Die Pandemie, der Ukraine-Krieg sowie immer komplexer und verletzlicher werdende Versorgungssysteme erfordern eine Reform der wirtschaftlichen Landesversorgung. Der Bundesrat will das dazugehörige Bundesamt personell verstärken.
«Der Bundesrat hat die nötigen Reformen genehmigt», sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Mittwoch vor den Medien in Bern. Diese seien dringlich und dürften nicht hinausgeschoben werden. Zwar habe die wirtschaftliche Landesversorgung mit dem Milizsystem seine Tauglichkeit bewiesen. Jedoch hätten die vergangenen zwei Jahre gezeigt, dass ein Ausbau und eine Neuorganisation unerlässlich seien.
«Wir brauchen eine wirtschaftliche Landesversorgung, die der neuen Situation gerecht wird», hielt Parmelin fest. Dafür ist eine Teilrevision des Landesversorgungsgesetzes notwendig. Die Vernehmlassung soll noch in diesem Jahr eröffnet werden.
Zwölf neue Stellen
Die wirtschaftliche Landesversorgung umfasst heute sowohl rund 250 Experten aus versorgungsrelevanten Branchen als auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) und stellt in diesem Sinne eine öffentlich-private Partnerschaft dar. In schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber zu begegnen vermag, hat die Organisation den Auftrag, die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicherzustellen – beispielsweise mit Strom, Lebensmitteln, Alkohol und Medikamenten.
Nach dem Fall der Berliner Mauer und der Beendigung des Kalten Krieges wurde der Personalbestand im BWL von rund fünfzig Vollzeitstellen sukzessive auf heute knapp 32 Vollzeitstellen abgebaut. Insbesondere die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Komplexität und die Verletzlichkeit der globalen Versorgungssysteme aufgezeigt, wie Parmelin sagte. Der Personalbestand des Bundesamts werde deshalb um zwölf auf 44 Vollzeitstellen erhöht.
Berichte der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (Findel) sowie eine Administrativuntersuchung zum BWL hatten in den vergangenen Jahren Verbesserungsbedarf in den Führungs- und Organisationsstrukturen und im Bereich Compliance und Governance aufgezeigt. Verschiedene Empfehlungen wurden ausgesprochen.
Reform «dringend nötig»
Der am Mittwoch publizierte Projektschlussbericht kommt zum Schluss, «dass das BWL in der aktuellen Konstellation noch nicht in der Lage ist, eine grundsätzliche Organisationsreform in Angriff zu nehmen». Etwa seien wichtige Schlüsselpositionen infolge krankheitsbedingter Abwesenheiten nicht besetzt, etwa jene des stellvertretenden Direktors.
Die aktuelle personelle Ausstattung des Amtes ermöglicht nach Einschätzung der Projektleitung kaum die Bewältigung der wichtigsten aktuellen Geschäfte. Deshalb müssten zuerst die personellen und ressourcenmässigen Voraussetzungen geschaffen werden, damit eine «dringend nötige Organisationsentwicklung» überhaupt erst möglich werde. Bisher habe das BWL ein «Mauerblümchendasein gehabt», sagte Lukas Bruhin, der Autor des Berichts. Dies müsse sich ändern, denn die Funktion des Bundesamts sei wichtig.
Vollzeit statt Teilzeit führen
Gegenwärtig wird die übergeordnete Organisation vom Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung (DWL) in einem Nebenamt von vierzig Prozent geleitet. Werner Meier übt diese Funktion noch bis Ende Februar 2023 aus.
Danach soll die Stelle der oder des Delegierten in einem Vollzeitpensum besetzt werden, wie Parmelin sagte. Gemäss dem Projektbericht belaufen sich die Kosten einer Erhöhung des Pensums gegenüber heute auf rund 170’000 Franken. Der Eigenaufwand des BWL beträgt heute insgesamt 7,6 Millionen Franken.
Unter der neuen Leitung sollen künftig auch die Kantone vermehrt einbezogen, die Kommunikation und Information intern und extern verstärkt sowie das Controlling und Risikomanagement verbessert werden.