalder.
Nicht kleinlich sein
Einen Stall voller Kühe und keinen Stall mehr. Das Land konnte er weiter bewirtschaften. Auf der anderen Seite keine zwei Kilometer entfernt Res Meister. Er musste Pachtland an die benachbarten Besitzer zurückgeben. Die beiden kennen sich schon lange, haben den gleichen Jahrgang und beschlossen, mit 55 ihre Betriebe zusammenzulegen und eine Betriebsgemeinschaft (BG) zu gründen.
«Ja, das gab schon ein wenig zu reden. Das macht man doch, wenn man jünger ist», habe man ihm gesagt, so Res Meister. Das hinderte die beiden aber nicht, den Schritt zu wagen, umso mehr, da die Partnerinnen diesen Weg von Beginn weg unterstützten und begrüssten. Wichtig sei, sich regelmässig abzusprechen, nicht kleinlich zu sein sowie bereit zu sein, sich die Verantwortung, aber auch die Arbeit zu teilen.
Geschäft und Privat
«Wir machen die Arbeit in der Regel gemeinsam, schreiben keine Stunden auf und verzichten auf Verantwortungsbereiche», erklärt Hansruedi Stalder. Er hat das Pachtland der BG weiterverpachtet und Meister die Gebäude sowie sein Land im Weiler Waldhaus, etwas ausserhalb von Lützelflüh. Geschäftliches und Privates werde strikt getrennt. So auch Nebenverdienste und das Einkommen der Ehefrauen, die beide Teilzeit auswärts arbeiten, bei Bedarf auch auf dem Betrieb mithelfen.
Auch beide BG-Partner arbeiten auswärts, Stalder bei der Saatzuchtgenossenschaft Emmenmatt und Meister macht amtliche Bewertungen für den Kanton Bern. Bis vor einem Jahr war er Gemeindepräsident. Beide waren Berufsbildner. «Das war eine schöne Zeit mit Lehrlingen, bedeutete aber auch Pflicht und Verantwortung, wenn man es gut machen wollte», sagen sie übereinstimmend. Nun habe man freie Wochenenden und könne auch mal Ferien machen, ohne eine Aushilfe organisieren zu müssen.
«Wir produzieren auf Ertrag»
«Das schätzen wir, und dies bedeutet klar mehr Lebensqualität.» Auch wenn man nicht jünger werde, der Bauernstolz und der Ehrgeiz, schöne Kulturen und eine hohe Qualität der Produkte ausweisen zu können, habe dadurch nicht nachgelassen. «Wir produzieren auf Ertrag. 100 kg Gerste dreschen zu können, macht Freude – auch wenn es heuer nicht danach aussieht.»
Ein wichtiger Betriebszweig ist die Saatgutproduktion. Da verträgt es bekanntlich keine halben Sachen. Dreieinhalb Hektaren Saatkartoffeln sowie Saatgerste und -korn werden produziert. Rund die Hälfte der 32 Hektaren sind unter dem Pflug. Besonders stolz sind sie auf ihre 20 Truten. Eine Nische, wie sie sagen. «Das sind keine besonders schönen Tiere, aber das Fleisch schmeckt gut. Was wir nicht selber essen, wird direkt vermarktet. Die Nachfrage ist gross», betont Stalder.
Viehzucht ist passé
Besonders leckeres Fleisch geben auch die 140 Mastschweine her. «Kräuterschweine», betont Meister mit vielsagendem Blick. Auch dies eine interessante Nischenproduktion (siehe Kasten). Die Tiere dürfen rund zehn Kilo mehr Schlachtgewicht haben, wenn sie im Schlachthof Hinwil ZH verarbeitet werden. «Das Kräuterfutter bringts, die Rezeptur ist allerdings geheim. Aber damit kann der kritische Schweinefleischesser überzeugt werden, dass dieses Fleisch besonders gut ist», weiss Res Meister.
«Wir wollen eine mittelgrosse, problemlose und funktionelle Kuh, die mit vernünftigem Aufwand möglichst viel Milch pro Standplatz produziert.» So fasst Res Meister das Zuchtziel ihrer 35 Kühe zusammen. Wobei Zuchtziel fast etwas hochgegriffen ist. «Die Zucht ist gestorben, wir sind heute ein Abmelkbetrieb, remontieren die Kühe im Handel, besamen alle mit Fleischrassenstieren, meist Limousin.» So würden die 300’000 kg Lieferrecht im 25-jährigen Stall produziert, «und wenn jedes Mastkalb 1000 Franken bringt, ist das auch nicht ohne.»
Das war auch schon anders. Denn wie die Familie Bärtschi im Waldhaus gehörte Vater Fritz Meister zu den Pionieren der Einkreuzung mit Red Holstein. Als ihm die Restriktionen des Fleckviehzuchtverbandes zu rigide vorkamen, wechselte er kurzerhand zu Holstein, und wie Vater Fritz hatte auch Res Meister einen guten Ruf als Holsteinzüchter und Aussteller. Bei beiden Familien der BG ist es eher unwahrscheinlich, dass eines der Kinder den Hof weiterführen wird. So sei diese Phase für sie stimmig – und die Lebensqualität komme nicht zu kurz.
Kräuterschweine
Das Programm Kräuterfleisch von Kunz-Kunath und ASF zeichnet sich dadurch aus, dass dem Futter eine natürliche Alpenkräutermischung zugegeben wird. Dies hat die Auswirkung, dass das Fleisch nachgewiesen mehr Geschmack aufweist und zarter ist. Es weist weniger Saftverlust auf und ist dank reduzierter Oxidation länger haltbar. Sogar die Stallluft ist dank geringerer Ausdünstung besser.
Zurzeit werden in rund 20 ausgewählten Mastbetrieben Kräuterschweine produziert. Diese erhalten einen Zuschlag pro kg Schlachtgewicht. Die Vermarktung läuft über Lucarna-Macana und Carnosa. Das Fleisch ist in der Gastronomie, in ausgewählten Metzgereien und online erhältlich. ral