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«Wir verlieren 100 Millionen pro Jahr»

Die Schweinebauern ächzen unter der aktuellen Marktsituation. Jetzt will die Produzentenorganisation Suisseporcs Lösungen zur Marktsanierung erarbeiten. Im Interview sagt Präsident Andreas Bernhard wie und warum.

«Schweizer Bauer»: Sie sind seit gut einem halben Jahr Präsident von Suisseporcs. Was hat Sie in den letzten Monaten beschäftigt?

Andreas Bernhard: Wichtige Themen waren die Markt- und die Preissituation, ebenso die Schweinegesundheitsreform. Weiter hatte ich verschiedene Kontakte mit Produzenten, mit Vermarktern, mit Abnehmern und mit Detailhändlern. Ebenfalls traf ich Behördenmitglieder und Verbandsleiter, um die Branchenpartner kennenzulernen.

Wie geht es bei der Reorganisation der Schweinegesundheit voran?

Dieses Thema sorgte im Frühling für Wirbel. Wir kommen langsam, Schritt für Schritt, vorwärts.

In den letzten Wochen wurden jeweils knapp 48’000 Schweine geschlachtet. Wie gut passt diese Menge zur Nachfrage?

Der Markt ist ausgeglichen, und wir produzieren nach Bedarf. Das jedoch bei einem nicht kostendeckenden Preis. Bei den jetzigen Preisen leiden vor allem die Zuchtbetriebe.

Zu Andreas Bernhard

Andreas Bernhard aus Alchenstorf BE wurde im Mai 2023 zum Zentralpräsidenten von Suisseporcs gewählt. Den 20 Hektar grossen Abferkel- und Mastbetrieb übergab der 60-Jährige per Anfang Jahr an Sohn Simon. Er war von 2016 bis 2022 Regionalpräsident der Fenaco Mittelland sowie während zwölf Jahren Mitglied des FenacoVerwaltungsrates. bki

Und die Mäster?

Die Mastbetriebe haben mehr oder weniger immer eine Marge.

Wie gross sind die finanziellen Einbussen?

Wenn wir von einem angestrebten Produzentenpreis bei den Schlachtschweinen von 4.30 Fr./kg SG ausgehen, dann ist der Preis aktuell um 50 Rp. zu tief. Das entspricht einem Marktverlust von 100 Mio. Franken pro Jahr. Geld, das zu einem grossen Teil bei den Züchterinnen und Züchtern fehlt.

Eine erneute Exportfinanzierung wollen wir unbedingt verhindern.

Andreas Bernhard

Wahrscheinlich gibts nach Weihnachten noch mehr schlachtreife Schweine.

Nach der Jahreswende muss ein Teil der geschlachteten Schweine in die Tiefkühllager. Wenn wir den Markt immer ausreichend versorgen, haben die Abnehmer keinen Grund, die Preise zu erhöhen.

Wird wie letztes Jahr wieder Schweinefleisch exportiert werden müssen?

Nein. Eine erneute Exportfinanzierung wollen wir unbedingt verhindern.

Suisseporcs empfiehlt den Produzenten aktuell, das Schlachtgewicht zu reduzieren. Warum?

Ziel ist, dass in den nächsten Wochen und vor allem über die Festtage in den Ställen keine schlachtreifen Schweine anstehen. Denn, wenn die Mäster wegen der fehlenden Schlachttage über Weihnachten und Neujahr ihre Tiere nicht liefern können, werden die Schweine zu schwer. Und es hilft dem Markt nicht, wenn wir auch noch überschwere Schweine produzieren.

Im September wurde das neue Jagerpreismodell eingeführt, basierend auf der aktuellen Marktsituation, auf einer Bedarfsprognose und auf dem Erlösanteil der Zucht am Schlachtschweinepreis. Wie lautet das erste Fazit?

Die Stimmung ist grundsätzlich gut und das Modell von den Produzenten akzeptiert. Zumal sich die Jagerpreise nicht stark unterscheiden im Vergleich zu den bisherigen. Aber natürlich gibts auch kritische Stimmen. So löst die Indexierung grössere Preisschwankungen aus, wie zum Beispiel im Oktober, als es einen Abschlag von 60 Rp. gab. Das hat zum Teil für Unverständnis gesorgt. Wir können diese Preisschwankungen jedoch erklären.

Die Einstallungen sind seit Anfang Oktober deutlich höher als die Zielmengen. Sollte das Modell nicht der Mengensteuerung dienen?

Das Jagerpreismodell reagiert schneller auf die Marktgeschehnisse als vorher die Jagerbörse. Und der Preis zeigt an, wann zu viel oder zu wenig produziert wird. Wichtig für das Verständnis ist, dass der Schlachtschweinepreis für die Erlösaufteilung zentral ist. Ist der Schlachtschweinepreis hoch, gibt es auch einen höheren Ferkelpreis.

Zu Suisseporcs

Ziel und Zweck von Suisseporcs, dem Schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband, ist die Interessenvertretung aller Schweinehaltenden gegenüber dem Markt, Organisationen, Behörden, Politik und den Konsumenten. Rund 85 Prozent der Züchter und gut 50 Prozent der Mästerinnen sind Mitglied bei Suisseporcs. bki

Der Zentralvorstand und die Suisseporcs-Geschäftsstelle wollen Lösungen erarbeiten, damit sich der Markt weiter erholt. Ist das wirklich die Aufgabe einer Produzentenorganisation?

Wir vertreten die Interessen der Produzenten, und darunter verstehen wir auch, dass wir Lösungsvorschläge für eine marktgerechte Produktion erarbeiten müssen. Wir wollen die Vor- und die Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen. Letztlich entscheiden aber die Produzentinnen und Produzenten an der Delegiertenversammlung, ob und was sich ändern soll.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Preise bei einer Inlandversorgung von 92 Prozent gut waren.

Andreas Bernhard

Was heisst das?

Bis jetzt wurde immer der freie Schweinemarkt propagiert. Weil der natürliche Schweinezyklus aus unserer Sicht nicht mehr funktioniert, müssen wir auch über Alternativen diskutieren. An regionalen Informationsanlässen im Februar wollen wir die Produzentinnen, insbesondere die Züchter und die Suisseporcs-Delegierten, ansprechen und ihnen aufzeigen, welche Möglichkeiten bestehen. Zudem wollen wir die Meinungen der Produzenten abholen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Preise bei einer Inlandversorgung von 92 Prozent gut waren. Und die Preise wurden immer dann besser, wenn die Tierschutzvorschriften strenger wurden und Betriebe deswegen aus der Produktion ausgestiegen sind. Ansonsten war die Schweineproduktion meist in einer latenten Überproduktion. Solange der Konsum stabil ist, mag das einigermassen funktionieren. Doch jetzt sind wir zusätzlich mit einem Konsumrückgang konfrontiert.

Zur Diskussion steht der finanzielle Beitrag zur Stilllegung von Zuchtplätzen. Wer müsste das bezahlen?

Das müssten wir Produzenten selbst finanzieren und organisieren. Die bisherigen Ermittlungen dazu zeigen aber, dass es bis zu einer Umsetzung noch zwei Jahre dauern kann. Schweinezüchter sollen also keinesfalls deswegen mit der Produktionsaufgabe warten, falls sie dies beabsichtigen.

Weiter wird auch über eine Branchenlösung diskutiert.

Genau. Wir werden uns dazu im Frühling mit Proviande austauschen, um die Möglichkeiten auszuloten.

Kommentare (5)

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  • Beobachter | 08.12.2023
    Einmal ernsthaft und kritisch zu hinterfragen warum der Konsum von Schweinefleisch gegenüber von Geflügel Jahr für Jahr massiv verliert lässt man bei Seite. Schade; bestimmt könnte der jährliche Mengenverlust halbiert werden mit gezielten Massnahmen in diesem Bereich.
  • Ferkel | 08.12.2023
    Und täglich grüsst das Murmeltier ......wer den Film gesehen hat weiss was ich meine ! Vertrauen in die Branchenorganisationen ob Fleisch , Milch usw ist gut aber bringt dich nicht weiter , finde deinen Weg selber und hinterfrag deine tägliche Arbeit weil Danke sagt dir am Schluss keiner !
  • Chueliueli | 07.12.2023
    Das Problem heisst AFP und Lohnmast. Bei beiden ist ein Futtermittellieferant oder grosser Tiervermarkter der die Fäden zieht.Beide haben gar kein Interesse an einer tieferen Produktion und gleichen Produktionsabbau sofort wieder aus.Das neue Jagerpreismodell ist das Papier nicht Wert wo es draufsteht.Ausser die Zuchtbetriebe in den Ruin zu treiben hat Suisseporcs nichts zu Stande gebracht. Es wäre besser gewesen den Karren letztes Jahr an die Wand zu fahren .Das hätte zwar ordentlich gerumpelt aber der Markt wäre saniert. Jetzt haben wie aus einer Kriese eine Dauerkriese gemacht.
    • Söieler | 08.12.2023
      Genau deiner Meinung. Man sollte den Markt sanieren solange er einigermaßen gesund ist. Und diese Lohnmast ist ein Zeichen von Mäster mit sehr geringem Marktverständnis. Sie lassen Geld liegen und finanzieren Futtermühlen.
  • Bergbauer | 07.12.2023
    Wasser predigen und Wein trinken. Sprich die Kleinen abmurksen und die Grossen stocken weiter auf.
    Und mit Hilfe der Futtermühlen und der Fenaco (Anicom)werden
    dauernd Neue !!Hallen aufgebaut.
    Die haben gar kein Interesse,an gerechten Preisen.
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